Die größte Überraschung gab es gleich zu Beginn der Anhörung mit der ersten Frage nach effizienteren Regulierungsmöglichkeiten in der Glasfaserzukunft. Der VATM sprach sich für neue Spielregeln aus. Marktbeherrschende Unternehmen sollen von Anfang an ihre internen Prozesse so gestalten, dass die gleichen Prozesse z. B. bei Umschaltung von Kunden, Entstörung oder Bereitstellung von Mietleitungen auch den Wettbewerbern zur Verfügung stehen. Damit könnten Kundenbeschwerden und Regulierungsverfahren massiv reduziert werden. Einem solchen neuen Ansatz stimmte nun auch der Vertreter der Telekom zu. Das Prinzip müsse aber für alle gelten. Der neue Regulierungsansatz „Equivalence of Input“ (EoI) muss nun im Gesetz verankert und von der Bundesnetzagentur so schnell und umfassend wie möglich angewendet werden. „Bester Service für die deutsche Wirtschaft auch auf neuen Glasfasernetzen wie bisher auf Kupfer muss unser gemeinsames Ziel sein“, ist für VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner klar.
Bei der Migration auf Glasfasernetze braucht es aber aus Sicht der Wettbewerber noch mehr: Ein Kostendeckel soll bei den noch über vier Millionen Kupferanschlüssen, auf die die Wettbewerber bis zum Wechsel auf Glasfaser angewiesen sind, für stabile Preise sorgen. Mehr Glasfaseranschlüsse bedeuten weniger Anschlüsse auf Kupferbasis. „Wenn die Telekom nach Jahrzehnten weiterhin rein fiktive Neubaukosten auf die längst abgeschriebenen Kupferanschlüsse abrechnen darf, dann muss im Gegenzug zumindest eine Preisdeckelung vorgenommen werden, da Deutschland schon heute mit zu den vergleichsweise teuersten Ländern gehört“, fordert Grützner.
Von ganz besonderem Interesse waren bei der Anhörung die erheblich über die neuen EU-Vorgaben hinausgehenden Verbraucherschutzvorschriften. Hier waren sich die Wirtschaftsexperten und der VATM einig: Die in der TKG-Novelle vorgesehene Regelung, sämtliche 24-Monats-Verträge als 12-Monats-Verträge zu doppeln, brächte bei über 10.000 Vertragsvarianten einen völlig überzogenen und unnötigen administrativen Aufwand mit sich, den es so nirgendwo in Europa gibt. Verträge ganz ohne Laufzeit oder aber mit zwei Jahren aufgrund günstiger Preise würden von den Kunden klar bevorzugt. „Weit mehr als 10 Millionen Euro IT- und Umstellungskosten müssten auf alle Kunden umgelegt werden – für Verträge, die keiner haben will“, so Grützner.
Im zweiten Teil der Anhörung standen Mobilfunkausbau, Recht auf schnelles Internet und Entbürokratisierung im Mittelpunkt. Wie Prof. Dr. Thomas Fetzer, Universität Mannheim, ist auch der VATM der Meinung, das Recht auf schnelles Internet könne nur Ultima Ratio sein. Der Gesetzentwurf kratze hier schon jetzt an den EU-rechtlichen Grenzen und könne keinesfalls erweitert werden. Höhere Bandbreiten müssten im Wege der ohnehin bestehenden Förderung dorthin gebracht werden, wo sie benötigt würden, statt durch ein – auch von Parlamentariern als extrem bürokratisch und langwierig empfundenes – Umlageverfahren unter Einschaltung der Bundesnetzagentur. Aufgrund eines solchen Anspruchs stünden ohnehin nicht mehr Baukapazitäten zur Verfügung.
„Ein Streit um mehr Mbit/s als Mindestversorgung macht vor diesem Hintergrund auch aus Sicht der Betroffenen überhaupt keinen Sinn. Bürgerinnen und Bürgern kann ehrlicherweise technisch nicht mehr angeboten werden als ein schnellstmöglicher und möglichst effizienter Glasfaserausbau auch in ihrer Gemeinde sowie bis dahin bestmögliche Funklösungen“, betont Grützner: „Dazu gehören vor allem LTE und 5G, aber auch – wo erforderlich – Satellit. Unterstützung erfährt der Vorschlag des VATM, Satelliten-Lösungen miteinzubeziehen, die schon heute 100 Mbit/s für eine ausreichende Zahl von Haushalten liefern können, aus weiten Teilen der Politik. „Wir brauchen überall Gigabit, aber bis dahin brauchen die Bürger eine ehrliche Antwort und pragmatische schnelle Hilfe statt einer Diskussion um Rechtsansprüche, die die Bagger nicht vermehren können“, warnt der VATM-Geschäftsführer.
Die TKG-Novelle ist von elementarer Bedeutung für die TK-Branche und für milliardenschwere Investitionen in die Modernisierung der gesamten Kommunikationsinfrastruktur. Daher appellierte VATM-Geschäftsführer Grützner in der öffentlichen Anhörung noch einmal eindringlich für Bürokratieabbau, die Nutzung neuer effizienter Verlegetechnologien und einfachere Genehmigungsverfahren beim Ausbau.
Dem VATM gehören die größten deutschen Telekommunikationsunternehmen an, insgesamt rund 120 auch regional anbietende Netzbetreiber, Diensteanbieter aber auch Zulieferunternehmen. Die VATM-Mitgliedsunternehmen versorgen 80 Prozent aller Festnetzkunden und nahezu alle Mobilfunkkunden außerhalb der Telekom. Seit der Marktöffnung im Jahr 1998 haben die Wettbewerber im Festnetz- und Mobilfunkbereich Investitionen in Höhe von rund 82 Mrd. € vorgenommen. Sie investieren auch am stärksten in den zukunftssiche-ren Glasfaserausbau direkt bis in die Häuser.
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