40 Jahre HIV/AIDS – von der globalen Bedrohung zur behandelbaren Erkrankung

Mit dem Welt-AIDS-Tag am Mittwoch, 1. Dezember 2021, blicken wir auf 40 Jahre zurück, seit die ersten jungen Patientinnen und Patienten mit ungewöhnlichen, lebensbedrohlichen Lungenentzündungen in den USA beschrieben wurden. Zugrunde lag den Erkrankungen eine weitgehende Zerstörung des Immunsystems durch das im Jahre 1983 vom späteren Nobelpreisträger Luc Montagnier in Frankreich entdeckte HI-Virus. Seither sind nach den Angaben von UNAIDS mehr als 36 Millionen Menschen weltweit an den Folgen der HIV-Infektion verstorben. Prof. Dr. Heinz-August Horst, Oberarzt der HIV-Ambulanz am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, kann sich noch gut an die frühen Jahre der HIV-Pandemie erinnern. Drei Fragen an den Kieler HIV-Experten.

Wie haben Sie die ersten Jahre nach Gründung der Kieler HIV-Ambulanz erlebt?

Prof. Horst: Damals konnten wir ohne wirksame Medikamente gegen das Virus den Tod meist nur einige Zeit hinauszögern. Die Diagnostik und Behandlung der vielen lebensbedrohlichen Infektionen und Tumorerkrankungen standen ganz im Vordergrund unserer Bemühungen um die Patienten. Allein im Jahre 1995 verstarben etwa 20 Prozent der Ambulanzpatienten an den Folgen ihrer HIV-Infektion. Diese schweren Jahre wurden durch die Entwicklung sehr wirkungsvoller Medikamente, mit denen es gelang, das HI-Virus auf verschiedenen Stufen seiner Vermehrung zu stoppen, Ende der 90er-Jahre nahezu schlagartig beendet.

Wie ist es gelungen, der Erkrankung ihren Schrecken zu nehmen?

Prof. Horst: Durch Cocktails aus zwei oder drei Medikamenten der neuesten Generation, die in nur einer Tablette pro Tag zusammengefasst sind, ist es seit einigen Jahren möglich geworden, bei über 90 Prozent der Patientinnen und Patienten, das Virus so effektiv zu unterdrücken, dass es im Blut praktisch nicht mehr nachweisbar ist. Dadurch kann sich das Immunsystem erholen und die Patientin oder den Patienten schützen. Die Betroffenen haben so heute eine weitgehend normale Lebenserwartung! Aber damit nicht genug. Die Behandlung möglichst aller HIV-Infizierten mit einer modernen antiviralen Therapie bedeutet nicht nur den bestmöglichen Schutz der Betroffenen selbst, sondern verhindert auch die Weitergabe des Virus.

Können wir also sagen, das HIV ist heute besiegt?

Prof. Horst: Diesen Fehler sollten wir nicht machen. Ein wichtiges Ziel muss nun sein, die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen, die vom Robert Koch-Institut für das vergangene Jahr für Deutschland mit 2.454 angegeben wird, möglichst zu senken. Dazu tragen sicher die Aufklärungskampagnen des Bundesgesundheitsministeriums und der zuständigen Landesministerien sowie die der AIDS-Hilfen bei. Denn auch heute gilt der bekannte Slogan: Kondome schützen!  Aber auch medizinisch kann in den HIV-Ambulanzen durch verschiedene Maßnahmen ein Beitrag geleistet werden. Durch regelmäßige oder situationsbezogene medikamentöse Prophylaxen ist es möglich, HIV-negative Menschen wirkungsvoll vor der sexuellen Übertragung des Virus zu schützen. Menschen, die z.B. beruflich oder durch eine Vergewaltigung das HI-Virus übertragen bekommen haben könnten, werden in der HIV-Ambulanz des UKSH beraten und können mit einer sogenannten Postexpositionsprophylaxe gegen eine Etablierung des Virus im Körper geschützt werden.

Die HIV-Ambulanzen des UKSH sind erreichbar unter:

Campus Kiel:
Klinik für Innere Medizin II
Tel.: 0431 500-22287, medizin2.kiel@uksh.de

Campus Lübeck:
Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie
Tel.: 0451 500-44195, ambulanz.innere.luebeck@uksh.de

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