Ärztlicher Direktor der Neonatologie am Universitätsklinikum Heidelberg verabschiedet sich in den Ruhestand

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– Prof. Dr. Johannes Pöschl leitete 14 Jahre die deutschlandweit größte bettenführende Klinik für die Versorgung von Früh- und kranken Neugeborenen
– Beste Chancen für Frühchen ab der 23. Schwangerschaftswoche dank speziellem Versorgungs- und Pflegekonzept EFIB®

Nach 33 Jahren an der Heidelberger Kinderklinik und 14 Jahren als Ärztlicher Direktor der Klinik für Neonatologie am Zentrum für Kinder und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) verabschiedet sich Professor Dr. Johannes Pöschl zum 8. November 2021 in den Ruhestand. Prof. Pöschl baute die Klinik zur deutschlandweit größten bettenführenden Neonatologie aus und beteiligte sich aktiv an der Gestaltung und Planung des 2011 eröffneten Klinikbaus, der „zu 100 Prozent nach den Vorstellungen einer modernen Neonatologie umgesetzt ist", wie der Experte resümiert. Der zwischen Kinder- und Frauenklinik gelegene Klinikbau bietet ausreichend Platz für bis zu 36 Mutter-Kind-Betten in 18 Zimmern. Denn der enge Kontakt des Neugeborenen zu Mutter oder Vater ist wesentlicher Bestandteil des von Prof. Pöschl geförderten sanften Versorgungs- und Pflegekonzeptes „EFIB®" (Entwicklungsförderndes familienzentriertes individuelles Betreuungskonzept). Pöschls Nachfolge tritt Professor Dr. Christian Gille, bis dato Leitender Oberarzt der Klinik für Neonatologie am Universitätsklinikum Tübingen, an.

„In Heidelberg werden jedes Jahr bis zu 130 sehr kleine Frühgeborene mit einem speziellen Pflegekonzept und einem modernen, stetig verbesserten medizinischen Angebot versorgt. Dadurch haben die Frühchen ab vollendeter 22. Woche Schwangerschaftsdauer nicht nur exzellente Überlebenschancen oft ohne schwere Beeinträchtigungen, sondern entwickeln sich auch langfristig sehr gut", sagt Prof. Dr. Ingo Autenrieth, Leitender Ärztlicher Direktor des UKHD.

„Professor Pöschl stärkte nicht zuletzt die neonatologische Forschung und orientierte sich dabei an Fragestellungen aus der Klinik, z.B. der Unterstützung des kindlichen Immunsystems, um die Infektanfälligkeit zu verringern. Dies führte zu zahlreichen unmittelbaren Verbesserungen in der Versorgung insbesondere der sehr früh geborenen Kinder", so Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg.

„Professor Pöschl übergibt eine hervorragend aufgestellte Klinik mit 60 Betten, davon bis zu 22 Beatmungsplätze, einem Baby-Notarztdienst sowie einem überregionalen Einzugsgebiet. Dafür gebührt ihm große Anerkennung", bedankt sich die Kaufmännische Direktorin, Katrin Erk.

Erfolgsrezept sei ein gut eingespieltes Team aus Ärzten, Ärztinnen und Pflegenden sowie eine stets selbstkritische Herangehensweise, um jede Veränderung zu analysieren und damit die Versorgung konstant zu verbessern, so der scheidende Neonatologe. „So haben wir es gemeinsam geschafft, sehr früh geborene Kinder ab der vollendeten 22. Schwangerschaftswoche an der Grenze der Überlebensfähigkeit zu versorgen." Die Zahlen bestätigen die hervorragende Versorgungsqualität der letzten fünf Jahre: 82 Prozent der Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm, das entspricht ungefähr der 32. Schwangerschaftswoche, können – bei einer Überlebensrate von 96 Prozent – ohne schwerwiegende Komplikationen nach Hause entlassen werden. Bei den noch kleineren Frühchen unter 1.000 Gramm überleben 90 Prozent. 70 Prozent von ihnen entwickeln sich ohne mentale oder körperliche Beeinträchtigungen, wie Nachbeobachtungen nach den ersten zwei Lebensjahren zeigen.

Voraussetzung dafür sind neben neuen Medikamenten und modernen Techniken bei Beatmung und Kreislaufunterstützung die individuelle "sanfte" Betreuung Frühgeborener – wie sie EFIB® vorsieht. Da jeder Stress die Hirnentwicklung stört, wird dieser, wo möglich, vermieden: Helles Licht, laute Alarme und technische Geräusche wurden konsequent aus den schalldichten Zimmern verbannt – die Eltern dagegen immer aktiv eingebunden. Damit diese sich im Handling der zarten Frühgeborenen nicht überfordert fühlen, werden sie vom Team geschult und auf die Zeit zuhause vorbreitet. Dieses Konzept baute Pöschl mit seinem speziell geschulten Team konsequent aus.

Im neonatologischen Labor entwickelte das Team unter anderem das erste Mausmodell, mit dem sich fetale Immunzellen am lebenden Organismus untersuchen lassen. Im Tierversuch ließen sich so erstmals die Wirkung von beispielsweise Koffein, Glucose und verschiedenen Lipiden nachweisen und überprüfen. Alle Substanzen haben inzwischen einen festen Platz in der Versorgung unreif geborener Kinder.

„Man kann nur lehren, was man selbst erfahren hat und man kann nur verbessern, was man genau analysiert hat", ist das Motto des Neonatologen. Denn insbesondere in einem Bereich, in dem Studien häufig nicht umsetzbar und daher keine evidenzbasierten Standards verfügbar sind, fließt in die Lehre – ebenso wie die Patientenversorgung – viel individuelle Erfahrung ein. In diesem Sinne gab er sein Wissen an Studierende und junge Kolleginnen und Kollegen – auch anderer Geburtskliniken und Perinatalzentren – weiter. Bei ihm habilitierte Oberärztinnen und -ärzte wurden in regelmäßigen Abständen als Chefärzte in andere Kliniken abberufen.

Zur Person

Johannes Pöschl, 1954 in Mannheim geboren, studierte in Heidelberg Chemie sowie in Mainz und Heidelberg Medizin. Dem Diplom in Chemie 1982 folgte fünf Jahre später die ärztliche Approbation und Promotion am Universitätsklinikum Heidelberg. Seit 1988 an der Heidelberger Kinderklinik beschäftigt, spezialisierte er sich nach der Facharztweiterbildung in Kinderheilkunde auf die Neonatologie, in der er sich 1998 habilitierte und 2003 eine Professur erhielt. Seit 2000 war er Leitender Oberarzt und stellvertretender Ärztlicher Direktor der Klinik für Neonatologie und seit 2007 Ärztlicher Direktor der Klinik für Neonatologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg.

Weitere Informationen

Klinik für Neonatologie: www.klinikum.uni-heidelberg.de/zentrum-fuer-kinder-und-jugendmedizin/iv-neonatologie/

Über Universitätsklinikum Heidelberg

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich circa 84.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000 Patienten ambulant behandelt.

Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum-heidelberg.de

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