Quantencomputing: Der praktische Einsatz von Quantencomputern wird innerhalb der nächsten Jahre viele Anwendungsgebiete revolutionieren

Die Berliner Softwareschmiede StoneOne AG beschäftigt sich mit der Nutzbarmachung Quantenunterstützter Künstlicher Intelligenz (QKI). Gemeinsam mit der Universität Stuttgart leiten die Softwarespezialisten das PlanQK-Konsortium – ein mit rund 30 Millionen Euro gefördertes Leuchtturmprojekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Im folgenden Gespräch berichten StoneOne Vorstandsmitglied Dr. Mathias Petri und David Niehaus, Leiter der StoneOne eigenen QKI-Unit Anaqor, über den aktuellen Stand der Entwicklungen und welche Erwartungen an die Technologie gerechtfertigt sind.

Herr Niehaus, nicht wenige sehen im Quantencomputing eine Revolution – andere eher einen riesigen Hype, da sich bislang nur wenig Praxisnutzen zeige. Inwiefern werden Quantencomputer unsere Zukunft prägen?

Niehaus: Die Frage bei Quantencomputern ist nicht das Ob, sondern das Wann: Die Entwicklungs-Roadmaps von großen Herstellern wie Google und IBM sind ambitioniert und zielen auf eine exponentielle Verbesserung in den nächsten Jahren ab, sodass Ende der 2020er Jahre Rechner mit 1 Millionen Qubits möglich sein sollen. Ob das wirklich so schnell geht, bleibt natürlich abzuwarten. Fakt ist, dass immer mehr Unternehmen mit spannenden Ideen zur Realisierung von praxistauglichen Quantencomputern auf den Markt kommen.

Das Potential hinter der Technik gilt ja als unbestritten. Aber was sagen Sie zu dem Argument, dass der praktische Nutzen dieser Technologie noch meilenweit entfernt sei?

Niehaus: Der praktische Einsatz von Quantencomputern wird innerhalb der nächsten Jahre viele Anwendungsgebiete revolutionieren – im Bereich der chemischen und pharmazeutischen Werkstoffentwicklung wird dies bereits in den nächsten zwei Jahren erwartet. Ein weiteres Beispiel ist der Bereich Financial Risk Analysis bei Börsen etc., für den neulich eine Überlegenheit ab ca. 200 Qubits nachgewiesen wurde. Solche Quantencomputer könnten nach aktuellen Planungen bereits 2023 kommerziell zur Verfügung stehen.

Herr Dr. Petri, auf internationaler Ebene scheint das Thema bereits sehr prominent auf den politischen Agenden zu stehen. Wer die Berichterstattungen verfolgt, könnte meinen, es sei ein digitales Wettrüsten rund um das Quantencomputing entstanden. Wie sehen Sie Deutschland dabei aufgestellt?

Petri: Der Eindruck ist durchaus gerechtfertigt. Weltweit stellen Staaten massive Budgets zur Verfügung, um sich in Teilbereichen eine Vorreiterrolle zu erarbeiten. Deutschland ist aktuell insbesondere im Bereich der Forschung rund um Quantencomputer, aber auch hinsichtlich essentieller Zubehörteile sehr gut aufgestellt. Im Vergleich mit der praktischen Anwenderseite ist allerdings noch ein Ungleichgewicht zu beobachten – das zeigt sich beispielsweise an der geringeren Anzahl von Patentanmeldungen in diesem Bereich.

Woran liegt das? Fehlt es den Unternehmen an konkreten Ideen für praktische Anwendungen?

Petri: Bislang treiben in erster Linie Konzerne und staatliche Institutionen die Entwicklung voran. Doch auch aus dem klassischen Mittelstand werden immer häufiger Ideen formuliert und mit der Bitte um einen Proof of Concept an uns herangetragen. Grundsätzlich haben wir den Eindruck, dass es auf allen Seiten einen starken Willen gibt, die vorhandenen Grundlagen zu nutzen und auszubauen. Die Bundesregierung hat mit dem Corona-Konjunkturpaket und der vor kurzem veröffentlichten Quantencomputing Roadmap mehrere Milliarden Euro für die Förderung zur Verfügung gestellt. Davon profitieren wir auch in unserem Forschungsprojekt PlanQK, wo es um genau die Nutzbarmachung von Quantencomputerapplikationen geht.

Auch international wird erkannt, dass Deutschland exzellente Forschungs- und Umsetzungsbedingungen bietet. Die stetige Ansiedlung internationaler Unternehmen in Deutschland ist ein eindeutiges Indiz dafür. Zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass auch die Europäische Union mit dem Projekt Gaia-X eine größere Souveränität in dem übergeordneten Bereich Datenverarbeitung und damit natürlich auch im Bereich Quantencomputing und Künstliche Intelligenz verfolgt.

Bislang sind Sie einer der ersten Anbieter für QKI in Deutschland. Gibt es dafür überhaupt schon einen Markt?

Niehaus: Unsere neu geschaffene Marke Anaqor soll es Unternehmen jeder Größe ermöglichen, Quantencomputing zu nutzen. Aufgrund des hohen Entwicklungsaufwandes ist es immer noch ein Feld, in dem primär Großkonzerne wie Airbus, JP Morgan und Volkswagen agieren. Weniger relevant ist das Thema für kleinere und mittelständische Unternehmen deshalb aber nicht. Wir glauben, dass bereits jetzt die Zeit gekommen ist, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie diese Entwicklung Geschäftsmodelle und -prozesse beeinflussen wird. Langlebige Produkte, die mit heutiger Verschlüsselungstechnologie ausgestattet wurden, könnten beispielsweise in zehn Jahren nicht mehr vor einer Entschlüsselung sicher sein.

Das heißt, Sie möchten künftig einer breiteren Zielgruppe den Zugang zu QKI ermöglichen? Wer kommt dafür in Frage?

Petri: Natürlich bleiben Großunternehmen ein wichtiges Segment. Nachdem diese bereits erste Testläufe gestartet haben, geht es  jetzt vorrangig um die Bereitstellung von weiterer Expertise zur Realisation konkreter Projektvorhaben. Darüber hinaus adressieren wir aber insbesondere auch den gerade in Deutschland besonders ausgeprägten Mittelstand, der die aktuellen Entwicklungen eher von der Seitenlinie aus betrachtet.

Und worin genau besteht Ihr Angebot?

Niehaus: Neben der Plattform, über die Quantenapplikationen vertrieben, bezogen und ausgeführt werden, helfen wir unseren Kunden insbesondere bei der Nutzbarmachung dieser Technologie. Durch Entwicklung spezifischer Applikationen, Beratung und auch Weiterbildungen – beispielsweise für  IT-Abteilungen  oder die Geschäftsführung. Im gleichen Zug bedienen wir auch das Kundensegment der Lösungspartner und Quantencomputinghersteller, die unsere Plattform nutzen, um Applikationen, Dienstleistungen und Rechenkapazitäten anzubieten. Diese haben über die Plattform Zugang zu einem relevanten Interessentenkreis und können sich auf ihre Spezialität der Quantenappliaktionen konzentrieren, während unsere Plattform die komplette Infrastruktur und Rechnungsabwicklung übernimmt.

Einmal angenommen, ein mittelständischer Betrieb kommt auf Sie zu, weil ihn das Thema interessiert und er von dem Potential dieser Entwicklung gehört hat – was können Sie für ihn tun?

Niehaus: Wir wollen im ersten Schritt helfen, die potenzielle Anwendung von Quantencomputing zu evaluieren, sodass unsere Kunden wissen, in welchen Bereichen wann und wie Mehrwerte möglich sind. Dadurch sind sie für den Einsatz der Technologie gewappnet. Kunden, die bereits den Mehrwert der Technologie identifiziert haben, helfen wir entlang der kompletten Wertschöpfungskette: Von Design über Bezug zu Nutzung der entsprechenden Applikation. Und wenn eine entsprechende App auf der Plattform nicht verfügbar ist, helfen wir diese zu erstellen. 

Mit der StoneOne AG sind Sie federführender Konsortialpartner des PlanQK Konsortiums. Um was genau geht es bei diesem Projekt?  Inwiefern kommt das Engagement den Kunden Ihrer Marke Anaqor zugute?

Petri: PlanQK ist Leuchtturmprojekt des BMWi, um Deutschland im Technologiefeld Quantenunterstützte Künstliche Intelligenz eine Spitzenreiterrolle zu ermöglichen. Die Projektidee geht zurück auf gemeinsame Überlegungen mit der Universität Stuttgart, wonach wir nicht nur eine Plattform zur Ausführung von Apps brauchen, sondern auch mit konkreten Beispielen belegen wollen, was für ein Potenzial Quantenunterstützte Künstliche Intelligenz innewohnt.

Dazu arbeiten wir mit einem sehr breit aufgestellten Konsortium von 19 Unternehmen und Institutionen zusammen, quer über alle Größenordnungen und Industrien verteilt. Als Konsortialführer koordinieren wir zusammen mit der Universität Stuttgart, die die wissenschaftliche Leitung innehat, die Aktivitäten dieses Konsortiums, knüpfen Kontakte zu weiteren Interessierten und fokussieren uns auf die Entwicklung der Plattform. All diese Aktivitäten sind in unserer Business Unit Anaqor verortet, um von einem Brainpool aus Softwareentwicklern, Quantenphysikern, Data Scientists und Beratern zu profitieren. Damit haben wir natürlich einen hervorragenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Bereich Quantencomputing und gestalten diese auch selber mit. Ein wertvoller Erkenntnisgewinn, der sich auch für unsere Kunden auszahlt.

Wohin soll die Reise für StoneOne und Anaqor gehen?

Petri: Mit unserem Plattformansatz verfügen wir aktuell über ein starkes Alleinstellungsmerkmal und sehen uns auch für künftige Aufgabenstellungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette rund um das Quantencomputing als relevanter Player gut positioniert. Anaqor wird zudem als eigenständige Product Unit einen wesentlichen wirtschaftlichen Beitrag zum Gesamterfolg und Wachstum des Unternehmens leisten und immer mehr Unternehmen dabei helfen, die Möglichkeiten der Quantenunterstützten Künstlichen Intelligenz nutzbar zu machen.

Herr Niehaus, zu guter Letzt wagen wir den Sprung mit der Zeitkapsel. Wie sieht der Markt für QKI in fünf Jahren aus?

QKI ist weltweit in die Geschäftsprozesse von Unternehmen jeder Größe eingezogen und leistet wissenschaftlichen Institutionen wirksame Unterstützung bei der Forschung. Unsere Plattform ist dabei der zentrale Marktplatz für Quantenapplikationen. Entwickler und Berater nutzen diese für den Vertrieb Ihrer Lösungen und können sich so voll auf ihre Stärken im Bereich der Quantenapplikationsentwicklung konzentrieren. Wann immer Unternehmen Expertise zum Einsatz von Quantencomputern benötigen, wird diese ressourcengünstig gebucht. Immer neue Anwendungsgebiete beflügeln das Geschäftsfeld der QKI überproportional, was im Gegenzug auch zu immer neuen Fragestellungen führt. Entsprechend hoch wird deshalb auch der Forschungsbedarf im Bereich von Quantenapplikationen bleiben. Die weitere Zusammenarbeit mit akademischen Institution bleibt deshalb auch in fünf Jahren noch ein zentrales Thema.

Herr Dr. Petri, Herr Niehaus, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Über die StoneOne AG

Die 2007 in Berlin gegründete StoneOne AG versteht sich als Web Software Factory (WSF), die innovative Technologien und Dienstleistungen für die digitale Transformation, etwa für das „Internet of Things (IoT)“ oder Künstliche Intelligenz (KI), bereitstellt. Unsere Kunden sind vor allem Unternehmen, die auf Basis der Web Service Factory eigene Applikationen entwickeln und zumeist als Cloud-basierte Services anbieten bzw. selbst nutzen wollen.

Durch Nutzung der Web Service Factory mit vorgefertigten Plattformen, Tools und Modulen lassen sich die Entwicklungskosten deutlich reduzieren. Darüber hinaus bietet StoneOne auch individuelle Entwicklungsleistungen rund um digitale Transformationsprojekte an. Geschäftspartner von StoneOne können sich auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren und zugleich neue Lösungen wesentlich schneller und flexibler realisieren.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

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Ansprechpartner:
David Niehaus
Product Manager Quantencomputing & KI
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E-Mail: david.niehaus@stoneone.de
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