Nachhaltigkeitsrat sieht „noch großen Handlungsbedarf“: Deutscher Staatenbericht zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele vor der UN vorgestellt

Die Bundesregierung hat heute auf dem Hochrangigen Politischen Forum (HLPF) bei den Vereinten Nationen ihren zweiten Staatenbericht (Voluntary National Review, VNR) zur Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland vorgestellt. Der Bericht beinhaltet eine Bestandsaufnahme der deutschen Nachhaltigkeitspolitik auf Grundlage der Nachhaltigkeitsindikatoren. Er benennt Handlungsprioritäten, um die Erreichung der selbstgesetzten deutschen Ziele und damit einen ambitionierten Beitrag zur Erreichung der globalen Ziele sicherzustellen.

Der Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), Dr. Werner Schnappauf, begrüßt, dass die Bundesregierung in ihrem Bericht sechs große Transformationsherausforderungen in den Mittelpunkt stellt. „Wir sehen es als notwendig an, die gesamte deutsche Nachhaltigkeitspolitik in Zukunft an diesen sechs Transformationsbereichen auszurichten und damit klare politische Schwerpunkte zu setzen. Dazu bedarf es gemeinsamer ressortübergreifender Anstrengungen aller Ministerien. Da sehe ich Handlungsbedarf für die zukünftige Bundesregierung.“

Prof. Dr. Imme Scholz, stellvertretende Ratsvorsitzende, ergänzt: „Die Pandemie verschärft massiv die weltweite Ungleichheit. Das HLPF hat eindrücklich gezeigt, dass Solidarität und Zusammenhalt der Weltgemeinschaft Gradmesser für die kommenden Jahre werden. Damit die Länder des globalen Südens neben der Pandemiebewältigung auch ihre Transformationsherausforderungen anpacken können, muss die internationale Zusammenarbeit mit ihnen verstärkt werden.“

Ratsmitglied Prof. Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel, ehemalige Präsidentin von Brot für die Welt, kommentiert: „Die Bundesregierung erkennt in dem Bericht selbstkritisch einige Umsetzungsdefizite an. Der Nachhaltigkeitsrat konstatiert vor allem eine weitgehende Vernachlässigung der negativen Effekte, die von Deutschland auf die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Länder des globalen Südens ausgehen. Die Perspektive der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie muss daher zügig erweitert werden um die internationalen Wirkungen des deutschen Konsums, der deutschen Produktion und der deutschen Handelspolitik.“

Heidemarie Wieczorek-Zeul, ebenfalls Ratsmitglied und ehemalige Bundesentwicklungsministerin, sieht auch Veränderungsbedarf auf UN-Ebene: „Der RNE hält das derzeitige HLPF für zu schwach, und hat Vorschläge für einen starken UN-Nachhaltigkeitsrat ausgearbeitet. Die Corona-Pandemie hat die Weltgemeinschaft bei der Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele stark zurückgeworfen. Eine Bewältigung der Pandemie und substanzielle Fortschritte in der nachhaltigen Entwicklung können nur mit Strukturreformen auf UN- und nationaler Ebene sowie einer starken Mobilisierung neuer Finanzmittel für die Transformation im Globalen Süden gelingen.“

Die Bundesregierung hat auf Initiative des RNE schon im Vorfeld des HLPF angekündigt, nach dem Austausch in New York einen systematischen Follow-up-Prozess mit allen Stakeholdern zu starten. Darin sollen die nationalen und internationalen Reaktionen auf den deutschen Staatenbericht sowie gute Beispiele aus anderen Staaten ausgewertet werden. Ein solcher systematischer Dialog kann aus Sicht des Nachhaltigkeitsrats helfen, die Handlungslücken, die die Bundesregierung selbst einräumt, in der kommenden Legislatur zu schließen.

Weiterführende Links:
Deutscher Staatenbericht (VNR), englische Fassung
Stellungnahme des RNE im Vorfeld der Bundestagswahlen 2021
RNE-Politikpapier "Reformoptionen für eine effektive UN-Nachhaltigkeitsgovernance"

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Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) berät die Bundesregierung zur Nachhaltigkeitspolitik. Er ist in seiner Tätigkeit unabhängig und wird seit 2001 alle drei Jahre von der Bundesregierung berufen. Ihm gehören 15 Personen des öffentlichen Lebens aus der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik an. Den Vorsitz führt seit 2020 Dr. Werner Schnappauf, stellvertretende Vorsitzende ist Prof. Dr. Imme Scholz. Der Rat führt auch eigene Projekte durch, mit denen die Nachhaltigkeit praktisch vorangebracht wird. Zudem setzt er Impulse für den politischen und gesellschaftlichen Dialog. Der Rat wird von einer Geschäftsstelle mit Sitz in Berlin unterstützt.

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