Die Versorgung psychisch kranker Menschen hat in den vergangenen zwei Jahren deutlich gelitten: Sowohl in den Ambulanzen als auch auf den Stationen ist die Patientenaufnahme aufgrund der Maßnahmen zur Infektionseindämmung stark eingeschränkt. Im Klinikum Christophsbad mussten die Kapazitäten stark reduziert werden, so Prof. Dr. med. Nenad Vasić. Der Ärztliche Direktor des Klinikums erklärt im Interview, dass man von einer bis zu 30-prozentigen Steigerung an Angstzuständen in der Bevölkerung ausgehe. Gerade bei Kindern und Jugendlichen haben Ängste, Schulprobleme und Essstörungen drastisch zugenommen, die Wartelisten für Therapieplätze werden immer länger. Prof. Dr. Vasić verweist zudem auf die akuten Probleme in der Suchttherapie: „Die Patienten haben auch hier extrem gelitten. Während der Pandemie haben sie sich eher zurückgezogen und ihren Konsum intensiviert.“
Gesetzliche Regularien und Vorgaben, die vom Klinikpersonal eingehalten werden müssen, belasten Patienten und erschweren die Durchführbarkeit und Qualität der Therapien: Für demenzkranke Patienten in der Gerontopsychiatrie führen beispielsweise Maskenpflicht, Tests und Isolation zu Desorientierung, Unruhe und Schlafproblemen. Doch der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie führt an, dass auch bislang psychisch gesunde Menschen unter der pandemischen Lage leiden: „Viele haben die Schwelle zur Symptomatik bereits überschritten. Die Belastungsfaktoren der letzten zwei Jahre werden sich auch zukünftig bei einigen bemerkbar machen.“ Dennoch dürfe man nicht generalisieren: „Einige haben die Entschleunigung als entlastend erlebt.“ Doch der veränderte Lebensrhythmus habe die psychische Gesundheit der Bevölkerung vielfach in Mitleidenschaft gezogen. Die Menschen mussten ihre sozialen Kontakte reduzieren und ihre Tagesstruktur anpassen. Zudem sind viele Bürger körperlich weniger aktiv als vor der Pandemie, finanzielle Nöte sorgen für schlaflose Nächte. „In Deutschland war man es bislang nicht gewohnt, dass plötzlich derart viele Unsicherheiten aufkommen“, so Prof. Dr. Vasić.
Im Hinblick auf die Behandlungen im Christophsbad betont der Ärztliche Direktor: „Das Ziel muss weiterhin die bestmögliche ambulante oder teilstationäre Versorgung sein. Nur im Extremfall behandeln wir auf Station.“ Im Anschluss sei eine gute Nachsorge gefragt, damit die Patienten resilient und achtsam bleiben. Strategien dazu werden bereits während des Klinikaufenthalts entwickelt. „Jeder ist ein Stück weit selbst für sich verantwortlich. Doch unsere Therapeuten müssen die Betroffenen anführen und mitziehen, wenn sie es aus eigener Kraft nicht schaffen“, so der Facharzt. Die gute psychiatrische und psychologische Versorgung betont auch eine derzeitige Patientin von Prof. Dr. Vasić: „Ich habe oft dunkle Gedanken, doch die Therapie im Christophsbad zeigt mir einen helleren Weg.“
Das Klinikum Christophsbad in Göppingen ist ein modernes Akutplankrankenhaus für Neurologie einschließlich regionaler Stroke Unit, Frührehabilitation und Schlaflabor, für Psychiatrie und Psychotherapie, Gerontopsychiatrie, Psychosomatik und für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit einer 170-jährigen Tradition. Es besteht, zusammen mit der geriatrischen Rehabilitationsklinik in Göppingen und der orthopädischen Rehaklinik Bad Boll, aus 8 Kliniken mit ambulanten, teil- und vollstationären Bereichen.
Angegliedert an das Klinikum ist das Christophsheim, ein spezialisiertes Wohnheim für psychisch u./od. neurolo-gisch kranke Erwachsene. Die vier Standorte des Unternehmens befinden sich in Göppingen, Geislingen und Bad Boll sowie mit MentaCare, unserem Zentrum für Psychische Gesundheit, in Stuttgart. Die Klinikgruppe Christophs-bad ist mit rund 1.050 Betten/Plätzen Arbeitgeber für rund 1.700 Mitarbeiter.
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