Wie AM ins Fahren und zum Fliegen kommt

Additive Manufacturing (AM) hat mittlerweile einen festen Platz im Technologieportfolio des Automobilbaus gefunden und kommt über den Sport- und Premiumbereich hinaus zunehmend bei massentauglichen Verkehrsmitteln zum Einsatz. Doch wie gut sind additive Verfahren bereits in Richtung Serienproduktion unterwegs? Antworten auf diese Frage gibt das Forum Automobil & Mobilität zum Rapid.Tech 3D-Fachkongress am 22. Juni 2021. „Für eine erfolgreiche Nutzung von AM darf nicht nur auf die Fahrzeughersteller geschaut werden. Es muss die gesamte Wertschöpfungskette in den Fokus rücken, um Mobilität insgesamt nachhaltiger zu gestalten. Das widerspiegelt sich im Programm des Forums wie des gesamten Kongresses, denn Nachhaltigkeit ist der Leitgedanke der Veranstaltung“, informieren Frank Cremer von 3D Systems und Dr. Bernhard Müller vom Fraunhofer IWU. Beide verantworten die inhaltliche Ausrichtung des Forums.

Den Fachvorträgen vorgeschaltet ist die Eröffnungs-Keynote des Fachkongresses. Hier berichten Ralf Anderhofstadt und Janis Kretz von Daimler Buses zum Stand der Implementierung additiver Fertigung in die Bus-Herstellung der Marken Mercedes-Benz und Setra. Das Forum startet mit der „AM-Umsetzungs-Reise“ des Automobilzulieferers Schaeffler. Carsten Merklein zeigt die Entwicklung der AM-Anwendung im Unternehmen vom ersten Einsatz für Visualisierungsmodelle über Funktionsprototypen und Werkzeuge bis hin zur Vorbereitung einer Serienfertigung auf. Die Möglichkeiten additiver Technologien werden beim Entwicklungsdienstleister EDAG bereits in der Konzeptions- und Konstruktionsphase mitgedacht. Effekte wie Leichtbau, aktive Aerodynamik, Funktionsintegration und ansprechendes Design können sich somit in einem neuartigen Heckflügelsystem vereinen, erläutert Sebastian Flügel. Ausgelegt ist es für eine Kleinserienanwendung.

Wege zu einer wirtschaftlichen Serienfertigung mit AM-Technologien addressieren die Vorträge von BMW, Volkswagen und trinckle 3D. Paul Oswald von BMW thematisiert die Optimierung der Prozesskette bei pulverbasierten additiven Fertigungsverfahren mit Hilfe eines maschinellen Lernmodells. Anwar Shad von VW rückt die Nutzung des Metall-3D-Drucks im Automobilbau in den Vordergrund. Er spricht über mögliche Anwendungsfälle, aber auch über noch auszumerzende Schwachstellen auf dem Weg zu einer kostengünstigen Serienproduktion. Dr. Ole von Seelen von trinckle 3D zeigt auf, wie sein Unternehmen Ford bei der Automatisierung der Konstruktionsprozesses für additiv hergestellte Werkzeuge unterstützt und damit deutliche Zeit- und Kosteneinsparungen erreicht. 

Effizienz und Nachhaltigkeit heißen auch wesentliche Stichworte des Forums Luftfahrt am 22. und 23. Juni. „Die Tugend von AM heute ist es, Bauteile und Produkte individualisiert und meist in kleineren Stückzahlen herzustellen, die mit konventionellen Verfahren technisch oder wirtschaftlich schwierig oder nicht darstellbar sind. Wenn es jedoch in die Serienfertigung geht, dann muss sich jedes Teil den gleichen Qualitäts- und Zulassungsanforderungen stellen. Das ist für Komponenten in der Luftfahrt schon aus Sicherheitsgründen eine Mindestanforderung. Um eine beliebig reproduzierbare hohe Qualität in der AM-Prozesskette durchgängig zu sichern und dabei marktfähige Kostenstrukturen zu erreichen, sind noch manche Herausforderungen zu meistern. Die Referenten des Forums aus Industrie und Wissenschaft erläutern anhand verschiedener Anwendungsfälle, was notwendig ist, um AM-Komponenten und -Systeme für Flugzeuge auf höchstem Niveau effizient herzustellen“, erklärt Stephan Eelman, der beim Luftfahrtzulieferer Deharde Technologie und Innovation leitet und die inhaltliche Ausrichtung des Forums verantwortet.

Effekte bringt der Einsatz additiv gefertigter Bauteile zum Beispiel bereits in Flugzeuginnenräumen und Klimasystemen. Die auf diese Weise hergestellten Kunststoffkomponenten tragen durch Bauteilintegration, verringertem Material- und Energieeinsatz bei, das Gewicht und damit den Treibstoffverbrauch zu verringern. Über solche und weitere sinnvollen Anwendungen von AM in der Luftfahrt für Prototypen, Produktionswerkzeuge und Serienanwendungen wird Sonja Rasch von Materialise sprechen.

Wie die Vorteile additiver Fertigung bei der Herstellung metallischer Großstrukturen genutzt werden können, zeigt Markus Axtner von MT Aerospace auf. Das Unternehmen appliziert die Verfahren Additives Rührreibschweißen und die 3D-Metalldrucktechnologie Directed Energy Deposition, um höchstbelastete Großstrukturen aus Aluminium- bzw. Titanlegierungen wirtschaftlich zu produzieren. 

Die Kombination additiver und subtraktiver Technologien für eine ressourceneffiziente Herstellung von Flugzeugturbinengehäusen stellt Stefan Polenz vom Fraunhofer IWS vor. Dr. Martina Zimmermann vom gleichen Institut demonstriert neue Methoden zur schnelleren Qualitätsprüfung additiv gefertigter Bauteile, u. a. zur Dauerfestigkeit von Titanlegierungen.

Die gesamte Kette hybrider additiver Prozesse haben Martin Schäfer von Siemens und Stefan Polenz vom Fraunhofer IWS im Blick. Sie sprechen über die Planung und Optimierung solcher Prozessketten sowie Standardisierungsmöglichkeiten im Wertschöpfungsnetzwerk am Beispiel der ressourceneffizienten Fertigung von Flugzeugturbinengehäusen.

Aktuelle Themen der additiven Fertigung in der Raumfahrt addressieren weitere Vorträge. Robuste und zuverlässige Prozesse sind auch bei geringeren Stückzahlen Voraussetzung für eine hohe Bauteilqualität, beispielsweise bei AM-gefertigten Satellitenstrukturen. Über Erfahrungen bei der Herstellung solcher Strukturen berichtet Dr. Marco Mulser von OHB System. Die zerstörungsfreie Qualitätsprüfung eines AM-Satelliten-Bauteils mittels industrieller Computertomographie präsentiert Dr. Thomas Kleinteich vom TPW Prüfzentrum. 

Eine spezielle Luftfahrtanwendung steht im Mittelpunkt des Abschlussvortrags zum Rapid.Tech 3D-Fachkongress am Nachmittag des 23. Juni. Alexander Altmann von Liebherr-Aerospace Lindenberg wird über die Integration der AM-Technologie in die Produktion des Flügelenden-Klappantriebssystems der Boeing 777X anhand eines Hydraulikaktuators berichten. Die Fallstudie zeigt, wie Liebherr Herausforderungen wie thermische Spannungen in der Produktion, Druckabfälle im Betrieb, Oberflächenbehandlung und Verschleißoberflächen von Titanaktuatoren begegnet. Darüber hinaus gibt der Leiter Additive Fertigung bei Liebherr-Aerospace Lindenberg einen Ausblick auf die technologischen Anforderungen bei der Serienfertigung hochintegrierter Komponenten. 

Neben den mobilitätsbezogenen Foren stehen die bewährten Sessions AM Wissenschaft; Medizin-, Zahn- & Orthopädietechnik; Software, Prozesse, Konstruktion; Werkzeug-, Modell- & Formenbau sowie das Fraunhofer-Forum Kompetenzfeld Additive Fertigung auf dem Programm des Rapid.Tech 3D-Fachkongresses. Mit den Foren AM in Bauwesen & Architektur sowie Neues aus AM kommen zwei weitere Themenbereiche hinzu. 

Das Tagungsprogramm ist abrufbar unter: 

https://www.rapidtech-3d.de/fachkongress/tagungsprogramm.html

Alle Informationen zur gesamten Veranstaltung: www.rapidtech-3d.de

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