Häufigere Extremwetterereignisse mit weitreichenden Folgen selbst in Mitteleuropa können nicht ignoriert werden: Auch der Gebäudebereich muss seinen Beitrag zu effektivem Klimaschutz leisten und deutlich weniger Emissionen verursachen. Der Schlüssel dafür sind energieeffiziente Gebäude, die nur sehr wenig Energie fürs Heizen und Kühlen verbrauchen. Die Tage offenen Tür im Passivhaus vom 5. bis 7. November 2021 belegen, dass diese zukunftsfähigen Gebäude schon jetzt weltweit zahlreich umgesetzt werden. „Das Schöne ist ja, dass die Bewohner ihre Häuser ganz unkompliziert für einen Besuch öffnen oder im Video vorstellen. Wird die hohe Energie-effizienz noch breitflächiger bei Neubauten und Sanierungen umgesetzt, dann ist ein großer Schritt beim Klimaschutz geschafft“, erklärt Sabine Stillfried von der Informations-Gemeinschaft (IG) Passivhaus. Das weltweit erste Passivhaus in Darmstadt, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert, kann per Video besichtigt werden.
Niedrige Energiekosten
Äußerst energieeffiziente Häuser im Passivhaus-Standard sind wegen ihres geringen Energieverbrauchs geschätzt und sie bieten gleichzeitig Vorteile bei Komfort und Wohngesundheit: Im Winter hält sich die Wärme lange im Haus, auch aufgrund der guten Wärmedämmung. Im Sommer bleibt genau deshalb die Hitze draußen. Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgt für konstant frische Luft. Die vom Passivhaus Institut empfohlenen Frischluftfilter in der Lüftungsanlage können neben Stäuben und Keimen auch die Gefahr durch Aerosole verringern.
Besser bauen als vorgeschrieben
Fachleute sind sich einig: Die meisten gesetzlichen, energetischen Vorgaben sind ambitionslos. Da bildet auch das deutsche Gebäudeenergiegesetz (GEG) keine Ausnahme. Bauwilligen raten die Experten daher, ihr Haus tatsächlich fit für die Zukunft zu machen und besser zu bauen als gesetzlich vorgeschrieben. Bei den Tagen der offenen Tür im Passivhaus können sich Interessenten über die Vorteile äußerst energieeffizienter Gebäude informieren. „Gebäude im Passivhaus-Standard bieten hohen Wohnkomfort mit einer besseren Raumluftqualität und sorgen für niedrige Energiekosten. Das freut Eigentümer und Mieter gleichermaßen“, sagt Sabine Stillfried.
Sanierungen mit bester Qualität
Für die Energiewende im Gebäudesektor müssen auch Sanierungen mit sehr guter energetischer Qualität umgesetzt werden. Ansonsten ist die Chance auf hohe Energieeffizienz und die damit verbundene Emissionseinsparung für die nächsten Jahrzehnte vertan. Sanierte Gebäude sind bei den Tagen der offenen Tür ebenfalls geöffnet. Alle Besichtigungsmöglichkeiten, vor Ort und virtuell, sind unter www.passivhausprojekte.de aufgeführt und werden laufend aktualisiert. Die IG Passivhaus informiert auf ihrer Webseite über alle zusätzlichen deutsch-sprachigen Veranstaltungen. Die Tage der offenen Tür werden von der IG Passivhaus Deutschland zusammen mit den Netzwerken Passivhaus Austria sowie der Internationalen Passivhaus Vereinigung (iPHA) veranstaltet und finden bereits zum 18. Mal statt.
Allgemeine Informationen
Passivhäuser
Beim Passivhaus-Konzept wird der für Gebäude typische Wärmeverlust durch Wände, Fenster und Dach drastisch reduziert. Durch die fünf Prinzipien – gute Dämmung, dreifach verglaste Fenster, Vermeidung von Wärmebrücken, luftdichte Gebäudehülle sowie Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung – benötigt ein Passivhaus nur sehr wenig Energie. Passivhäuser können daher auf ein klassisches Heizsystem verzichten. Passiv“ werden die Häuser genannt, da der größte Teil des Wärmebedarfs aus „passiven“ Quellen wie Sonneneinstrahlung sowie Abwärme von Personen und technischen Geräten gedeckt wird.
In einem Passivhaus hält sich die Wärme sehr lange, da sie nur langsam entweicht. Im Sommer (sowie in warmen Klimaten) ist ein Passivhaus ebenfalls im Vorteil: Dann bewirkt u.a. die gute Dämmung, dass die Hitze draußen bleibt. Eine aktive Kühlung ist daher in Wohngebäuden in der Regel nicht nötig. Durch die niedrigen Energiekosten sind die Nebenkosten kalkulierbar – eine Grundlage für bezahlbares Wohnen und sozialen Wohnungsbau. Ein Passivhaus verbraucht bis zu 90 Prozent weniger Heizwärme als ein bestehendes Gebäude und 75 Prozent weniger als ein durchschnittlicher Neubau.
Passivhaus und NZEB
Der Passivhaus-Standard erfüllt die Anforderungen der Europäischen Union an Nearly Zero Energy Buildings. Laut der Europäischen Gebäuderichtlinie EPBD müssen die Mitgliedstaaten die Anforderungen an so genannte Fast-Nullenergiehäuser (NZEB) in ihren nationalen Bauvorschriften festlegen. Die Richtlinie der EU ist seit Januar 2019 für öffentliche Gebäude in Kraft und gilt für alle anderen Gebäude seit 2021.
Pionierprojekt
Das weltweit erste Passivhaus errichteten vier private Bauherren, darunter Prof. Wolfgang Feist, vor 30 Jahren in Darmstadt-Kranichstein. Die Reihenhäuser gelten seit dem Einzug der Familien 1991 als Pionierprojekt für den Passivhaus-Standard. Das Pionier-Passivhaus nutzt mit seiner neuen Photovoltaikanlage nun auch erneuerbare Energie und erhielt das Zertifikat zum Passivhaus Plus.
Passivhaus und erneuerbare Energie
Der Passivhaus-Standard und die Erzeugung erneuerbarer Energie direkt am Gebäude sind eine gute Kombination. Für dieses Versorgungskonzept gibt es die Gebäudeklassen „Plus“ und „Premium“.
Passivhäuser
Mittlerweile gibt es Passivhäuser für alle Nutzungsarten: Neben Wohn- und Bürogebäuden existieren auch Kitas und Schulen, Sporthallen, Schwimmbäder und Fabriken als Passivhäuser. In Frankfurt am Main entsteht gerade die weltweit erste Passivhaus-Klinik. Das Interesse steigt stetig. Mit Blick auf den Ressourcenverbrauch der Industrieländer sowie den Klimaschutz realisieren Kommunen, Unternehmen und Privatleute einen Neubau oder eine Sanierung zunehmend im Passivhaus-Standard.
Das Passivhaus Institut mit Sitz in Darmstadt ist ein unabhängiges Forschungsinstitut zur hocheffizienten Nutzung von Energie bei Gebäuden. Das von Prof. Wolfgang Feist gegründete Institut belegt eine internationale Spitzenposition bei der Forschung und Entwicklung zum energieeffizienten Bauen. Prof. Feist erhielt u.a. den DBU-Umweltpreis für das Passivhaus-Konzept (2001).
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