Fernab der Heimat

Am 8. Mai jährt sich der Tag der Befreiung, der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht, zum 76. Mal. Der Zweite Weltkrieg war vorüber, aber in vielerlei Hinsicht noch lange nicht überstanden – so auch für Kriegsgefangene und deren Angehörige. Rund elf Millionen deutsche Soldaten kamen während des Zweiten Weltkriegs in Europa, Nordamerika, Asien, Afrika und Australien in Gefangenschaft; die letzten von ihnen kehrten 1956 zurück. Die Briefe, die die Kriegsgefangenen in dieser Zeit schrieben, waren Lebenszeichen an die Lieben in der Heimat und Flucht aus dem Lageralltag zugleich.

Briefe als Fundgrube

Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation, zu der auch das Museum für Kommunikation Berlin gehört, besitzt die umfangreichste Feldpost-Sammlung Deutschlands mit Briefen aus über drei Jahrhunderten. Eine Auswahl deutscher Kriegsgefangenenpost des Zweiten Weltkriegs ist nun unter kriegsgefangenenpost.museumsstiftung.de zugänglich: Rund 40 digitalisierte Briefe sowie Texte, Dokumente und Animationen bieten einen umfassenden Einblick über das Schreiben in Kriegsgefangenschaft – von Themen und Motiven über unterschiedliche Formate und Postwege bis hin zur Zensur der Sendungen. Was durften die Gefangenen schreiben und was nicht? Wie viele Briefe waren erlaubt? Wie wurden sie verschickt?

Kritisch betrachtet
Bei der Betrachtung von Postdokumenten aus dem Zweiten Weltkrieg stellt sich immer auch die Frage nach ideologischen und politischen Einflüssen des Nationalsozialismus. Entsprechend beleuchtet die Online-Präsentation Zusammenhänge und Hintergründe, die Briefe selbst bleiben unkommentiert. Sie sind im Original und mit Transkription einsehbar.

Von Arbeiten bis Zahnarzt

In den Briefen spielen Krieg und auch das Lagerleben meist nur eine untergeordnete Rolle – weder wollten, noch durften die Gefangenen über Gewalt und Leid berichten. Wird der Lageralltag thematisiert, dann zumeist in positiven oder auch amüsanten Erlebnissen. Die Gefangenen schrieben über Sportplätze und Theater, günstigen Zahnersatz, den Kauf von Rasierzeug und Zigaretten, den Kirchgang oder ihre Arbeit im Lager. Was aus allen Briefen spricht, ist die Sehnsucht der Männer: Fernab der Heimat wollten sie Anteil am Leben der Lieben daheim nehmen und trotz der Isolation Teil der Familie bleiben. Die Gefangenenpost war die einzige Brücke zu ihrem alten Leben jenseits des Krieges.

Online-Sammlungen der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Museum für Kommunikation Berlin gehört gemeinsam mit den Museen für Kommunikation Frankfurt und Nürnberg sowie dem Archiv für Philatelie Bonn zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation. Neben der Kriegsgefangenenpost bietet diese unter www.briefsammlung.de weitere Online-Recherchemöglichkeiten in ihren umfangreichen Sammlungen, unter anderem in Feldpostbriefen aus dem 18. und 19. Jahrhundert oder deutsch-deutschen Briefwechseln zwischen 1945 und 1990.

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