Umwelt (E)
Im Jahr 2021 werden Klimaaspekte weiterhin im Fokus stehen, hier liegt eindeutig die höchste Priorität der öffentlichen und politischen Agenda. Blickt man auf das Engagement der wichtigsten Regionen, oder zumindest derjenigen mit dem größten Treibhausgasausstoß – USA, Europa und China – verpflichten sich diese zur Kohlenstoffneutralität bis 2050 (Europa und USA) bzw. 2060 (China). Angeschlossen haben sich zudem Südkorea, Japan, Kolumbien und Südafrika. Damit streben zwei Drittel der Weltwirtschaft bzw. Verursacher, die insgesamt für über 50 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, in den nächsten dreißig Jahren Netto-Null-Emissionen an.
Es gibt drei Hauptoptionen, um diese Neutralität zu erreichen: Reduzierung des Energieverbrauchs, Reduzierung von Emissionen durch die Wahl umweltfreundlicherer Produktionsverfahren und die Ausweitung von Verfahren zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff. Um dieses „Netto-Null“-Ziel zu erreichen, sollte der Klimawandel als zielgerichtete Investition definiert werden, und die Märkte sollten sich auf ein von grünen Investitionen getragenes Wachstum umstellen. „Dies könnte einen vollständigen Paradigmenwechsel und ein neu formuliertes Konzept von „Wachstum“ erfordern, was einen wichtigen Einfluss auf den derzeitigen ressourcenintensiven Marktprozess haben würde. Konkret muss der Ressourcen-Fußabdruck der Sektoren Energie, Transport, Bauwesen, Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie angegangen werden“, betont Ophélie Mortier.
Da einige Treibhausgas-Emissionen unvermeidlich sind, erfordere die Umsetzung des Netto-Null-Emissions-Ziel zudem Zwischenschritte und ein glaubwürdiges Ausgleichsprogramm. Programme und Ansätze zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) sind nach wie vor begrenzt und langsam, so dass ein glaubwürdiger Kohlenstoffpreis einigen Experten als geeignete Lösung erscheint, um voranzukommen. Auch die Frage nach potenziellen Steuern und eventuellen grenzüberschreitenden Ausgleichssteuern wird immer relevanter.
Die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an ihn, die ersten beiden Ziele der EU-Taxonomie, werden umfangreiche Investitionen in Forschung & Entwicklung, Innovation, kohlenstoffarme Infrastruktur und neue Technologien erfordern. In diesem Zusammenhang ist es zudem wichtig, die Umweltziele im Rahmen des nächsten Schritts der EU-Taxonomie zu antizipieren, nämlich Umweltverschmutzung, die Veränderung der Landnutzung und die biologische Vielfalt.
Soziales (S)
Der Einsatz von Impfstoffen wird die Welt nach der Gesundheitskrise – ohne von einem möglichen Ende der Pandemie sprechen zu wollen – herausfordern, vor allem in Bezug auf Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Lebensgrundlagen und Lebensweisen. Auf der sozialen Seite hat COVID-19 die globale Ungleichheit verschärft. Verteilungseffekte, Gerechtigkeit und Fairness werden im Mittelpunkt der Sorgen der Menschen stehen. Das Virus hat die Arbeitslosigkeit verschlimmert und das Armutsniveau sowie die Ungleichheit erhöht. Dies könnte die politische Stabilität belasten und das geopolitische Risiko erhöhen, das bereits im letzten Jahrzehnt eine große Gefahr darstellte.
Die Europäische Gemeinschaft versucht bereits, Menschenrechte und Unternehmensverantwortung weiter zu regulieren, um die Wachsamkeit für nachhaltiges Handeln in der Lieferkette zu fördern. Seit den Anfängen des ESG-Research ist die Lieferkette eines der kritischsten Hauptanliegen. Das Virus hat die Debatte nun noch mehr auf diesen Punkt gelenkt. Einerseits gibt es einen Paradigmenwechsel, indem mehr auf die Bezugs- bzw. Beschaffungsquellen von Unternehmen geachtet wird. Andererseits hat die Krise die Anreize für eine schnelle Automatisierung beschleunigt. Dies wird eine wichtige soziale Herausforderung sein, die es zu bewältigen gilt. Wenn die Geschwindigkeit der Technologiesierung die des Wirtschaftswachstums übersteigt, führt dies im Allgemeinen zu negativen gesellschaftlichen Auswirkungen, was wiederum Arbeitslosigkeit hervorruft und die wirtschaftliche Entwicklung bremst.
Governance (G)
Die Pandemie hat die Bewegung weg von striktem Shareholder-Denken hin zur Stakeholder-Orientierung verstärkt. Dies wird auch in den kommenden Jahren eindeutig ein disruptiver struktureller Trend sein. Anders als beim ursprünglichen, auf Renditemaximierung ausgerichteten Paradigma sind Unternehmen zunehmend gefordert, alle Stakeholder-Interessen in den Mittelpunkt zu stellen. Die langjährige Devise der Kostensenkung und Gewinnmaximierung wird nun durch globale ESG-Themen abgelöst, die insbesondere durch die Auswirkungen der Coronakrise und der Lockdowns noch stärker in den Vordergrund treten.
Das Streben nach Gewinnmaximierung für Aktionäre steht auch im Fadenkreuz der Europäischen Kommission. Sie stellt sich gegen den kurzfristigen Druck der Märkte, der für die Nachhaltigkeit der Unternehmen schädlich ist. So prüft die Kommission auch intensiv die Möglichkeit einer rechtsverbindlichen Regelung zur Nachhaltigkeit der Corporate Governance bzw. Unternehmensführung. Dies schließt die Rolle und die Verantwortlichkeiten der Vorstände ein. So könnte die EU eine Verordnung über das Gesellschaftsrecht und die Pflichten von Vorständen erlassen, um eine nachhaltige Unternehmensführung zu fördern. Der Zusammenhang zwischen der Voranstellung von Aktionären, Kurzfristdenken und ökologischer Unnachhaltigkeit liegt auf der Hand. Ebenso wurde der Zusammenhang zwischen dem Aktionärsprimat, kurzfristiger Zielverfolgung und der Verschärfung sozialer Ungleichheiten in mehreren Forschungsarbeiten dokumentiert. Die Europäische Kommission sollte sich zudem verstärkt denjenigen Stakeholder-Interessen zuwenden, die von den verschiedensten Corporate-Governance-Kodizes noch nicht erfasst werden. In einer letzten Umfrage der Kommission wird sich dafür ausgesprochen, Vorstände für die Identifizierung und Abschwächung von Faktoren verantwortlich zu machen, die die langfristige Existenz des Unternehmens gefährden.
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