Beim Process Mining werten Unternehmen die Log-Dateien derjenigen betrieblichen Anwendungen aus, die an einem Geschäftsprozess beteiligt sind. Das so erstellte Prozessmodell dient dabei nicht nur der Dokumentation. Eine fachkundige Analyse der Ist-Abläufe enthüllt auch jede Menge Verbesserungspotenzial. Der Weg dorthin präsentiert sich allerdings mit einigen Hürden:
Daten verfügbar und vergleichbar machen
Wer mit dem Process Mining beginnt, muss zunächst sicherstellen, dass Log-Dateien zugänglich sind und immer einwandfrei ausgegeben werden. Außerdem müssen alle erforderlichen Felder Daten enthalten. Hinzu kommt: Zeitangaben in Minuten und Stunden, Temperaturwerte in Grad Celsius und Fahrenheit, Bestellprozesse in Euro, US- und australischen Dollar machen eine direkte Verarbeitung schwierig und fehleranfällig. Vor einer Auswertung steht also meist eine Harmonisierung der Daten an.
Lückenlose Digitalisierung
Process Mining deckt mögliche Schwachstellen und Engpässe auf. Damit dies gelingt, braucht es durchgängige Daten. Das bedeutet: Die zu analysierenden Prozesse dürfen keine manuellen Arbeitsschritte enthalten. Wenn Mitarbeiter ein Halbfertigprodukt von einer Arbeitsstation zur nächsten transportieren, lässt sich dies nicht ohne Weiteres durch Software analysieren. Die Prozesse sollten außerdem möglichst ganzheitlich angegangen werden. Denn: Beschleunigung an einer Stelle kann andernorts zu einem Rückstau bis hin zur Überforderung führen – mit dem Risiko, dass der Gesamtprozess sogar langsamer läuft als zuvor. Dies kann in der Intralogistik durch die Beschleunigung eines Produktionsschrittes ebenso passieren wie durch die Digitalisierung der Poststelle, wenn die nachgeordneten Stellen Eingangsrechnungen immer noch manuell freigeben müssen.
Qualität der Auswertungen sicherstellen
Wer versehentlich nur einen Teil der Daten betrachtet, läuft Gefahr, falsche Rückschlüsse zu ziehen. Werden zum Beispiel für Bestellprozesse im E-Commerce nur jüngere User der Jahrgänge 1990 und später untersucht, sieht das Ergebnis eventuell ganz anders aus als bei über 65-Jährigen. Um richtige Entscheidungen zu treffen, ist die Auswahl und die Menge der zu analysierenden Daten daher entscheidend.
Mitarbeiter und Betriebsrat einbinden
Die Ergebnisse aus dem Process Mining können auch die Leistung einzelner Mitarbeiter sichtbar machen. Das ist nicht immer gewünscht. Um dies zu verhindern, lassen sich Daten beispielsweise pseudonymisieren. Eine sinnvolle Bewertung erfordert sowieso einen weiteren Blickwinkel. Denn technische Metriken sagen noch lange nichts über die echte Performance aus. Wenn Mitarbeiter A für eine Aufgabe länger benötigt als Mitarbeiter B, kann das ganz unterschiedliche Gründe haben – zum Beispiel, weil er Kollegen regelmäßig zur Hand geht. Die zentrale Frage des Process Mining lautet daher nicht „Wer macht Fehler?“, sondern „Warum macht jemand Fehler?“. Das wissen die Mitarbeiter in der Regel am besten. Konstruktive Lösungen lassen sich daher am schnellsten gemeinsam mit den Arbeitnehmern und dem Betriebsrat finden.
Vorsicht vor Perfektionismus
Ebenfalls sollten Unternehmen bedenken, dass ein Prozess niemals perfekt sein wird. Mit einer gesunden Portion Pragmatismus lassen sich bereits die wesentlichen Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf erfüllen. Wer dagegen versucht, auch die kleinste Ausnahme abzubilden, verschwendet viel Geld und Zeit ohne wesentlichen Mehrwert. Augenmaß ist auch bei der Wahl der KPIs hilfreich. Meist reicht eine gute Handvoll an Messgrößen, um die eigene Effizienz nachzuverfolgen.
Auf Kontinuität setzen
Unternehmensumfeld und Kundenanforderungen sind heute dynamischer denn je. Das fordert viel Flexibilität – auch in den Prozessen. Es lohnt sich, einen Ablauf in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und nachzujustieren. Ein einmaliges Process Mining ist daher nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer langfristigen Effizienzsteigerung.
Im Gegensatz zur herkömmlichen Modellierung von Arbeitsschritten hilft Process Mining, verborgenes und implizites Prozesswissen aufzudecken und greifbar zu machen. So lassen sich nicht nur bestehende, bekannte Abläufe überprüfen, bewerten und verbessern. Richtig aufgesetzt, kommen auch unbekannte Prozesse ans Licht. Ein wesentlicher Schritt, um die Effizienz nachhaltig zu steigern.
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