„Nachdem der EMI mit Höchstständen auf eine große weltwirtschaftliche Nachfrage hingedeutet hat, wird jetzt klar, dass damit auch negative Begleiterscheinungen einhergehen“ kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Mittwoch auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Die expansiven geld- und fiskalpolitischen Programme in der Welt überschlagen sich: zuerst China, dann USA und bald werde auch Europa wieder boomen. „Damit werden die Lieferzeiten länger und die Preise steigen. Das war vorhersehbar. So schnell wird sich das nicht ändern. Denn die expansiven Programme werden noch recht lange laufen. Die Inflation wird dauerhaft höher werden“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Die Weltwirtschaft läuft weiterhin auf hohen Touren. Deutsche Unternehmen berichten von sehr guten Geschäften insbesondere mit China und den USA“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Mittwoch dem BME. Immer mehr spiegelten sich die Engpässe beim Bezug von Vorprodukten und bei den Transportkapazitäten wider, die auch in der kurzen Frist die Produktion bremsen werden. Dies allerdings sollte die Erholung zeitlich auch noch weit in das nächste Jahr, wenn nicht sogar noch nach 2023 ziehen.“
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise teilte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Mittwoch dem BME mit: „Der Anstieg der Rohstoffpreise hat sich auch im Mai weiter fortgesetzt. Die Rohölmärkte tendierten vor der OPEC-Konferenz deutlich fester. Der Palästina-Konflikt und die generell angespannte Lage im Nahen Osten trugen ebenfalls zu festeren Preisen bei. Die Spotmarktnotierungen für Eisenerz erreichten am 10. Mai mit knapp 239 US-Dollar je Tonne ihren vorläufigen Höhepunkt, um bis zum Monatsende wieder auf 190 US-Dollar zurückzufallen. Trotzdem bleibt der Druck auf die Walzstahlpreise weiter bestehen, da der Markt immer noch nicht ausbalanciert ist. Dies dürfte erst im Verlauf der zweiten Jahreshälfte der Fall sein. Eine nachhaltige Preiskorrektur auf den Stahlmärkten sehen wird erst im nächsten Jahr.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Produktion: Im Mai registrierte erneut ein hoher Anteil (33 Prozent) der Umfrageteilnehmer Zuwächse in der Produktion, was meist dem wachsenden Auftragseingang zugeschrieben wurde. Der saisonbereinigte Teilindex gab allerdings gegenüber April und dem Rekordhoch vom März weiter nach. Immer mehr Unternehmen berichten, dass die zunehmenden Lieferengpässe zu Unterbrechungen oder sogar Produktionsstopps führen.
Auftragseingang: Die Nachfrage im In- und Ausland war auch im Mai hoch. Dennoch schwächte sich die Wachstumsrate der Neuaufträge im Vergleich zum Rekordhoch vom März weiter ab, wofür vor allem die rückläufigen Trends im Vorleistungs- und Investitionsgüterbereich verantwortlich sind. Einige Umfrageteilnehmer gaben zudem an, dass sich Produktionsausfälle bei Kunden – oft im Automobilsektor – negativ auf den Auftragseingang auswirkten.
Auftragseingang Export: Die Zuwächse im Export blieben auf hohem Niveau, schwächten sich jedoch auf ein 3-Monatstief ab. Viele Hersteller verbuchten mehr Aufträge aus den USA und Europa, während sich bei China ein uneinheitliches Bild zeigte. Erstmals seit mehr als einem Jahr verzeichnete der Konsumgüterbereich hier das größte Plus, da infolge erster Lockerungen die Nachfrage sprunghaft angestiegen war.
Geschäftserwartungen: Der Geschäftsausblick fiel auch im Mai sehr optimistisch aus und blieb gegenüber dem Allzeithoch vom April (seit Juli 2012) nahezu unverändert. Rund 46 Prozent der befragten Einkaufsmanager zeigten sich zuversichtlich, dass sich die Nachfrage weiter erholen werde, sobald die Pandemie abklingt und die Lieferketten wieder reibungslos funktionieren. Der Grad an Optimismus war dabei in allen drei Teilbereichen der Industrie auf historisch hohem Niveau.
Beschäftigung: Das Beschäftigungswachstum beschleunigte sich abermals und fiel so kräftig aus wie seit Februar 2018 nicht mehr. Ausschlaggebend für die Einstellung weiterer Mitarbeiter war meist die anziehende Nachfrage und erwartete Zuwächse in den nächsten Monaten. Allerdings fiel die Zahl der Firmen, die ein Stellenplus verbuchten, verglichen mit denen, die mehr Neuaufträge verzeichneten, nur etwa halb so hoch aus, da in vielen Fällen Kosteneinsparungen die Einstellungsaktivität einschränkten.
Einkaufspreise: Auch im Mai setzte sich der massive Anstieg der Einkaufspreise fort. Der entsprechende Teilindex schnellte in ungeahnte Höhen und ließ den bisherigen Rekordwert vom Februar 2011 deutlich hinter sich. Fast 90 Prozent der Umfrageteilnehmer meldeten eine Verteuerung gegenüber weniger als ein Prozent, die einen Rückgang verbuchten. Aluminium, Kunststoffe, Stahl und Holz wurden am häufigsten als teurer gemeldet. Höhere Transportkosten wirkten sich ebenfalls preistreibend aus, wie einige Befragte angaben.
Verkaufspreise: Entsprechend dem Trend bei den Kosten zog auch die Inflationsrate der Verkaufspreise merklich an. Der Anteil der Umfrageteilnehmer, die ihre Preise anhoben, stieg vom Rekord im April (36 Prozent) auf ein neues Allzeithoch von 42 Prozent. In allen drei Teilbereichen der Industrie wurden beispiellose Zuwächse verzeichnet, wobei das Plus bei den Herstellern von Vorleistungsgütern besonders kräftig ausfiel.
Über den EMI: Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe – errechnet aus den Teilindizes für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).
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