Deutscher Pflegerat fordert 7-Punkte-Programm für ausländische Betreuungskräfte

Das Bundesarbeitsgericht hat am 24. Juni 2021 entschieden, dass ausländische Betreuungskräfte, die nach Deutschland entsandt werden und in Privathaushalten arbeiten, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben und die Bereitschaftszeiten zu bezahlen sind. Hierzu erklärt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats e.V. (DPR):

„Der Deutsche Pflegerat begrüßt das wegweisende Urteil. Es wird erhebliche praktische Auswirkungen auf die pflegerische Versorgung und deren Finanzierung haben.

Das Urteil macht deutlich, dass die Politik sich über Jahrzehnte der Thematik verschlossen hat. Dabei hat sie zugesehen, wie sich ein exorbitanter Schwarzmarkt in der Pflege entwickelt hat. Die geschätzte Zahl dieses „grauen Pflegemarkts“, in denen Pflegebedürftige in der Regel von osteuropäischen Frauen zu Hause unterstützt werden, liegt bei bis zu 500.000 Haushalten. Tatsache ist dabei, dass auch pflegerische Leistungen abgerufen werden. Diese dürfen in den betreffenden Settings an sich nicht erbracht werden, zudem sind sie nicht qualitätsgesichert.

Dabei treffen mehrere Notlagen aufeinander. Erstens können in Deutschland die meisten Familien die professionell erbrachte Pflege ihrer Angehörigen, die dauerhaft zuhause versorgt werden sollen, nicht bezahlen. Jedoch benötigen sie zweitens dennoch pflegerische Leistungen und Hilfen bei der Betreuung. Drittens suchen viele osteuropäische Frauen dringend Arbeit. Viertens suchen die meisten ambulanten Pflegedienste dringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Kontrollen hinsichtlich der Qualität der geleisteten Arbeit, Arbeitsschutzstandards und Entlohnung sind in dem betreffenden Setting kaum möglich. Die grenzüberschreitende Situation bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich. Häufig wird den Beschäftigten vermittelt, dass das deutsche Arbeitszeitgesetz nicht gelte. Fakt ist, in der Schwarzarbeit in der Pflege gibt es keine guten und fairen Arbeitsbedingungen.

Im Ergebnis führt das Urteil zwangsläufig dazu, die ambulant erbrachten Pflegeleistungen über Steuerzuschüsse zu stützen oder die Pflegebedürftigen und ihre Angehörige finanziell stärker zur Kasse zu bitten.

Alle Beteiligten müssen diese Dilemmata anerkennen. Dies ist die wichtigste Voraussetzung, um Lösungen zu finden. Der Deutsche Pflegerat schlägt vor diesem Hintergrund ein 7-Punkte-Programm vor:

1. Legalisierung der transnationalen Betreuungskräfte, Auflösung des „grauen Pflegemarkts“. Erarbeitung von Konzepten, wie man mit den bestehenden Strukturen Anspruchshaltungen und Versorgungssicherheit bei Einbindung der Kommunen gewährleisten kann.

2. Einbindung der osteuropäischen Betreuungskräfte im Rahmen eines Konjunkturpakets in den legalen Arbeitsmarkt.

3. Bezahlung von tarifgerechten, sozialversicherungspflichtigen Löhnen, die angemessene Beschäftigungsbedingungen erlauben.

4. Ausbau der Pflegeversicherung durch Steuermittel im Rahmen der Erhöhung der Sachleistungsbudgets im ambulanten Bereich. Finanzielle Absicherung der Bedürftigen durch Sozialhilfeträger. Die Kosten dürfen nicht bei den Betroffenen bleiben.

5. Einheitliche Umsetzung einer bundesweiten zweijährigen Pflegeassistenzausbildung, um Qualitätsstandards in der Pflege und Betreuung zu sichern.

6. Klare und eindeutige Abgrenzung zwischen Pflege und Betreuung in dem betreffenden Setting. Kompetenzorientierter Einsatz von Pflegeassistenten und Pflegefachpersonen in der ambulanten Pflege.

7.  Einführung von „Marktwächtern“ bei den Verbraucherzentralen sowie Ausbau von Beratungsstellen für 24 Stunden-Pflege.

Die Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Von daher stehen auch der Staat und die Kommunen mit in der Pflicht, sachgerechte Lösungen zu finden. Gerne bieten sich die Verbände des Deutschen Pflegerats mit ihrer jeweiligen Expertise zur Mitarbeit an.“

Über Deutscher Pflegerat e.V. – DPR

Der Deutsche Pflegerat e.V. wurde 1998 gegründet, um die Positionen der Pflegeorganisationen einheitlich darzustellen und deren politische Arbeit zu koordinieren. Darüber hinaus fördert der Zusammenschluss aus 16 Verbänden die berufliche Selbstverwaltung. Als Bundesarbeitsgemeinschaft des Pflege- und Hebammenwesens und Partner der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen vertritt der Deutsche Pflegerat heute die insgesamt 1,2 Millionen Beschäftigten der Pflege. Über die berufliche Interessensvertretung hinaus ist der Einsatz für eine nachhaltige, qualitätsorientierte Versorgung der Bevölkerung oberstes Anliegen des Deutschen Pflegerats.

Präsidentin des Deutschen Pflegerats ist Christine Vogler. Vize-Präsidentinnen sind Irene Maier und Annemarie Fajardo.

Mitgliedsverbände:

Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen e.V. (ADS); AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen e.V. (AVG); Bundesverband Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe e.V. (BLGS); Bundesverband Geriatrie e.V. (BVG); Bundesverband Pflegemanagement e.V.; Deutscher Hebammenverband e.V. (DHV); Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. (BeKD); Bundesfachvereinigung Leitender Krankenpflegepersonen der Psychiatrie e.V. (BFLK); Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK); Deutsche Gesellschaft für Endoskopiefachberufe e.V. (DEGEA); Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF); Deutscher Pflegeverband e.V. (DPV); Katholischer Pflegeverband e.V.; Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e.V. (VdS); Verband für Anthroposophische Pflege e.V. (VfAP) und Verband der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätsklinika e.V. Deutschland (VPU).

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