Heute findet im Bundestag eine Anhörung zur Reform des Stiftungsprivatrechts statt. Im Zuge dessen fällt die Aufmerksamkeit auf eine Initiative, die die Einführung einer „GmbH mit gebundenem Vermögen“ (GmbH-gebV) als alternative Rechtsform zu Stiftungskonstruktionen fordert, die für viele Fälle als zu aufwändig, unflexibel und teuer angesehen werden. Die vorgeschlagene Rechtsform (ehemals: „Gesellschaft in Verantwortungseigentum") zielt darauf ab, dass die Gesellschafter keinen Zugriff auf die Unternehmensgewinne haben, damit diese dem Unternehmen für die dauerhafte Finanzierung zur Verfügung stehen. Zudem sollen Firmengründer dadurch sicherstellen können, dass sich die Betriebe in ihrem Sinne dauerhaft fortführen lassen, Gewinne im Betrieb verbleiben und sich mögliche Nachfolger ausschließlich an den Firmenzielen orientieren. Dies soll über die Trennung von Stimmrechten und Vermögen gewährleistet werden.
Die „GmbH mit gebundenem Vermögen“ ist Eilfort zufolge ein vermeintlicher Rosinenimport aus dem Nachbarland Dänemark, stellt dort aber eine Reaktion auf völlig andere Strukturen und Bedingungen dar und unterliegt zudem einer Aufsicht: „In Deutschland würde sie das Unternehmens- und Steuerrecht weiter komplizieren und passte eher zur Produktpalette des Dänischen Bettenlagers: Durchaus bequem, gefühlt womöglich gut passend, aber tendenziell zum Schlaf verleitend.“ Die „GmbH mit gebundenem Vermögen stellt in der vorgeschlagenen Form keine tragfähige Alternative dar, da sie zum einen Unternehmertum und Eigentum beschädigen kann und zum anderen die Versprechen, die sie macht, nicht einlöst. Es wäre ein falsches politisches Signal, durch die Einführung des Begriffs eines Unternehmens im Verantwortungseigentum herkömmliches Unternehmertum mit gesundem Gewinnstreben, Eigenverantwortung und Haftung herabzusetzen und negativ zu konnotieren. Zumal bereits jetzt viele Unternehmen Ausschüttungen beschränken, damit genug Gewinn für Investitionen im Unternehmen verbleibt. Abgesehen davon sind Gewinnausschüttungen alles andere als verantwortungslos. Die neue Begrifflichkeit des gebundenen Vermögens räumt diese Bedenken nicht aus, da mit der Einführung der neuen Rechtsform weiterhin subtil zwischen „gutem und verantwortungsvollem“ Unternehmertum und herkömmlichem Unternehmertum unterschieden wird. Es bleibt der unterschwellige Eindruck, dass herkömmliches Unternehmertum weder nachhaltig noch verantwortungsbewusst sei. In Zeiten von Corona und nachdem viele Unternehmer mit großem Einsatz und privatem Kapital dazu beigetragen haben, Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten, ist dies völlig verfehlt. Unternehmertum ist in Deutschland ohnehin von Ansehensverlusten bedroht. Unternehmerischem Handeln sowie wirtschaftlichem Erfolg wird vielerorts zunehmend mit Misstrauen begegnet, obwohl hier die Grundlage auch für zukünftigen Wohlstand gelegt wird.
Die unumkehrbare Festschreibung der Rechtsform des Unternehmens auf Ewigkeit kann unerwünschte langfristige Effekte haben, wenn Unternehmensgewinne für immer im Unternehmen verbleiben müssen bzw. nur Mitarbeitern zugutekommen können und eine breite, gesellschaftliche Beteiligung am unternehmerischen Erfolg über Kapitalmärkte auf Dauer ausgeschlossen ist. Damit werden politische Bestrebungen, Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und die hiesige Aktienkultur zu stärken sowie eine möglichst breite Beteiligung an Produktivkapital und Kapitaleinkommen in der Bevölkerung zu erreichen, unterminiert. Wenn Unternehmen wie Google, Amazon oder Facebook als Verantwortungseigentum entstanden wären, hätten Kleinanleger keinerlei Möglichkeit gehabt, an den hohen Wertzuwächsen und Gewinnen teilzuhaben. Ebenso wäre das Steueraufkommen der Kapitalgewinnbesteuerung der Allgemeinheit verwehrt geblieben. Abgesehen davon zementiert der Vorschlag Besitzstände, da nachfolgende Unternehmenseigner von Vermögenszuwächsen nicht profitieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die GmbH mit gebundenem Vermögen zu einer Stiftung ohne Aufsicht gerät, da sie keiner Kontrolle wie der Stiftungsaufsicht unterliegt.
Zudem eröffnet der Vorschlag einen steuerlichen Gestaltungsspielraum, der missbraucht werden könnte. Nach der Logik des Vorschlags könnten Unternehmensanteile bei Übertragung (Erbschafts- oder Schenkungssteuer) oder für Zwecke einer eventuellen Vermögensteuer niedriger bewertet werden als andere Unternehmensanteile und so Steuern gespart werden. Die dauerhafte Vermögensbindung müsste sichergestellt werden – mit den genannten Nachteilen.
Im Rahmen einer GmbH mit gebundenem Vermögen würden wesentliche Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zumindest teilweise aufgegeben. Das betrifft insbesondere die Koppelung von Eigentum und Verantwortung sowie von Risiko und Haftung, da Unternehmenslenker von Fehlentscheidungen weniger betroffen sind, wenn sie an Ertrags- und Vermögensminderungen nicht partizipieren. Zusätzlich werden für eine marktwirtschaftliche Ordnung existentielle Anreizmechanismen ausgehöhlt, in dem die Erträge und Vermögensvermehrungen dem Zugriff der Gesellschafter entzogen werden. Aufgrund geringerer finanzieller Anreize auf Seiten der Unternehmenslenker, den Unternehmenswert oder die Erträge zu erhöhen, kann es darüber hinaus zu nachlassender Innovationsfähigkeit und geringerer Innovationsneigung kommen. Zwar soll die Anreizsetzung für Unternehmen in einer GmbH mit gebundenem Vermögen über eine attraktive Vergütung der Unternehmer und intrinsische Motivation erfolgen. Unternehmertum zeichnet sich darüber hinaus jedoch auch durch Verantwortung, Identifikation und Risikobereitschaft aus, die unternehmerische Gewinne fördern können. Die Bindung zu und Identifikation mit einem bestimmten Unternehmen, beispielsweise häufig auch durch Mitarbeiterkapitalbeteiligung beabsichtigt, sind schwieriger zu realisieren, wenn zentrale Anreizmechanismen außer Kraft gesetzt werden.
Auch der Eigentumsbegriff als solches würde durch diesen Vorschlag aufgeweicht, da wesentliche Bestandteile des Eigentumsrechts wie die Verwertungsbefugnis und die Fruchtziehung dem Eigentümer dauerhaft und irreversibel entzogen würden. Dies kann das Verständnis und den Schutz von Eigentum langfristig verändern.
Durch die ewige Bestandsgarantie für Unternehmen können Effizienzsteigerungen und Innovationen behindert werden, da diese nicht unbedingt auf eine perpetuierte Selbständigkeit eines Unternehmens zurückzuführen sind, sondern auch durch Übernahmen oder im Rahmen von Umstrukturierungen entstehen können. Nach dem aktuellen Vorschlag könnte ein Unternehmen mit einer nicht mehr zukunftsfähigen Geschäftsgrundlage kaum aufgelöst werden, um damit schnell eine produktivere und zukunftsfähigere Verwendung des bis dato gebundenen Kapitals zu ermöglichen. Stattdessen wäre das gebundene Kapital auf dem sinkenden Schiff „gefangen“ und würde über einen langen Zeitraum kontinuierlich schwinden, wodurch eine Reallokation des Kapitals – aber auch von Arbeitsplätzen – hin zu effizienteren Verwendungszwecken deutlich verlangsamt oder erschwert würde.
Es ist fraglich, ob für die vorgeschlagene Rechtsform tatsächlich Bedarf besteht. Die angegebenen Ziele dürften deutlich besser durch vertragliche Bindungen oder bestehende Rechtsformen abgedeckt werden können wie beispielsweise über vereinfachte Stiftungskonstruktionen oder ähnliches. Das bestehende Recht zu modernisieren ist sinnvoller als das Recht insgesamt durch neue Scheinblüten zu verkomplizieren und zweifelhafte Anreize zu setzen.
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