Der französische Philosoph Foucault wollte die Ereignisse der iranischen Revolution gegen das Schah-Regime vor Ort kennenlernen. Um die Bedeutung der Religion für das Bewusstsein der Menschen besser erfassen zu können, stützte er sich bei der Einschätzung der Kraft des Religiösen auf die Darstellungen Blochs im "Prinzip Hoffnung".
Warum wandte sich der französische Denker Michel Foucault bei seiner Abneigung gegen Blochs Philosophie dennoch dessen Werk zu? Mathias Richter eröffnet den Zugang zu diesem überraschenden Perspektivwechsel: „Trotzdem reiht sich seine Bloch-Lektüre im Sommer [jenes] Jahres und die kurz darauffolgende Iran-Reise in ein Zeitintervall, während dessen Foucault sein Theorieprogramm umbaut und die Frage nach der Möglichkeit von Widerstand neu stellt. Beides, das Erlebnis eines Volksaufstandes und das Interpretationsangebot, das er bei Bloch dazu fand, dürften ihn dabei bestärkt haben.“
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Was aber könnte den Diskurs- und Machtanalytiker Foucault ausgerechnet an so einem anthropologisch fundierten und geschichtsphilosophisch ausgerichteten Unternehmen interessieren? Bloch werfe ein „absolut kapitales Problem auf“, befand Foucault, ein Problem, das in Europa im Mittelalter aufgetaucht sei: „die Wahrnehmung, dass die Wirklichkeit der Dinge nicht endgültig eingerichtet ist, sondern dass es hier, auch im Innern unserer Zeit und unsere Geschichte, eine Öffnung gibt, einen Punkt des Lichtes und der Anziehung, der uns, von dieser Welt hier, Zugang zu einer besseren Welt gewährt“. Insofern habe er den Eindruck gehabt, bei Bloch genau das zu lesen, was er gleichzeitig in den Zeitungsberichten über den Iran übermittelt bekam. Er sei deshalb bei seinen Aufenthalten im Iran mit Blick auf das Problem der Beziehungen zwischen politischer Revolution und religiöser Hoffnung oder Heilserwartung durch Bloch konditioniert gewesen.
Latenz – Journal für Philosophie und Gesellschaft, Arbeit und Technik, Kunst und Kultur. Ist der Liberalismus am Ende? Ausgabe 05|2021. Hrsg. von Irene Scherer und Welf Schröter. Redaktion: Dr. Dr. Matthias Mayer, Dr. Mathias Richter, Inka Thunecke, Irene Scherer und Welf Schröter. Mit Beiträgen von Winfried Thaa, Rainer Funk, Hans-Ernst Böttcher, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Martin Böhler, Friedrich Dieckmann, Helmut Fahrenbach, Mathias Richter, Matthias Mayer, Irina Rückert, Günther Rudolph, Bernd Stickelmann, Karl Niemand, Irene Scherer, Welf Schröter. Mössingen-Talheim 2021, 204 Seiten, 34,00 Euro (im Abonnement 26,00 Euro zzgl. Porto). ISBN 978-3-89376-191-3.
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