„Im Wahlkampf haben sich alle Parteien darum gedrückt, das Mobilitätsgesetz öffentlich zu erwähnen. Dieses schreibt aber die Aufgabe bereits vor. Die nächsten Jahre müssen jetzt genutzt werden, um den Rückstau aufzuholen und endlich zu bauen, bauen, bauen – und zwar Radwege, die zum Fahrrad fahren verführen und keine Angsträume für diejenigen darstellen, die auf das Fahrrad angewiesen sind. Das muss jede neue Regierung sicherstellen!“ fordert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Das Potenzial des Radverkehrs für Berlin wurde im Wahlkampf weitgehend ignoriert und auf eine individuelle Entscheidung der Radfahrer*innen reduziert. Dabei sind ein Fünftel aller Wege mit dem Auto in Berlin unter zwei Kilometer lang, die Hälfte unter fünf und mehr als drei Viertel unter zehn Kilometer. Auch beim ÖPNV sind ein Zehntel aller Wege unter zwei, gut ein Drittel aller Wege unter fünf und zwei Drittel aller Wege unter zehn Kilometern lang.
Weltweit öffnen Metropolen in den Wohngebieten die Straßen und machen sie sicher für Fußgänger*innen, spielende Kinder und Radfahrende. So will Barcelona das erfolgreiche Superblock-Konzept stadtweit ausrollen, in London wurden im vergangenen Jahr über 70 Low Traffic Neighbourhoods geschaffen und in Berlin fordert das von Changing Cities initiierte Bündnis aus 70 Kiezblock-Initiativen die Umgestaltung der Stadt. Dies ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für Mobilität und Förderung lokaler Wirtschafts- und Versorgungsinfrastrukturen. Denn nur eine Minderheit der Berliner*innen verfügt über ein eigenes Kfz und somit ist der Stadtumbau auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
„Inzwischen haben etliche Kiezblock-Initiativen Anwohner*innenanträge mit Verkehrskonzepten in ihren Bezirken eingereicht. Auch in Kiezen, wo es noch keine Initiative gibt, legen objektive Daten, wie sie die Umweltgerechtigkeitskarten für Berlin bereitstellen, die Notwendigkeit der Umgestaltung und Öffnung der Straßen nahe. Aber bislang sind die Bezirke dafür überhaupt nicht ausgestattet. Statt wie mit den bisherigen Mitteln einen Kiezblock pro Bezirk und Legislatur schaffen zu können, muss die künftige Landesregierung ein stadtweites Kiezblocksprogramm mit Beteiligungs-, Planungs- und Umsetzungsressourcen für zwei Kiezblocks pro Jahr in jedem Bezirk auflegen“, so Inge Lechner von Changing Cities.
“Die rot-rot-grüne Landesregierung der letzten Jahre hat auf den zivilgesellschaftlichen Druck reagiert und erste zaghafte Versuche unternommen, den Stadtumbau einzuleiten, auch wenn die Umsetzungsperformance enttäuschend schwach ist. Immer war die SPD der Bremsklotz für die Verkehrswende, so zuletzt bei der Verstümmelung des Radverkehrsplans und der Verhinderung der Vollendung des Mobilitätsgesetzes. Die drei zukünftigen Partnerinnen haben jetzt ihre zweite Chance, die Verkehrswende endlich auf die Straße zu bringen. Klar ist schon jetzt, dass ohne dauerhafte zivilgesellschaftliche Flankierung wenig zu erwarten ist. Wir werden weiter Druck machen und erwarten, dass in den ersten 100 Tagen Zuständigkeiten geklärt, Ressourcen bereitgestellt und Ämter mit tatkräftigen und fähigen Personen besetzt werden”, meint Lechner.
Informationen über Kiezblocks: https://www.kiezblocks.de/
Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
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