Die Corona-Pandemie hat vor allem Kinder und Jugendliche und ihre Familien stark belastet. Zahlreiche Studien belegen inzwischen, dass sich die Einschränkungen nicht nur auf Lernrückstände, sondern vor allem auch auf die psychische Gesundheit bei vielen Kindern ausgewirkt hat. In einem offenen Brief an die entsprechenden Bundes- und Landesministerien hatten vor den Sommerferien die Verbände der Kinder- und Jugendpsychiater auf die „hohe Bedeutung des Lebensraumes Schule“ für eine gesunde psychosoziale Entwicklung hingewiesen und vor einem forcierten „Aufholen“ von ausschließlich kognitiven Lerninhalten gewarnt.
Auf das Angebot der deutschen Musikschulen verweisen in diesem Zusammenhang der Verband deutscher Musikschulen (VdM) und die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft (DMtG). „Musiktherapeutische Angebote an Musikschulen können für Kinder, die in der Pandemie besonders erhöhten Risikofaktoren ausgesetzt waren, einen wertvollen Beitrag leisten – zusätzlich zur Gesundheitsversorgung in Kliniken und ambulanten Praxen“, so der Vorsitzende der DMtG, Prof. Dr. Lutz Neugebauer, „emotionale Belastungen und soziale Verluste können hier aufgearbeitet werden“. Vor über zehn Jahren wurde Musiktherapie in den offiziellen Fächerkanon der Musikschulen aufgenommen. An etwa 100 Musikschulen in Deutschland arbeiten akademisch ausgebildete und klinisch erfahrene Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten. Für Cordula Reiner-Wormit vom Bundesweiten Arbeitskreis Musiktherapie an Musikschulen (BAMMS) sind es vor allem die niederschwelligen Angebote, die im institutionellen Rahmen von Kunst und Kultur helfen können: „Wir können Kinder und Jugendliche in Krisensituationen unterstützen, indem wir Bindungsdefizite aufarbeiten, Schutzfaktoren der Kinder und Jugendlichen professionell stärken und Entwicklungsbrüche effektiv auffangen.“ Für Reiner-Wormit ist es das Ziel der musiktherapeutischen Interventionen gerade nach Corona, dass Kinder und Jugendliche ihre Resilienz wiedererlangen und stabilisieren können: „Auf spielerische und kreative Weise können Kinder an der Krise wachsen, sie können ein positives Selbstwertgefühl entwickeln und Selbstwirksamkeit erfahren.“
Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft und der Verband deutscher Musikschulen begrüßen daher den Beschluss der 94. Gesundheitsministerkonferenz der Länder „Zukunft gestalten“ vom Juni 2021, die „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Kontext der Corona-Pandemie“ in den Blick zu nehmen und die Prävention psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen aufgrund der besonderen Belastungen zu fördern.
Der „Lebensraum Musikschule“ ist Kennzeichen des kultur- und gesellschaftspolitischen Auftrags öffentlicher gemeinnütziger Musikschulen. Neben der Breiten- und Spitzenförderung der musikpädagogischen Arbeit fördern Musikschulen seit Jahrzehnten diversitätssensible Angebote: „Gerade jetzt ist es besonders wichtig, den gesundheitsfördernden Faktor von Kultur und Musik zu erhalten und auszubauen – sowohl für die persönliche Entwicklung wie für die soziale Gemeinschaft“, betont der Vorsitzende des Bundesfachausschusses Inklusion im VdM, Robert Wagner: „Mit den qualifizierten Angeboten durch inklusive pädagogische wie durch die musiktherapeutische Expertise fördern wir die präventive Arbeit in unseren Musikschulen.“
Beide Verbände unterstützen das neue Aktionsprogramm der Bundesregierung für 2021/2022 „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ sowie die Verstärkung des Programms „Kultur macht stark“. „Wir brauchen die niedrigschwelligen Angebote, damit gerade die Kinder und Jugendliche, die von Risikolagen betroffen sind, in ihrer individuellen Entwicklung gefördert werden können“, ergänzt der Geschäftsführer des Verbands deutscher Musikschulen, Matthias Pannes: „Wir freuen uns, dass Eltern und Kinder nach den Einschränkungen der Lockdown-Monate wieder in die Musikschulen kommen. Die Musikschulen in Deutschland unterstützen die gesellschaftliche Teilhabe: Alle Menschen können sich unabhängig vom Alter hier begegnen, sich in kreativen Freiräumen ausprobieren und gemeinsam ausdrücken.“
DMtG und VdM appellieren an die verantwortlichen kommunalen Träger, gerade angesichts künftiger drohender Haushaltskrisen der Kommunen die Mittel für Musikschulen in dieser besonderen Zeit nach der Pandemie zu verstärken. „Die bereits etablierten musiktherapeutischen und musikpädagogischen Angebote und Kooperationen müssen in jedem Fall fortgeführt und weiterentwickelt werden“, fordert Pannes, „noch mehr Musikschulen sollten solche Angebote ermöglichen können.“ Der Bedarf sei größer denn je, stellen beide Institutionen fest und warnen deshalb vor den fatalen Folgen für Kinder und Jugendliche, wenn inklusiv-pädagogische und musiktherapeutisch-präventive Angebote für die Musikschulen aufgrund leerer Kassen der Kommunen gekürzt werden.
Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft e.V. (DMtG) ist mit 1.600 Mitgliedern der größte Fach- und Berufsverband der Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten in Deutschland. Der Verband setzt sich für die Verankerung der Musiktherapie im Gesundheitswesen ein. Aufgrund von wissenschaftlich anerkannten Nachweisen über die positive Wirkung ist Musiktherapie bereits jetzt in zahlreichen medizinischen Leitlinien verankert (z.B. Demenz, Schlaganfall, Psychosoziale Therapien). Verbindliche Ausbildungs- und Qualitätsstandards, abgebildet im DMtG-Zertifizierungsverfahren, geben den Patientinnen und Patienten ein größtmögliches Maß an Sicherheit, gerade wegen eines fehlenden Berufsgesetzes. www.musiktherapie.de
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