Wichtige genetische Veranlagungen für akute myeloische Leukämie entdeckt

Vergleichsweise häufige Variationen im Erbgut erhöhen das Risiko, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens an einer akuten myeloischen Leukämie (AML) erkrankt. Dies konnte ein internationales Forscherteam erstmals in der bislang größten AML-Studie zeigen. Geleitet wurde die Studie von Forschenden der Newcastle University, der Icahn School of Medicine at Mount Sinai (ISMMS, New York), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC). Die Ergebnisse liefern die Basis, um für die Erkrankung wichtige biologische Mechanismen zu erforschen und künftig möglicherweise präventive und verbesserte therapeutische Strategien zu entwickeln. Die Studie, in deren Rahmen das Genom von gut 4.000 AML-Erkrankten und rund 10.500 gesunden Personen analysiert wurde, erschien im renommierten Fachmagazin Nature Communications (https://doi.org/10.1038/s41467-021-26551-x).

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste Form einer schnell fortschreitenden Blutkrebserkrankung bei Erwachsenen. Unbehandelt führt sie innerhalb kurzer Zeit zum Tod. Die Ursachen für das Auftreten der Erkrankung waren bislang in den meisten Fällen unklar. Eine groß angelegte internationale Studie unter Leitung von Forschenden der Newcastle University, der Icahn School of Medicine at Mount Sinai (ISMMS, New York), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC), konnte nun erstmals zeigen, dass vergleichsweise häufige angeborene genetische Faktoren das Risiko für das Auftreten einer AML-Erkrankung erhöhen. Bislang war ein solcher Zusammenhang nur für sehr seltene genetische Veränderungen bei wenigen AML-Betroffenen und in deren Familien bekannt. „Die Ergebnisse sind eine wichtige Grundlage für ein tiefergehendes Verständnis der Krankheit und der dahinterstehenden biologischen Mechanismen. Künftig könnte dies neue Möglichkeiten zur Vermeidung und besseren Therapie der Erkrankung eröffnen“, sagt Prof. James M. Allan von der Newcastle University. „Die Ergebnisse sind eine Gemeinschaftsleistung und waren nur durch die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit von Forschenden und Behandelnden aus zehn verschiedenen Ländern möglich.“

Im Rahmen der genomweiten Assoziierungsstudie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielt solche Stellen in der rund drei Milliarden Nukleotide umfassenden DNA-Sequenz des Menschen, an denen die Erbsubstanz bei mindestens einem Prozent der Bevölkerung eine Veränderung in einer einzigen Nukleotidbase („Buchstaben“) aufweist. Mehr als sieben Millionen solcher Einzelnuklid-Polymorphismen (kurz SNPs) wurden analysiert. Dabei fiel eine Veränderung im Gen KMT5B besonders ins Auge, die signifikant häufiger bei den über 4.000 AML-Patientinnen und -Patienten als bei den rund 10.500 gesunden Personen der Kontrollgruppe zu finden war. Eine weitere genetische Veränderung im Gen HLA-DQB1 auf dem Chromosom 6p lag signifikant häufiger bei Patientinnen und Patientin vor, die die häufigste Unterform der AML-Erkrankung aufwiesen.

„Von einem der entdeckten Risiko-Gene wissen wir, dass es eine wichtige Rolle für die Funktion unseres Immunsystems spielt. Unsere Ergebnisse zeigen daher auch, dass ein funktionierendes Immunsystem uns vor einer AML-Erkrankung schützt, während ein weniger effizientes Immunsystem das Risiko für eine AML-Entwicklung erhöht“, erklärt Prof. Friedrich Stölzel vom Universitätsklinikum Dresden.

„Die in unserer Untersuchung sehr eindeutige Korrelation von genetischen Faktoren und dem Auftreten einer AML-Erkrankung deutet darauf hin, dass bestimmte Erbanlagen ein zentraler Faktor für die Herausbildung einer AML-Erkrankung sind“, sagt Prof. Kenan Onel von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai. Die relevanten genetischen Merkmale sind angeboren und können innerhalb einer Familie weitervererbt werden.

In künftigen Untersuchungen gilt es nun zu untersuchen, welche biologischen Mechanismen ausgehend von den genetischen Veränderungen im Körper in Gang gesetzt werden und wie sie zur Entstehung einer Leukämie beitragen. Auf dieser Grundlage könnten dann künftig möglicherweise neue Strategien zur Vermeidung und Therapie von Leukämien entwickelt werden.

Publikation:

Lin, WY., Fordham, S.E., Hungate, E. et al. Genome-wide association study identifies susceptibility loci for acute myeloid leukemia. Nat Commun 12, 6233 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-26551-x

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

Das DKFZ ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. 

Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 20 Kliniken und Polikliniken, vier Institute und zehn interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.295 Betten und 160 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 860 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 1.860 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen.
Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb Platz zwei im deutschlandweiten Ranking.

Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden

Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.

Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:

  • Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
  • Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
  • Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.

Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.

Über Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR). Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.

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