Heute antwortet Alois Rainer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.
DEUVET: Die Zulassung und Nutzung von Kraftfahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor werden in Zukunft stark begrenzt. Das trifft besonders die Besitzer von Liebhaberfahrzeugen wie Oldtimer und Youngtimer. Sollte der Gesetzgeber weiterhin eine unbegrenzte Nutzung dieser Fahrzeuge zulassen?
Rainer: Historische Automobile, Motorräder und Nutzfahrzeuge genießen in der Gesellschaft ein hohes Ansehen und sind in unserer gesellschaftlichen Identität tief verwurzelt. Über die vielen Vereine, Verbände, Werkstätten, Museen und Fachmessen gewinnen sie zudem stetig an wirtschaftlicher Bedeutung. Dieser Bedeutung und diesem Stellenwert des erlebbaren historischen Kulturguts auf den Straßen, auch als Ausdruck unserer Technikgeschichte und Ingenieurskunst, sind wir uns stets bewusst.
Angesichts möglicher Beschränkungen von Erstzulassungen für Fahrzeuge mit fossil betriebenen Verbrennermotoren sowie weiterer vor uns liegender Herausforderungen, wie der Transformation des Individualverkehrs oder der Zunahme der technischen Assistenzsysteme und des autonomen Fahrens, wird es in Zukunft noch mehr darum gehen, dass Oldtimer im Straßenverkehr ihren Platz haben. Wir werden uns weiterhin aktiv dafür einsetzen, historische Kraftfahrzeuge, Motorräder und Nutzfahrzeuge erlebbar auf den Straßen zu halten.
DEUVET: Nach einem voraussichtlich unumgänglichen Verbot der Neuzulassung von Fahrzeugen mit diesen Motoren wird es sicher überhaupt nicht mehr möglich sein, ein Oldtimerfahrzeug nach jahrelanger Restaurierung zuzulassen. Würden Sie hierfür Ausnahmen befürworten?
Rainer: Auch nach einer jahrelangen Restauration sind auch im Antriebsbereich die Anforderungen zum Zeitpunkt der Erstzulassung des Fahrzeugs relevant, wie bei anderen Aspekten auch, etwa Beleuchtung, Crashverhalten oder Assistenzsysteme. Für historische Fahrzeuge hat sich die geltende Definition bewährt, ist etabliert und in aktuellen Verordnungen und Gesetzen verankert. Auf Grundlage der deutschen Regelung wurde auch eine europaweit gültige Definition historischer Fahrzeuge erarbeitet. Diese findet auf europäischer Ebene Eingang in relevante Richtlinien und Verordnungen. In enger Abstimmung mit den europäischen Kolleginnen und Kollegen werden wir uns weiter dafür einsetzen, diese Oldtimerdefinition in die einschlägige Gesetzgebung einfließen zu lassen und das historische Kulturgut erlebbar auf den Straßen zu halten.
DEUVET: Die Nutzung von Oldtimern beträgt im Durchschnitt 1500 Kilometer im Jahr. Teilweise werden sie bei Freizeitfahrten eingesetzt, die sonst mit einem anderen Fahrzeug durchgeführt würden. Sollte eine uneingeschränkte Nutzung weiterhin möglich sein?
Rainer: Die geringen Laufleistungen der Fahrzeuge mit H-Kennzeichen und der weiteren historischen Fahrzeuge sind nicht der entscheidende Faktor, um die verkehrsbedingten Umweltbelastungen zu reduzieren. Wir setzen uns dafür ein, dass historische Fahrzeuge weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen können. Bereits heute bestehen Ausnahmeregelungen für historische Fahrzeuge mit H-Kennzeichen, z.B. Ausnahmen von Einfahrtbeschränkungen in kommunale Umweltzonen, die auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) gelten. Eine weitere Privilegierung gegenüber modernen Fahrzeugen ist nicht geplant und auch nicht angebracht. Eine „Überprivilegierung“ gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern könnte einen gegenteiligen Effekt auslösen und bereits vorhandene Ausnahmeregelungen gefährden.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, bei allen Fahrzeugen, auch den historischen, eine umfassende Umwelt- und Energiebilanz zu berücksichtigen. Neben dem Energieverbrauch und dem Schadstoffausstoß während des aktuellen Betriebs sind auch die Umwelt- und Energiebilanz der Produktion des gesamten Fahrzeugs, der Rohstoffgewinnung und des Rohstoffverbrauchs, der Erzeugung und des Transports des für den Antrieb notwendigen Energieträgers sowie die Nachhaltigkeit der Nutzungsdauer eines jeden Fahrzeugs zu berücksichtigen. Nur so kann eine faire und tatsächlich vergleichbare Bewertung aller genutzter Fahrzeuge stattfinden.
DEUVET: Oldtimer haben an der Gesamtfahrleistung von Personenkraftwagen einen Anteil von 0,14 %. Sind unter diesem Aspekt Fahrverbote für Oldtimer in Umweltzonen etc. überhaupt verhältnismäßig anwendbar?
Rainer: Grundsätzlich gelten gesetzliche Regelungen für alle und müssen entsprechend angewendet werden. Wie bereits zu Frage 3 ausgeführt, gelten für historische Fahrzeuge mit H-Kennzeichen bereits Ausnahmeregelungen. Das soll auch so bleiben.
Gegründet als "Arbeitsgemeinschaft der deutschen Veteranen- und Markenclubs e.V." im Jahre 1976 auf der VETERAMA in Mannheim. Für die Deutsche Veteranenfahrzeuggemeinschaft wurde das Kürzel DEUVET gewählt und als Bundesverband Oldtimer-Youngtimer e.V. beim Deutschen Bundestag in Berlin akkreditiert. Durch permanente Arbeit hat der DEUVET die gesetzlichen Regeln für Oldtimer-Fahrzeuge und 1997 auch das H-Kennzeichen mitbestimmt.
Nach Beginn der Arbeit des Parlamentskreis Automobiles Kulturgut in Berlin im Jahr 2009 ist der DEUVET regelmäßiger Teilnehmer und ein wesentlicher Partner für Projekte und Umsetzung der aktuellen Aufgaben. Mit Gründung der Historic Vehicle Group am EU Parlament in Brüssel ist der DEUVET dort ebenfalls für die Interessen der Oldtimerfahrer tätig.
Die Geschichte des DEUVET und der deutschen Oldtimer-Szene wurde 2017 in einem Buch veröffentlicht. Titel: "Jetzt fahr‘ erst mal…". Der DEUVET gilt als die einzige demokratisch gewählte Interessen-Vertretung in Bund, Ländern und der EU. Er ist kompetenter Gesprächspartner für Politik, Wirtschaft und vielen Fachkreisen u.a. für Versicherungen, Oldtimer-Veranstaltungen sowie juristischen Fragen zum historischen Fahrzeug.
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