„Die deutsche Wirtschaft sieht die Auseinandersetzungen zwischen Brüssel, Warschau und Budapest mit wachsender Besorgnis. Polen ist der fünftwichtigste Handelspartner Deutschlands weltweit. Polen und Ungarn sind zudem wichtige Investitions- und Innovationsstandorte für deutsche Unternehmen. Diese haben fast 56 Milliarden Euro in beiden Ländern investiert und beschäftigen dort über 600.000 Mitarbeitende. Vor diesem Hintergrund halten wir Spekulationen über einen Polexit oder einen Austritt Ungarns aus der EU für unverantwortlich.
Deutschland und die deutsche Wirtschaft haben sich vor 2004 mit großem Engagement für die EU-Mitgliedschaft Polens und Ungarns eingesetzt. Wir haben früh an den Erfolg dieser Partnerschaft, an offene Grenzen und die Mitgliedschaft beider Länder im europäischen Binnenmarkt geglaubt. Unsere Erwartungen sind inzwischen weit übertroffen worden. Diese Erfolgsgeschichte dürfen wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Angesichts weltweiter Tendenzen zum Decoupling, der Entkoppelung von Wirtschaftsräumen, müssen wir erfolgreiche Partnerschaften festigen und ausbauen. Weitere Rückschläge können wir uns vor dem Hintergrund des Brexits und der jüngsten geopolitischen Misserfolge in Afghanistan oder dem Pazifik wirtschaftlich nicht leisten. Dazu brauchen wir ein souveränes Europa, das nach innen und außen geeint auftreten kann. Die EU muss integrationsfähig sein, ob gegenüber den eigenen Mitgliedstaaten oder den neuen Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan.
Verzögerungen bei der Zuteilung von EU-Mitteln treffen auch die deutschen Unternehmen in Polen und Ungarn, denn EU-kofinanzierte Investitionen sind seit 2004 ein maßgeblicher Wachstumstreiber. Diese sollte die Regierungen in Warschau und Budapest im Interesse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ihrer Länder nicht aufs Spiel setzen. Aber auch die EU kann kein Interesse daran haben, diese wachstumsstarken Mitgliedsländer nachhaltig zu schwächen.
Wir rufen daher beide Seiten zur Besonnenheit auf. Kooperation und Dialog statt fortgesetzter Konfrontation sind das Gebot der Stunde. Wichtig ist auch eine schnelle Regierungsbildung in Deutschland, damit die neue Bundesregierung hier vermitteln kann.“
Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (gegründet 1952) fördert die deutsche Wirtschaft in den 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens. Der deutsche Osthandel steht insgesamt für rund ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels und ist damit bedeutender als der Handel mit den USA und China zusammen. Der Ost-Ausschuss hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und -verbände und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH – getragen.
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