Eine Initiative des Hamburger Bündnisses für Inklusion

Eine Arbeitsgruppe von Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen aus der Schulpraxis und den Wissenschaftlern Rauer und Schuck der Universität Hamburg fordert die Abschaffung des Verfahrens „DirK“ (Diagnostik in regionaler Kooperation) und die Wiedereinführung einer systemischen Ressourcenvergabe für die Stadtteilschulen. Es wird vorgeschlagen, zur Gestaltung und Begleitung dieser Entwicklungsarbeit eine Projektgruppe aus Vertreter*innen der BSB, des IfBQ, der Verbände und der Universität zu gründen.

Von EiBiSch lernen

Ein systemisches Ressourcenzuweisungsmodell nimmt die Anregungen der Studie Evaluation inklusiver Bildung in Hamburgs Schulen (EiBiSch) auf, die herausgearbeitet hat, dass die unterschiedlichen Fördertöpfe und die damit verbundenen Diagnosen, Antragswege und Verfahrensregeln in keiner Weise zu einer qualitativen Schul- und Unterrichtsentwicklung beitragen, sondern wertvolle Arbeitszeiten in Schulen und ReBBZ für formal-administrative Tätigkeiten missbraucht, anstatt sie für die pädagogische Arbeit mit den Menschen in den Schulen zu nutzen.

EiBiSch empfiehlt deshalb die Bündelung und koordinierte Vergabe aller zur Verfügung stehenden Förderressourcen – nicht nur der sonderpädagogischen als systemische Ressourcenzuweisung an die Schulen.

Unterrichtsqualität systematisch verbessern

„Eine solche Strategie hätte prinzipiell das Potential, die Unterrichtsqualität in den Klassen systematisch zu verbessern und an die individuellen Entwicklungsverläufe anzupassen. Leider sind Treffen zwischen Vertreterinnen unserer Initiative und Mitarbeiterinnen der BSB ergebnislos verlaufen und im Hamburger Bündnis für schulische Inklusion als nicht zielführend bewertet worden. Daher hoffen wir um eine breite Diskussion unserer Forderungen und eine Fortsetzung der Diskussion mit der Behörde.“

Sven Quiring, Vorsitzender GEW Hamburg

„Warum ist es wichtig umfangreiche Mittel zur systemischen Grundversorgung mit sonderpädagogisch, psychologisch und sozialpädagogisch ausgebildetem Personal für die Menschen in den Schulen bereitzustellen? Nicht erst im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zeigt sich – belegt durch viele Studien – , die Problemlagen der Schülerinnen und Schüler im Lernen und im emotionalen und sozialen Bereich haben sich massiv verschärft. Eine verlässliche, systemische Grundversorgung an allgemeinen Schulen sollte deshalb zur Beratung und Unterstützung dieser Kinder, Jugendlichen, und ihrer Lehrkräfte bereitstehen.

Das Verwaltungsinstrument DIRK der BSB verschwendet stattdessen wertvolle Arbeitszeiten von Fachpersonal für formal-administrative Tätigkeiten. Dies hat weder zu einer guten Schul- und Unterrichtsentwicklung beigetragen, noch die Lernsituation benachteiligter Schülerinnen und Schüler

verbessert. Es muss endlich aufhören, dass in Schulen und ReBBZ unterschiedliche Fördertöpfe und die damit verbundenen Diagnosen, Antragswege und Verfahrensregeln, die konkrete Arbeit mit Kindern verhindert.“

Christiane Mettlau, Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Arbeitsbereich Schulpädagogik, Sozialpädagogik und Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung (EW 2), sonderpädagogischer Schwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung

„Hamburg hat bei der Entwicklung der inklusiven Bildung  in der Grundschule mit dem Konzept der systemischen Ressourcenvergabe einen bundesrepublikanisch beispielhaften und anerkannten Weg beschritten. Der wird mit dem Konzept der Vergabe pädagogischer und sonderpädagogischer Ressourcen in der Sekundarstufe leider verlassen. DirK erweist sich dort als  ein Rückfall in klassisches, sonderpädagogisches Denken. Unter dem Mantel eines scheinbar pädagogisch und sonderpädagogisch begründeten Verfahrens der Förderung werden über weite Strecken überholte, eigenschaftsorientierte Konzepte verfolgt, deren Annahmen vornehmlich mit der Stabilität und Unveränderlichkeit individueller Merkmale rechnen. So werden im diagnostischen Prozess in der dritten Klasse zwei Jahre zurückliegende Intelligenztestergebnisse akzeptiert und damit bereits in der ersten Klasse festgestellte Ergebnisse für die Ressourcenschöpfung bis in die zehnte Klassenstufe hinein verwendet. Dirk stellt sich auf diese Weise im Aufbruch zu einer inklusiven Bildung gegen den über Jahrzehnten gewachsenen, fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand der Bezugsdisziplinen und erweist sich als Teil eines bildungsbürokratischen Verwaltungshandelns zur Ressourcensicherung in der Sekundarstufe, welches weitgehend an den Bedürfnissen der Schüler*innen und der notwendigen systemischen Sicht auf Lern- und Entwicklungsprobleme vorbeiläuft. DirK setzt in der Sekundarstufe falsche Signale und sollte zur Sicherung des Erfolgs der inklusiven Bildung über alle Klassenstufen hinweg, ersatzlos zugunsten der Wiedereinführung der systemischen Ressourcenvergabe überwunden werden. Es darf nicht dazu kommen, dass Schwierigkeiten der Umsetzung der Inklusion auf die Eigenarten von Schüler*innen zurückgeführt werden. EiBiSch ist in vielen Facetten ein Beleg dafür, dass es nicht die Schüler*innen sind, an denen die Inklusion scheitern kann, sondern die Systembedingungen – wie DirK – sind es, die zuallererst in Regress genommen werden müssen.“

Prof. Dr. Karl-Dieter Schuck, Professor im Ruhestand, Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Arbeitsbereich Schulpädagogik, Sozialpädagogik und Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung (EW 2)

„Das mit DirK verbundene, auf einer individuellen Diagnostik (LSE) beruhende Ressourcenverteilungskonzept, setzt den Rückfall in ein klassisches, sonderpädagogisches und kategoriales Denken mit fragwürdiger Passung fort. Dies ist mit den Leitideen eines inklusiven Schulsystems nicht vereinbar. Das sollten wir in Hamburg besser machen.“

Stefan Kauder, Grundschulverband Hamburg, und Pit Katzer, Initiative Gute Inklusion

Das vollständige fachliche Stellungnahme „Abschaffung der LSE-Feststellungsdiagnostik und Vorschlag zu einer systemischen Verteilung dieser Ressourcen – Inklusion verbessern!“ findet sich im Anhang.

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