Pandemie belastet Konjunkturaussichten für 2022

Die Unternehmen in Berlin und Brandenburg sehen die Wachstumsaussichten für 2022 durch die Pandemie eingetrübt. „Je länger uns Corona beschäftigt, desto stärker leidet die Erholung der Konjunktur“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Berlin. Vor allem Branchen mit vielen Kundenkontakten durchlebten erneut eine schwere Zeit. „Tourismuswirtschaft, Handel, Hotels, Gastronomie, Kultur – überall ist die Lage wieder sehr angespannt. Wir machen uns um einige Bereiche strukturell große Sorgen.“

Nach der Erholung im Frühjahr und im Sommer 2021 seien die Wintermonate nun ein Rückschlag. Amsinck appellierte, einen erneuten Lockdown unbedingt zu vermeiden. „Sonst würden viele Betriebe aus dem Mittelstand vor dem sicheren Aus stehen.“ Es gelte, das Tempo beim Impfen und beim Boostern so hoch zu halten wie in den vergangenen Wochen.

Als weiteres Risiko für die Wirtschaft stufte der Hauptgeschäftsführer die anhaltenden Lieferprobleme bei Komponenten und Rohstoffen in vielen Branchen ein. Auch die hohe Inflation sei schlecht für die Konjunktur. „Eine Wachstumsprognose für 2022 ist extrem schwierig. Flaut die Pandemie bald ab, sind in Berlin noch an die 4 Prozent Wachstum möglich. Belastet uns Corona bis weit ins Frühjahr, können wir über 3 Prozent schon froh sein.“ Auf dem Arbeitsmarkt könne es dank starker Dynamik 30.000 bis 40.000 neue Jobs geben. Hier spiele das schnelle Wachstum der Digitalwirtschaft eine wichtige Rolle.

Für Brandenburg erwartet Amsinck  im günstigen Fall ein BIP-Wachstum von 3 Prozent, bei einer schlechteren Entwicklung etwa einen Punkt weniger. Der BER und vor allem der Produktionsstart im Tesla-Werk könnten dauerhaft für mehr Dynamik sorgen. Die UVB sieht in diesem Jahr die Chance auf 11.000 neue Stellen in Brandenburg.

Amsinck forderte die rot-grün-rote Koalition im Abgeordnetenhaus auf, ihre Zusagen für bessere Standortbedingungen rasch umzusetzen. Fünf Punkte seien dabei besonders dringend. Die von der Krise besonders betroffenen Branchen wie Hotels, Gastronomie, Tourismus- oder Messewirtschaft müssten mit einem Neustart-Programm unterstützt werden. Hinzukommen müsse ein Zukunftskonzept für die Messe- und Tourismuswirtschaft.

Als zweiten Punkt nannte der Spitzenverband den schnelleren Bau bezahlbarer Wohnungen. Als Knotenlöser könne dabei die Novellierung der Bauordnung wirken. „Wir brauchen mehr Tempo bei Planungen und Genehmigungen, mehr Flexibilität und weniger Vorschriften“, sagte der Hauptgeschäftsführer.

An dritter Stelle steht für den UVB-Hauptgeschäftsführer ein Sanierungsprogramm für die wichtigsten Brücken. „Mehr als 40 Querungen in Berlin müssen dringend modernisiert werden. Nur für ein Drittel davon ist im Haushalt bereits Geld eingeplant.“ Es bestehe die Gefahr, dass noch mehr Brücken für den Wirtschafts- und den Lieferverkehr gesperrt werden müssten. Eine bessere Infrastruktur komme den Unternehmen insgesamt zugute.
Als viertes Thema wünscht sich die Wirtschaft rasches Handeln bei der Reform der Verwaltung. „Bei der Digitalisierung von Behörden-Dienstleistungen ist Berlin bundesweit Schlusslicht. Hier hat der neue Chief Digital Officer viel zu tun“, befand Amsinck. Als fünften Punkt für bessere Standort-Bedingungen nannte er eine Verbesserung der Schulqualität. „Die Vorschläge der Köller-Kommission liegen auf dem Tisch. Sie müssen jetzt eins zu eins umgesetzt werden. Durch die Pandemie ist der Handlungsbedarf noch einmal gestiegen.“

Ablehnend stehen die Unternehmen Eingriffen in den Ausbildungsmarkt gegenüber. Bei der geplanten Ausbildungsplatzgarantie drohe eine Ausbildung junger Menschen am Markt vorbei. Eine Ausbildungsumlage belaste die Firmen mit noch mehr Bürokratie und bestrafe gerade die, die keine geeigneten Bewerber gefunden haben. „Nur ein besserer Unterricht in den Schulen und einer intensiveren Berufsorientierung werden uns weiterhelfen. Sonst schafft die Politik in der Ausbildung neue Probleme, statt bestehende zu lösen.“

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