Umso mehr erwarten die Berlinerinnen und Berliner nun, dass die neue Landesregierung in der aktuell zu erstellenden Koalitionsvereinbarung diese Zusage glaubhaft umsetzt und sich auf eine verbindliche Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes verpflichtet.
Aus Sicht des bmt sollten in der Koalitionsvereinbarung insbesondere folgende Tierschutzmaßnahmen berücksichtigt werden:
1. Umsetzung der noch nicht (vollständig) erfüllten Aussagen der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 („Berlin gemeinsam gestalten“)
Pferdekutschenverbot
In der (alten) Koalitionsvereibarung wurde angekündigt, dass in der Berliner Innenstadt keine Pferdekutschen mehr fahren dürfen.
Positiv zu werten ist zwar die im Mai 2019 erfolgte Überarbeitung der „Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe“ durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, da nun zumindest Kutschfahrten bei sehr hohen Außentemperaturen einzustellen sind.
Ein generelles Verbot von Kutschfahrten in der Innenstadt ist jedoch weiterhin nicht in Sicht.
Ein solches Verbot wäre jedoch notwendig, um das „Fluchttier“ Pferd vor den besonders hohen Belastungen in Folge des hohen Verkehrsaufkommens in Berlin – verbunden mit Lärm, Abgasen und sonstigen Stressoren wie dem für die Hufe und Gelenke ungeeignete, harten Straßenasphalt – effektiv zu schützen. Nur ein vollständiges Verbot des Einsatzes von Kutschfahren im Innenstadtbereich kann hier tatsächlich Abhilfe leisten.
Verbot gewerblicher Tierbörsen mit exotischen Tieren
Angekündigt wurde in der Koalitionsvereinbarung 2016 – 2021, dass die Landesregierung „alle Möglichkeiten“ nutzen wird, um den gewerblichen Handel mit exotischen Tieren auf Tierbörsen zu reduzieren.
Dies ist jedoch nur unzureichend geschehen.
Weder wurde die vom Senat angekündigte Erarbeitung von Leitlinien für Tierbörsen in Berlin nennenswert weiterverfolgt, noch ist ein (bundesweites) Verbot der gewerblichen Tierbörsen in Sicht. Auch die Zusage des Senats, dass Tierbörsen zukünftig regelmäßig behördlich kontrolliert werden, entspricht nicht den praktischen Erfahrungen der Tierschutzverbände.
Der bmt erwartet von der neuen Berliner Regierung diese Versprechen nun umzusetzen, u. a. durch eine Bundesratsinitiative zum Verbot gewerblicher Tierbörsen.
2. Weitere Forderungen
Tierschutz für Hunde verbessern
– Rasseliste abschaffen
Derzeit gelten nach der Verordnung zur Bestimmung der gefährlichen Hunde im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Hundegesetzes (Gefährliche-Hunde-Verordnung – GefHuVO) von August 2016 Pitbull-Terrier, Bullterrier und American Staffordshire-Terrier und ihre Kreuzungen als gefährlich.
Weder ist eine solche rechtliche Stigmatisierung von einzelnen Hunderassen für die Arbeit der Tierheime dienlich, noch ist diese Zuordnung für eine fachlich seriöse Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden von Nutzen.
– Sachkundenachweis für Hundehaltung
Anstatt an der überholten Rasseliste festzuhalten, sollte nach dem Vorbild Niedersachsens ein theoretischer und praktischer Sachkundenachweis eingeführt sowie die Registrierungspflicht für Hunde umgesetzt werden.
– Bürohunde in landeseigenen Gebäuden zulassen
Nach dem Vorbild des Bezirksamtes Spandau mit seinem Pilotprojekt „Bürohunde“ sollten Möglichkeiten geschaffen werden, dies auch landesweit auf landeseigene Räumlichkeiten auszuweiten.
– Ausweitung der Hundeauslaufflächen auf landes- und bezirkseigenen Flächen
Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat z. B. keine einzige Hundeauslauffläche (Stand Januar 2021).
– Schaffung eines zentralen, möglichst bundesweiten Registers von illegalen Welpenverkäufen, auf das die jeweils zuständigen Behörden zurückgreifen können.
Ausstieg aus Tierversuchen
Bereits in der Koalitionsvereinbarung von 2016 wurde von den politischen Verantwortlichen zugesagt, Berlin zur Hauptstadt tierversuchsfreier Forschung zu machen.
Aus Sicht des bmt steht Berlin mit der Umsetzung dieser wichtigen und zentralen Zusage jedoch noch ganz am Anfang. Aus Sicht des bmt muss die Landesregierung hier in der neuen Koalitionsvereibarung ein klares Signal setzen, dass sie das Ziel, Berlin als tierversuchsfreie Hauptstadt zu entwickeln, weiterhin ernst nimmt. Denn Tierversuche sind nicht nur grausam, sie sind auch aus wissenschaftlicher Sicht der falsche Weg, die dem Menschen eher Schaden statt Nutzen bringen.
Hier schließen wir uns ausdrücklich den ausführlich dargelegten Forderungen der Landestierschutzbeauftragten, Dr. K. Herrmann, an.
https://www.berlin.de/…
Institutionelle Förderung der Berliner Tiertafel
Ein besonders wichtiges Anliegen für den bmt ist der Erhalt und die Förderung der Berliner Tiertafel. Diese Einrichtung unterstützt mit großem Engagement finanziell benachteiligte Bürgerinnen und Bürger in Berlin bei der Versorgung ihrer Heimtiere.
Sie hat im Jahr 2020 den Berliner Tierschutzehrenpreis erhalten.
Die Berliner Tiertafel ist gemeinnützig und finanziert sich derzeit aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und – soweit möglich – aus Zuwendungen aus dem Budget der Tierschutzbeauftragten des Landes Berlin.
Diese Mittel reichen jedoch nicht aus und werden im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2021 voraussichtlich sogar um fast 75 % gekürzt.
Aus Sicht des bmt sollte die Berliner Tiertafel vor dem Hintergrund ihrer unbestritten wichtigen Dienste für Mensch und Tier ein ausreichendes und festes Budget von Seiten der Landes Berlin erhalten, damit die Arbeit in Zukunft für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter planbar ist und gesichert werden kann.
Ebenso ist es notwendig, dass das Land Berlin der Tiertafel bei der schwierigen Suche nach geeigneten und bezahlbaren Räumlichkeiten unterstützt, da der Mietvertrag des bisherigen Standorts 2022 ausläuft.
Umsetzung des Schutzmanagements für Berliner Stadttauben
Das Wohl der Stadttauben ist seit vielen Jahren Gegenstand im Senat und im Landestierschutzbeirat.
Ein Rahmenkonzept für ein Berliner Taubenmanagement (Dies beinhaltet u. a. die Errichtung und Betreuung von Taubenschlägen/Taubenwagen an verschiedenen Orten im Stadtgebiet, eine hauptamtliche Leitung sowie eine Auffangstation für in Not geratene
Berliner Stadttauben.), liegt dem Senat bereits vor, es mangelt jedoch an einer konkreten Umsetzung.
Einhaltung des Verbotes von Baum- und Heckenschnitt zwischen dem 01.03. – 30.09. auch im öffentlichen Straßenland etc. durch das Land Berlin und die Bezirke.
Besserer Schutz heimischer Wildtiere im urbanen Raum
Dazu zählt neben der Schaffung von Blühstreifen und Wildblumenwiesen, dass im öffentlichen Raum nur noch heimische und standortgeeignete Blumen, Hecken, Sträucher, Stauden und Bäume angepflanzt werden, die Insekten und Vögeln Nahrung und Lebensraum geben.
Auch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften sollten zu diesem Vorgehen gedrängt werden. Auf die Bedürfnisse von Igeln, Eichhörnchen und Singvögeln etc. sollte bei Pflegemaßnahmen von Grünflächen deutlich besser geachtet werden (bspw. beim Einsatz von Kettensäge, Rasenmäher, Tellersense, Kantenschneider, Laubsauger).
Mit der Pflege von Grünflächen beauftragte Subunternehmen sollten auf die unterschiedlichen Gefahren, die bei Pflegeeinsätzen für Wildtiere entstehen, sensibilisiert und regelmäßig informiert werden.
Der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. (bmt) gehört zu den ältesten und größten Tierschutzorganisationen in Deutschland. Seine historischen Wurzeln reichen bis 1922 zurück. Der Bund gegen den Missbrauch der Tiere e.V. wurde 1952 (neu) gegründet. Ziel unserer Arbeit ist es, Tieren eine Stimme zu geben und ihren Schutz in unserer Gesellschaft zu verbessern.
Der bmt ist mit neun Geschäftsstellen, neun Tierheimen und einem Tierschutzzentrum, im gesamten Bundesgebiet vertreten.
Die Berliner Geschäftsstelle des Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. besteht seit 1959.
Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. – Geschäftsstelle Berlin
Schulzendorfer Str. 87
13467 Berlin
Telefon: 0176 20998830
http://www.bmt-tierschutz-berlin.de/
Geschäftsführer
Telefon: 030-54085304
E-Mail: gst-berlin@bmt-tierschutz.de