Verlorenes Potenzial: Rund 400 Millionen Kinder können nicht richtig lesen und schreiben

  • ONE, GPE und Save The Children veröffentlichen “Lost Potential Tracker"
  • Organisationen fordern mehr Investitionen in globale Bildung

Die Entwicklungsorganisation ONE, die Globale Bildungspartnerschaft GPE (Global Partnership for Education) und Save the Children veröffentlichen heute ein interaktives Analysetool auf Deutsch, den sogenannten “Lost Potential Tracker”. Dieser zeigt auf, dass es seit 2015 – dem Jahr, in dem die UN-Nachhaltigkeitsziele beschlossen wurden – weltweit rund 400 Millionen Kinder bis zum zehnten Lebensjahr nicht geschafft haben, grundlegende Lese- und Schreibfähigkeiten zu erlangen. Um hier gegenzusteuern, fordern ONE und Save the Children die Bundesregierung auf, die GPE in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt 550 Millionen Euro zu unterstützen.

Mit dem Lost Potential Tracker wird zum ersten Mal in Echtzeit dargestellt, wie viele zehnjährige Kinder nicht in der Lage sind, einen einfachen Satz zu lesen und zu verstehen. Der Tracker erzählt  zudem Geschichten von betroffenen Kindern und ermöglicht es Besucher*innen der Seite, in die Schuhe von politischen Entscheidungsträger*innen zu schlüpfen. Außerdem werden auf der Seite die Erfolge einer effektiven Bildungsfinanzierung dargestellt.

Erst kürzlich hat die Bundesregierung im Rahmen der SHE-Initiative 100 Millionen Euro für den Girls’ Accelerator der GPE zugesagt. Dazu sagt Sabine Terlecki, stellvertretende Leiterin des Teams Regierungsbeziehungen der GPE: „Damit zeigt die Bundesregierung Führungsstärke und investiert in die weltweite Förderung von Mädchenbildung. Das ist ein sehr ermutigender Schritt in die richtige Richtung”.

Entscheidend sei es, jetzt nicht nachzulassen, fordern Karoline Lerche, Interims-Direktorin von ONE Deutschland und Susanna Krüger, Vorstandsvorsitzende von Save the Children: „Welche Gesellschaft kann es sich leisten, dass Kinder nicht zur Schule gehen? 100 Millionen Euro sind ein guter Anfang, aber reichen nicht aus. Die Covid-19-Pandemie hat die Situation wieder verschärft, denn während der Lockdowns haben viele Kinder die Schule für immer abgebrochen. Der Lost Potential Tracker zeigt: Regierungen weltweit versagen dabei, der Bildung von Kindern Priorität einzuräumen. Das ist schockierend. Wir werden nicht nur unser Bildungsversprechen bis 2030 verpassen, sondern laufen auch Gefahr, die nächste Generation von Ärzt*innen, Lehrer*innen und Führungskräften zu verlieren. Das verlorene Potenzial unserer Kinder wird verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Wirtschaft und das Wohlbefinden der Menschen in allen Ländern haben. Unsere Welt hängt von besserer Bildung ab.”

Seit ihrer Gründung im Jahr 2002 verfolgt die GPE das Ziel, Bildungssysteme in den ärmsten Ländern zu verbessern. Sie will insbesondere Kindern, die am stärksten von Armut und Konflikten betroffen sind, Zugang zu hochwertiger Bildung ermöglichen. Bei ihrer Finanzierungskonferenz am 28.- 29. Juli benötigt die GPE mindestens fünf Milliarden US-Dollar. Deutschland muss in den nächsten fünf Jahren mindestens 550 Millionen Euro bereitstellen. Mit Investitionen in dieser Höhe können bis 2025 7,1 Millionen Kinder durch ausgebildete Lehrkräfte erreicht werden, 1,2 Millionen Mädchen mehr als zuvor die Schule besuchen und 287.000 Lehrkräfte neu ausgebildet werden.

Informationen für Journalist*innen:

  • Der Lost Potential Tracker bezieht seine Informationen von offiziellen Weltbank- und UNESCO-Zahlen zu “Lernarmut” sowie den UN-Bevölkerungsdaten aller 10-Jährigen. 
  • Den Link zum Lost Potential Tracker finden Sie hier: https://lostpotential.one.org/de/
  • Zudem gibt es ein übersichtliches Hintergrundpapier, das Sie hier finden: http://bit.ly/lostpotential

Die wichtigsten Fakten im Überblick:

  • Das zehnte Lebensjahr ist das Alter, in dem Kinder nicht mehr Lesen lernen, sondern “Lesen, um zu lernen”. Können sie bis dahin lesen, erhöht das ihre Chancen signifikant, selbst für ein Einkommen zu sorgen und einen wertvollen Beitrag für ihre Gesellschaft zu leisten.
  • Fast sechs Millionen Kinder werden jeden Monat zehn Jahre alt, ohne richtig lesen und schreiben zu können. Das entspricht der Hälfte aller Schüler*innen in Deutschland.
  • Schon vor der Corona-Pandemie konnten 90 Prozent der Zehnjährigen in Ländern mit niedrigem Einkommen einen einfachen Satz nicht lesen und verstehen. Während der Pandemie hat jedoch ein Drittel aller Kinder weltweit nicht die Möglichkeit, zu Hause den Schulunterricht fortzusetzen. Sie lernen während der Schulschließungen nicht weiter.
  • Nach Ende der Pandemie können 20 Millionen Mädchen im Sekundarschulalter nicht in die Schule zurückkehren.
Über ONE Deutschland

ONE ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilichund machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Mehr Informationen auf www.one.org.

Die Globale Bildungspartnerschaft (Global Partnership for Education, GPE) ist die einzige weltweit tätige multilaterale Initiative, welche die Transformation von Bildungssystemen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Als globale Partnerschaftund als Fonds will die GPE Kindern in einkommensschwachen Ländern zu einer qualitativ hochwertigen und inklusiven Bildung verhelfen, damit sie ihr Potenzial entfalten und zum Aufbau einer besseren Welt beitragen können.

Save the Children wurde im Nachkriegsjahr 1919 von der britischen Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb gegründet, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängigeKinderrechtsorganisation der Welt in 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei undselbstbestimmt aufwachsen und lernen können – seit über 100 Jahren.

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