In dem jüngst entschiedenen Fall hatte ein Anbieter Heizöl mit „klimaneutrales Premium-Heizöl“ beworben. Die Wettbewerbszentrale war der Meinung, dass das Unternehmen schon in der Werbung angeben muss, ob und zu welchem Anteil die behauptete Klimaneutralität durch eigene Maßnahmen des Unternehmens erreicht wird und hatte Unterlassung verlangt.
Das Landgericht Konstanz bestätigte die Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale in vollem Umfang und verlangte Angaben darüber, wie die Klimaneutralität erreicht wurde. Es befand, dass darüber aufgeklärt werden muss, ob das werbende Unternehmen zumindest teilweise – durch eigene Energieeinsparungen im Betrieb oder durch Einsatz regenerativer Energien – zur Verringerung der CO2-Emissionen beiträgt oder ob es allein CO2-Zertifikate kauft, die Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern unterstützen, die CO2 verringern (LG Konstanz, Urteil vom 19.11.2021, Az. 7 O 6/21 KfH, nicht rechtskräftig).
Da entsprechende Angaben fehlten, gab das Gericht der Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale statt. Die Kammer hielt dabei fest, dass die Werbung mit „klimaneutral“ wegen der besonderen emotionalen Werbekraft umweltbezogener Aussagen, der komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und des meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten unterliegt.
Gegenstand eines weiteren Verfahrens der Wettbewerbszentrale ist die Werbung mit „klimaneutral“ auf Müllbeuteln. Das Gericht befand, dass die Werbung irreführend ist und dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten werden (LG Kiel, Urteil vom 02.07.2021, Az. 14 HKO 99/20, nicht rechtskräftig):
Die Aussage „klimaneutral“ über dem Unternehmensnamen erwecke den falschen Eindruck, dass das gesamte Unternehmen klimaneutral sei. Tatsächlich wurden lediglich bestimmte Produkte klimaneutral gestellt. Auch lasse sich die Klimaneutralität mit unterschiedlichen Mitteln erreichen. Daher sei es für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, beim Kauf unproblematisch Informationen darüber zu erhalten, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werde. Nur so sei er in der Lage, zu entscheiden, ob er die Maßnahmen für unterstützenswert halte und ob sie überhaupt plausibel seien. Da entsprechende Angaben jedoch fehlten, verurteilte das Gericht das Unternehmen antragsgemäß zur Unterlassung. Die Berufung gegen dieses Urteil ist anhängig beim OLG Schleswig (Az. 6 U 46/21).
„Klimaneutralität ist zu einem wichtigen Werbeargument geworden. Es führt zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn Unternehmen, die konventionell weiter wirtschaften und ausschließlich Zertifikate kaufen, ohne weitere Aufklärung mit „klimaneutral“ werben, während andere Unternehmen auch mit „klimaneutral“ werben, aber mit großem Aufwand ihren CO₂-Ausstoß erheblich verringert haben. Daher muss bei der Werbung mit „klimaneutral“ darüber informiert werden, dass eine Kompensation stattfindet und zu welchem Anteil eigene Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung dahinterstehen.“, meint Dr. Tudor Vlah, zuständiger Referent für umweltbezogene Werbung bei der Wettbewerbszentrale. Nur anhand der entsprechenden Informationen könne der Verbraucher eine informierte Entscheidung treffen, so Dr. Vlah weiter.
Mit den angestrengten Gerichtsverfahren möchte die Wettbewerbszentrale für werbende Unternehmen eine grundsätzliche Klärung der Frage erreichen, welche Anforderungen an eine rechtssichere Werbung mit der Aussage „klimaneutral“ gelten.
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