Nicht nur Sondereffekte: Inflation in Deutschland bleibt vorerst hoch

­Dr. Nils Jannsen, Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel, kommentiert die aktuellen Zahlen zu den Verbraucherpreisen des Statistischen Bundesamtes: ­ ­­­ ­

„Auch abgesehen von vorübergehenden Sondereffekten ist die Inflation in Deutschland vergleichsweise hoch. Im Oktober ist sie weiter gestiegen und liegt auf dem höchsten Wert seit dem Jahr 1993. Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent. Zum Teil geht die hohe Inflation auf temporäre Faktoren zurück: Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020 trägt dazu bei, dass die im Vorjahresvergleich ausgewiesene Inflationsrate derzeit um rund 1 Prozentpunkt höher ist. Dieser Effekt entfällt zum Jahreswechsel. Zudem treiben die bereits seit einiger Zeit deutlich steigenden Energiepreise die Inflation spürbar an. Zunächst bedeutete der Anstieg der Energiepreise eine Normalisierung nach den pandemiebedingten Rückgängen im Jahr 2020. Mittlerweile gehen die Energiepreise aufgrund der weltweiten Rohstoffknappheit jedoch deutlich über ihr Vorkrisenniveau hinaus. 

Abgesehen von den Energiepreisen und dem Mehrwertsteuereffekt ist der Preisauftrieb in Deutschland zwar deutlich moderater, aber im längerfristigen Vergleich ebenfalls recht hoch. Das ist vor allem das Ergebnis der vielfältigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. So führen die weltweit grassierenden Lieferengpässe dazu, dass sich Produktionskosten verteuern und sich zudem das Angebot an Konsumgütern verknappt. Gleichzeitig dürften viele private Haushalte recht ausgabenfreudig sein, da sie seit Beginn der Pandemie zusätzliche Ersparnisse in Höhe von etwa 200 Mrd. Euro bzw. rund 10 Prozent des verfügbaren Einkommens angehäuft haben und viele Konsummöglichkeiten lange nur eingeschränkt verfügbar waren.

Vor diesem Hintergrund wird die Inflation wohl vorerst auf erhöhtem Niveau bleiben, selbst wenn die Rohstoffpreise nicht weiter anziehen. So werden sich die Lieferengpässe voraussichtlich nicht rasch lösen. Zudem wird der zuletzt kräftige Anstieg der Produzentenpreise von den Unternehmen wohl zum Teil erst mit einiger Verzögerung an die Verbraucher weitergegeben und somit auch in den kommenden Monaten noch die Inflation erhöhen.“

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