„Die Aufnahme des Passagierbetriebs durch die EVA-Shuttles stellt tatsächlich einen Meilenstein für das automatisierte Fahren im Allgemeinen, aber insbesondere für den Standort Deutschland dar. Denn erstmals geht ein ÖPNV-Konzept an den Start, bei dem die Fahrzeuge vollkommen autonom im Straßenverkehr navigieren“, sagt Patrick Fruth, CEO der Division Mobility bei TÜV SÜD, bei der Pressekonferenz zur Inbetriebnahme der EVA-Shuttles in Karlsruhe. Das freie Navigieren stellt dabei besonders hohe Anforderungen – nicht nur an die Technik, sondern auch an den Sicherheitsfahrer, der gemäß aktuell geltenden Bestimmungen mitfahren muss. Dass die Projektpartner – die Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH, die Robert Bosch GmbH, die Deutsche-Bahn-Tochter ioki GmbH und das FZI Forschungszentrum Informatik als Konsortialführer – die TÜV SÜD Auto Service GmbH mit in das Forschungsteam geholt haben, liegt auf der Hand. Schließlich haben die Experten von TÜV SÜD mit dem ersten Shuttle im niederbayerischen Bad Birnbach zusammen mit ioki und der Deutschen Bahn vor vier Jahren bereits Pionierarbeit geleistet und seitdem eine Menge praktische Erfahrung bei der Umsetzung von Projekten im Bereich automatisiertes Fahren rund um den Globus gesammelt.
Sicherheitsfahrer an Bord
Erstmals SAE-Level 4 Funktion im Personentransport – das bedeutet vor allem auch neue Anforderungen an das Sicherheitskonzept. Denn die EVA-Shuttles werden zum ersten Mal dauerhaft von den Automationssystemen geführt. Um SAE-Level 4 im Straßenverkehr zu betreiben und das Forschungsprojekt in einen Flottenbetrieb mit Passagieren zu bringen, wurde für den Zulassungsprozess die Systematik eines SAE-Level-2-Fahrerassistenzsystems angewendet und daher zusätzlich ein Sicherheitsfahrer/-operator integriert. Er schafft grundsätzlich die Basis für die Zulassung, denn er hat jederzeit die Möglichkeit, das Fahrzeug im automatisierten Modus sicher zum Stehen zu bringen. Zudem kann er das EVA-Shuttle alternativ auch manuell aus Verkehrssituationen lenken, die bisher noch nicht vollkommen von den Automationssystemen übernommen werden können. Der Operator schließt also die letzte mögliche Sicherheitslücke. So abgesichert ist es erstmals möglich, dass die Fahrzeuge vollkommen frei auf ihrer Fahrspur auf einem abgegrenzten Terrain (Wohngebiet Weiherfeld-Dammerstock) navigieren – und nicht mehr auf definierten virtuellen Schienen.
Verkehrsaufkommen, neue Fahrgäste, weitere Zwischenziele: Ella, Vera und Anna suchen sich vollkommen selbstständig den jeweils günstigsten Weg von A nach B. Grundlage für die Navigation sind neben den hochgenauen, digitalen Karten, die das Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg zur Verfügung stellt, die Automationssysteme der Partner Bosch, ioki und dem FZI. Taucht ein Hindernis auf oder muss eine Kreuzung passiert werden, sind die Anforderungen an die Automation natürlich besonders hoch. Erhöhte Aufmerksamkeit gilt dann auch für den Sicherheitsoperator. Er muss jetzt das Verkehrsgeschehen und die Interaktion zwischen Shuttle und anderen Verkehrsteilnehmern genau beobachten und jederzeit in der Lage sein, das Fahrzeug, etwa bei einem Ausweichmanöver, passgenau zu begleiten und Abstände jeweils richtig und zuverlässig einzuschätzen – auch, um nicht zu früh, aber bei Gefahr dennoch rechtzeitig eingreifen zu können.
Sicherheitswabe eingeführt
Um den Einsatzbereich des Operators und dessen Leistungsanforderungen genau zu definieren, haben die Projektpartner unter der Leitung von TÜV SÜD umfangreiche Tests durchgeführt, Fehler ausgeschaltet, mit Feldtests die Leistungsfähigkeit der Operatoren geprüft und den Sicherheitsbereich rund um das Shuttle definiert. Dabei entstanden ist die sogenannte Sicherheitswabe – ein eindeutig festgelegter Bereich um das Fahrzeug, in dem der Sicherheitsoperator besonders auf Hindernisse achtet und damit die freie Fahrt überwacht. Dirk Fratzke, der als Projektleiter bei TÜV SÜD das Karlsruher Projekt von Beginn an mit begleitet hat: „Die Anforderungen machen klar, dass die Begleitpersonen umfangreich geschult und auch geprüft werden müssen. Die Schulung ist daher auch ein wesentlicher Baustein unseres Sicherheitskonzepts für die EVA-Shuttles. Mit dem Start des Passagierbetriebs und mit dem nun bis 20 Stundenkilometer freigegebenen Entwicklungsbetrieb starten wir in die finale Phase des Projekts, in dem wir die Wechselwirkungen zwischen Automation und anderen Verkehrsteilnehmern analysieren werden. Diese Erkenntnisse fließen insgesamt in die Weiterentwicklung der Methoden zur Absicherung von automatisiert und vernetzt fahrenden Fahrzeuge ein – bis zur Genehmigung und Prüfung.“
Internationale Expertise fährt mit
Basis für die Zulassungen ist das TÜV SÜD-Dienstleistungspaket AV-Permit, mit dem die Experten weltweit beispielsweise Automobilhersteller bei der Entwicklung automatisierter Fahrzeuge begleiten und mit unabhängigen Gutachten die Grundlagen für Individualzulassungen im Straßenverkehr schaffen. Diese Expertise fließt nun auch in das EVA-Projekt mit ein und sorgt so für die Sicherheit bei dieser neuen Form der Mobilität. „Hier in Weiherfeld-Dammerstock kann ab sofort jeder selbst erfahren, wie automatisiertes Fahren funktioniert, und sich von der Sicherheit überzeugen“, sagt Fratzke und fügt hinzu: „Damit schaffen wir Sicherheit und Vertrauen und sorgen so für den erfolgreichen Testbetrieb des Forschungsprojekts. Wir freuen uns, dass Karlsruhe bei diesem innovativen Verkehrsprojekt in puncto Sicherheit auf TÜV SÜD gesetzt hat.“
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Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Mehr als 25.000 Mitarbeiter sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder Erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. www.tuvsud.com/de
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