Nach dem späten Mittwoch-Rennen am unteren Limit der Windskala kommt die Weltmeisterschaft der Starboote immer besser in Fahrt. Östlicher Wind mit zehn bis elf Knoten und Sonnenschein bescherten der Flotte Champagner-Segeln. Allerdings musste der Start erneut etwas verschoben werden. „Auf der Bahn war alles vorbereitet und die Bedingungen waren perfekt. Aber die Segler waren auf dem Weg vor Bülk in der Flaute hängengeblieben und wir mussten Schleppverbände bilden, um nicht zu lange zu warten“, berichtete Wettfahrtleiter Mandus Freese.
Frühstart bremst Titelverteidiger
Derart in Fahrt konnten sich einige Crews nicht bremsen. In der ersten Tageswettfahrt gab es drei Frühstart-Disqualifikationen, in der zweiten sogar 16. Einer der Leidtragenden war das Team Kusznierewicz/Prada. Sie wollten in der ersten Wettfahrt eng am Pin-End über die Linie schießen, verkalkulierten sich knapp und wurden nach der ersten Kreuz in Führung liegend von der Bahn gewunken. Damit konnten sie diese Wettfahrt nur noch von außen beobachten und sahen, wie sich Negri/Kleen auf der ersten Kreuz mit hohem Speed durch den dichten Verkehr arbeiten, am Luvfass schon in der Spitzengruppe ankamen und dann den Sturm an die Top-Position fortsetzten. Von dort hielten sie die Verfolger Stipanovic/Bilic bis zum Ziel mit vier Bootslängen Vorsprung in Schach. Am Vortag hatten sie die Kroaten kurz vor der Ziellinie noch mit einer späten Halse ausgetrickst, jetzt hatten sie sie beim Vormwind-Zieldurchgang sicher im Kielwasser.
Die zweite Wettfahrt des Tages war für Negri/Kleen fast eine Kopie des ersten. Aus der Mitte heraus gingen sie ohne Risiko am Start auf den Kurs, profitierten von ihrer Top-Geschwindigkeit und hatten an der ersten Bahnmarke nur noch den 2017er-Weltmeister Eivind Melleby (Norwegen) mit Guy Thomas Avellon an der Vorschotvor sich. Aber auch der war dem Tempo des „Team of the Day“ nicht gewachsen. Negri/Kleen übernahmen zur Renn-Halbzeit die Führung, kontrollierten anschließend souverän das Feld und segelten zum zweiten Tagessieg.
Negri/Kleen in starker Position
„Ein typischer Negri“, kommentierte Kleen die beiden Siege trocken im Ziel. „Ganz konservativ herausgesegelt: Kein Risiko eingehen, immer auf den Top-Speed setzen, auf allen Kursen – sehr kontrolliert. So wollen wir weitermachen. Es gibt nichts zu ändern“, sprachs und entschwand zum Wiegen. Auch auf der Waage war alles okay, und so konnte Kleens Steuermann den Tag mit einem einzigen Wort treffend rekapitulieren: „Unglaublich!“ Mit neun Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung vor Stipanovic/Bilic sieht sich Negri in einer starken Position, aber „wir schreiben niemanden ab. Auch Mateusz und Bruno sind nach ihrem siebten Platz in der zweiten Wettfahrt stark zurückgekommen. Es sind noch einige Mannschaften im Spiel“.
Der Kroate Stipanovic schwimmt derzeit auf einer Woge des Erfolges. Nach dem Gewinn von Olympia-Silber im Laser vor einem Monat ist ihm der Umstieg auf den Star mit einem zweiten und einem achten Platz heute perfekt gelungen. „Ich liebe diese Klasse, seit ich segele, aber es ist nun mit 35 Jahren meine erste WM-Teilnahme im Star“, so Stipanovic. „Wir müssen uns noch auf den Trimm des Bootes und auf die Klassenregeln einstellen, was in Sachen Pumpen erlaubt ist und was nicht. Daher agieren wir sehr ruhig, sind aber glücklich mit dem, wie es bisher gelaufen ist.“ Zwei Strafkringel verdarben ihm im zweiten Rennen eine noch bessere Platzierung, so dass seine Kampfansage nicht unberechtigt ist: „Wir wollen so weitermachen wie bisher. Es ist erst Halbzeit, und wenn ich antrete, dann will ich natürlich auch ganz vorn segeln.“
Kaiserwetter auf der Starboot-Bahn
Einen gehörigen Sprung nach oben in der Liste machte Star-Weltpräsident Hubert Merkelbach vom Bodensee mit seinem Vorschoter Kilian Weise. Nach einem siebten und einem fünften Platz sind sie nur noch zwei Punkte vom Podium entfernt. „Im zweiten Rennen lagen wir sogar lange auf Platz drei, aber dann sind uns noch die Österreicher und die Schweizer am Lee-Fass durchgerutscht.“ In seinen letzten Monaten als Präsident der Klasse (im Dezember gibt er das Amt ab) hat Merkelbach aber auch das große Ganze der WM im Blick und kann nach den beiden heutigen Wettfahrten durchatmen: „Nach den ersten beiden Flautentagen stand die Wettfahrtleitung schon unter Druck. Aber heute war es perfekt mit Kaiserwetter. Kiel Sailing City hatte sich als tolles Revier präsentiert, auch wenn es ein langer Tag auf dem Wasser war.“ Die internationalen Teilnehmer sind laut Merkelbach begeistert von Kiel und dem Ambiente der Kieler Woche, das sie sonst zu den Weltmeisterschaften so nicht geliefert bekommen. (hel/ra)
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