„Die bereits in der vorherigen IVD-Erhebung im Herbst 2020 einsetzenden zum Teil massiven Preisrückgänge auf dem bayerischen Retail-Markt setzten sich auch im Frühjahr 2021 fort“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungs-instituts. „Die ehemals sehr hohen Mietpreise in den Münchner Top-Lagen können aufgrund der deutlich gedämpften Nachfrage bei weitem nicht mehr erzielt werden – in Geschäftskernlagen sanken die durchschnittlichen Ladenmieten in der Landeshauptstadt im letzten halben Jahr teilweise um rund -20 %.“
Entwicklungen am Retail-Markt
Wiesen die Ladenmieten im Bayern-Durchschnitt im Herbst 2020 zu großen Teilen nur leichte Ausschläge nach oben bzw. unten auf, so konnte im Frühjahr 2021 fast durchgängig ein deutlicher Preisverfall beobachtet werden. Im Geschäftskern ging das Preisniveau gegenüber Herbst 2020, unabhängig von der Ladengröße, sowohl in 1a- als auch in 1b-Lagen spürbar zurück – das Minus lag zwischen 3,4 % für kleinere Ladeneinheiten (60 m²) in 1a-Lagen und 4,3 % für größere Läden (150 m²) in 1a-Lagen. Im Nebenkern verliefen die Preisrückgänge etwas gedämpfter
Der Retail-Markt in der bayerischen Landeshauptstadt München litt bereits im Herbst 2020 unter einem massiven Preisverfall über alle Segmente hinweg. Im Frühjahr 2021 zog dieser teilweise noch weiter an. Besonders betroffen sind die Geschäftskernlagen, die sich vor Corona trotz eines Preisniveaus in schwindelerregender Höhe einer sehr hohen Nachfrage erfreuten. Viele internationale Labels errichteten in der Vergangenheit in der Münchner Innenstadt große Flagship-Stores bzw. unternahmen hier ihren Eintritt in den stationären deutschen Markt, häufig wurden für Läden Wartelisten geführt. Gegenüber Herbst 2020 sanken die durchschnittlichen Ladenmieten im begehrten 1a-Geschäftskern um -18,9 % für kleinere Läden (80 m²) bzw. -20,7 % für größere Läden (200 m²), im 1b-Geschäftskern lagen die Rückgänge für die jeweiligen Ladengrößen bei -18,8 % bzw. -20,4 %. Etwas gedämpfter, aber mit einem Minus zwischen 3,9 % und 9,1 % ebenfalls deutlich, fiel der Preisverfall im Nebenkern aus. Lediglich in Stadtrandlagen blieben die Ladenmieten im Untersuchungszeitraum Herbst 2020 – Frühjahr 2021 konstant; hier ist das Mietpreisniveau zum einen deutlich günstiger, zum anderen profitierten diese Lagen davon, dass Arbeitnehmer im Homeoffice weniger im Stadtzentrum, sondern vielmehr im Nahbereich ihrer Wohnung einkaufen, soweit diese Kaufkraft nicht ins Internet abwandert.
Auch in den anderen bayerischen Großstädten setzte sich die Abwärtsspirale bei den Ladenmieten fort. Im Durchschnitt der Großstädte kam es zu deutlichen Mietpreisrückgängen, die im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -3,3 % und -6,3 % lagen. In 1a-Lagen stach insbesondere Nürnberg mit einem Rückgang von -14,7 % für kleinere Läden (60 m²) bzw. -14,3 % für größere Läden (150 m²) heraus, in 1b-Lagen verzeichnete Würzburg mit -9,1 % bzw. -10,1 % für die entsprechenden Ladengrößen die deutlichsten Abschläge.
Über Monate andauernde Corona-bedingte Schließungen haben den Einzelhandel sowie Gastronomie und Hotellerie massiv unter Druck gesetzt. Mit Konzepten im Einzelhandel, wie „Click & Meet“ oder „Click & Collect“, bzw. der Öffnung von Außengastronomie bei entsprechenden Inzidenzwerten, kommen die Umsätze nicht annährend an das Vor-Krisen-Niveau heran. Weiterhin liegen die Passantenzahlen in den bayerischen Einkaufsstraßen deutlich unter denen vor der Pandemie. Der stationäre Einzelhandel sieht sich vor allem aufgrund eines stetig wachsenden Online-Handels bei der Rückkehr in den regulären Betrieb unter Druck – viele Konsumenten haben speziell in der Krise die Vorzüge des Online-Shopping vollends für sich entdeckt und werden diese auch nicht ohne entsprechenden Anreiz wieder reduzieren. Hier ist der stationäre Handel mit innovativen Konzepten gefragt.
„Der Blick darf durchaus auch wieder nach vorne gerichtet werden, dennoch bleibt es spannend, wie sich die innerstädtischen Einkaufsmeilen nach der Krise präsentieren werden“, so Prof. Stephan Kippes. „Betriebsaufgaben sowie auch das Ausdünnen zahlreicher Filialnetze in Folge einer noch stärkeren Fokussierung auf das Online-Geschäft haben bereits jetzt eine große Schneise in die Handels- und Gastronomie-Landschaft geschlagen.“
Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt
In den vergangenen 10 Jahren wuchsen die Büromieten im Bayern-Durchschnitt um +30 % (guter Nutzungswert) an, was den durchaus hohen Bedarf in diesem Marktsegment widerspiegelt. Stieg das durchschnittliche Preisniveau im Halbjahresvergleich bis Herbst 2020 nochmals spürbar um +2,7 %, so war in der aktuellen Betrachtung bis Frühjahr 2021 ein marginaler Preisrückgang um -0,4 % zu beobachten.
In der Landeshauptstadt München bewegt sich der Büroimmobilienmarkt weiterhin seitwärts, wie bereits im Herbst 2020 blieb nun auch im Frühjahr 2021 das Preisniveau über sämtliche Lagen hinweg konstant. Letztmalig konnten im Erhebungszeitraum Herbst 2019 – Frühjahr 2020 zum Teil deutliche Preisanstiege beobachtet werden. Trotz der zweifelsohne gedämpften Nachfrage nach Büroflächen zählt die bayerische Landeshauptstadt auch im internationalen Vergleich weiterhin zu den Top-Adressen, wie bspw. die beträchtlichen Investitionen, die Apple und Google am Standort München tätigen, eindrucksvoll verdeutlichen.
Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte wiesen die Büromieten (guter Nutzungswert) in der Betrachtung Herbst 2020 – Frühjahr 2021 nur einen marginalen Abschlag von -0,1 % auf. Die Entwicklung in den einzelnen Städten verlief im Halbjahresvergleich durchaus gegenläufig und liegt zwischen -2,4 % in Ingolstadt und +2,1 % in Würzburg. Unter anderem neu entstandene, höherpreisige Büroflächen trieben das ohnehin relativ hohe Preisniveau in Würzburg in der jüngeren Vergangenheit weiter an. Bei älteren Büroflächen findet teilweise eine Umnutzung in Wohnraum statt.
„Am Büroimmobilienmarkt ist, v.a. aufgrund der ungewissen Entwicklung des Büroflächenverbrauchs nach der Krise, seit einiger Zeit ein gewisses Abwarten zu beobachten“, beschreibt Prof. Stephan Kippes die derzeitige Situation. „Wird Homeoffice mit Sicherheit auch in der Nach-Corona-Zeit eine bedeutende Rolle im Arbeitsalltag spielen, so ist derzeit noch ungewiss, in welchem Umfang dies dann sein wird.“
Gerade zu Beginn der Pandemie schätzten viele Arbeitnehmer die im Rahmen der Heimarbeit gewonnene Flexibilität, mit zunehmender Dauer stehen dem teilweise auch eine gewisse Frustration aufgrund der wahrgenommenen Isolation in den eigenen vier Wänden sowie das fehlende Arbeiten im Team gegenüber – eine Entwicklung, die auch Arbeitgeber bei zukünftigen Arbeitsmodellen berücksichtigen müssen. Anstelle dauerhaften mobilen Arbeitens könnte die Nutzung lokaler flexibler Büroräume als Mittelweg zwischen regelmäßiger Anreise zu einem Büro-Zentrum und Homeoffice künftig an Relevanz gewinnen.
Entwicklungen im Rendite-Investment-Bereich in München
Die bayerische Landeshauptstadt München steht bei Investoren erfahrungsgemäß hoch im Kurs. Derzeit beobachten Anleger die Situation sehr genau, um mögliche Chancen, die sich aus pandemiebedingten Verwerfungen am Markt ergeben, kurzfristig nutzen zu können. Die Renditeobjekte in München wiesen im Halbjahresvergleich Herbst 2020 – Frühjahr 2021 konstante bis moderat steigende Multiplikatoren auf.
Wie bereits im Herbst 2020 stachen auch im Frühjahr 2021 Logistikimmobilien mit einem Anstieg von +5,9 % unter den Anlageobjekten hervor. Der Bedarf an Logistikimmobilien ist vor allem mit der Corona-Krise schlagartig gewachsen, das Angebot an entsprechenden Flächen ist weiterhin knapp. Für Investoren wird die Asset-Klasse der Logistikimmobilien zunehmend interessanter, da sich diese gegen-über Hotels, Büros und Läden in der Pandemie als besonders robust erwies.
Unter den restlichen Renditeobjekten wiesen Mietwohnhäuser sowohl mit Baujahr vor als auch nach 1950 sowie Büroobjekte (City A) moderate Zuwächse auf, die Multiplikatoren stiegen zwischen +1,2 % und +2,5 %. Die Multiplikatoren für City-objekte/Handelsimmobilien in 1a- und 1b-Lagen sowie Büroobjekte (City B) blieben in der Betrachtung Herbst 2020 – Frühjahr 2021 konstant.
Das durchschnittliche Preisniveau für Bürogrundstücke/Grundstücke für gewerbliche Nutzung in München stieg im Frühjahr 2021 um +2,1 % gegenüber Herbst 2020.
Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Markt-forschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:
- Trotz Corona – deutlich mehr Gewerbeanmeldungen als -abmeldungen: Insgesamt konnten im Jahr 2020 bayernweit 118.517 Gewerbeanmeldungen registriert werden – so viele, wie seit 2015 nicht mehr. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr beträgt +4,3 %. Der positive Trend setzte sich im ersten Quartal 2021 mit 36.410 Gewerbeanmeldungen fort (+13,7 % gegenüber dem Vorjahresquartal). Trotz der wirtschaftlich angespannten Lage wurde 2020 mit insgesamt 94.351 Gewerbeabmeldungen bayernweit der niedrigste Wert im 20-Jahresvergleich verzeichnet (-6,0 % gegenüber 2019). Auch hier zog sich die positive Entwicklung ins neue Jahr: im ersten Quartal 2021 wurden 25.517 Gewerbeabmeldungen erfasst (-5,4 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal).
- Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude bleiben konstant: Die Zahl der zum Bau freigegebenen Büro- und Verwaltungsgebäude blieb im Vergleich zum Vorjahr relativ konstant. Insgesamt wurden 2020 bayernweit 401 Baugenehmigungen erteilt.
- Baugenehmigungen für Handels- und Lagergebäude im Plus: Ein merkliches Plus von 4,4 % gegenüber 2019 konnte bei der Zahl der genehmigten Handels- und Lagergebäude verzeichnet werden. Insgesamt wurden 2020 bayernweit 2.007 Baugenehmigungen erteilt.
- Kaum Erholung am Arbeitsmarkt: Im April 2021 wurden bayernweit rd. 282.000 Erwerbslose registriert. Im Vergleich zum April 2020, als die Corona-Krise sich erstmals markant am Arbeitsmarkt bemerkbar machte, bedeutet dies ein Plus von 3,8 %. Die Arbeitslosenquote (AQ) lag im April 2021 bei 3,7 % (AQ im Zeitverlauf: Oktober 2019: 2,7 %; April 2020: 3,6 %; Oktober: 2020: 3,7 %). Eine spürbare Erholung gab es zumindest bei den Kurzarbeiterzahlen: Eine aktuelle Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit geht bayernweit von rd. 590.000 Kurzarbeitern im Januar 2021 aus, im April 2020 waren rd. 1,1 Mio. Menschen im Freistaat in Kurzarbeit.
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