Für alle Bankengruppen ist das Girokonto ein Ankerprodukt in der Kundenbeziehung und daher von zentraler Bedeutung. Ihre Herangehensweisen könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein. „Die digitalen Newcomer denken den Antragsvorgang konsequent vom Kunden aus und haben mit klassischen Formularen gebrochen“, so Joachim Butterweck, Senior Manager bei Cofinpro. „Demgegenüber steht bei den traditionellen Instituten die Abbildung bankinterner Prozesse im Mittelpunkt. Sie schrecken ihre Kunden schon zum Start mit behördenähnlichen Antragsstrecken sowie einem großen Datenhunger ab. Dies gilt übrigens nicht nur für die Filialbanken, sondern auch für Direktbanken, die ja schon seit Jahren am Markt etabliert sind.“
Ganz bewusst hat die auf Finanzdienstleister spezialisierte Unternehmensberatung für die Studie den gesamten Antragsprozess aus Kundensicht unter die Lupe genommen – vom Wunsch, ein Konto zu eröffnen bis hin zur Nutzung. Und sich dabei ausschließlich auf die digitale Kontoeröffnung beschränkt. „Viele traditionelle Institute wünschen sich zwar, dass die Kunden dafür immer noch die Filiale aufsuchen, aber der digitale Weg ist nun einmal inzwischen der bevorzugte – spätestens seit der Corona-Pandemie“, so Cofinpro-Berater Butterweck.
Etablierte Banken haben einen großen Datenhunger
Die Unterschiede sind teils enorm: Allein der Weg von der Google-Suche bis zum Antragsformular dauerte zwischen einem und 16 Klicks – da muss ein interessierter Kunde schon sehr hartnäckig am Ball bleiben. Sogar auf defekte Links sind die Tester im Rahmen der Studie gestoßen.
Auch der Antragsprozess selbst stellt eine Hürde dar: So liegt die Anzahl der erhobenen Daten-Pflichtfelder zwischen 10 und 37. Für Butterweck ist klar: „Übertriebener Datenhunger ist kontraproduktiv, weil die Abbruchquoten steigen. Sinnvoller ist es, dem Kunden Freiheiten in der Beantwortung durch optionale Felder zu geben. Aber vor allem die etablierten Institute wollen es genau wissen und verlangen Daten, die für die Kontoeröffnung nicht zwingend notwendig sind.“
Verbesserungspotenzial sieht Butterweck auch bei der Video-Legitimation, bei der es zwischen den Instituten und Anbietern große Unterschiede gibt. Es fällt auf, dass die Challengerbanken mit weniger Medienbrüchen auskommen, während gerade bei den Direktbanken zwischen App, Mailprogramm, SMS oder Browser gewechselt werden muss. Der Bankenexperte weist darauf hin, dass neben dem Prozess auch der Dienstleister dahinter sorgfältig ausgesucht werden muss: „Bei einem Konto konnten wir den Legimitationsprozess aufgrund extremer Wartezeiten nicht abschließen. Nach dreimal 45 Minuten in der Warteschleife haben wir abgebrochen.“
Und was passiert nach der erfolgreichen Anmeldung? Häufig erst einmal gar nichts. Bei Filial- und Direktbanken dauert es teilweise über eine Woche, bis das Konto tatsächlich genutzt werden kann. Nur jedes dritte Institut ermöglicht eine sofortige Kontonutzung. Anders bei den Challengerbanken, hier ist eine sofortige Nutzung Standard. Butterweck bewertet aber auch komplizierte postalische Prozesse für Kontozugangsdaten wie PIN und TAN kritisch: „Von einer Bank erhielten wir zehn Briefe und E-Mails im Rahmen der Kontoeröffnung. Das ist zu viel des Guten. Wichtiger ist es, die erforderlichen Karten schnell zu verschicken. Wer sich dann noch mit einer kreativen Verpackung abhebt, baut schnell eine gute Bindung zum Kunden auf.“
Über die Studie
Für die Studie „Kontoeröffnung 2021: Das geht noch besser“ wurde zwischen Mitte Oktober und Mitte November 2020 bei 16 Banken online ein Konto eröffnet. Bei der Auswahl der Girokonten achteten die Prüfer auf möglichst geringe Kosten, eine dazugehörige Kredit- und/oder Girokarte, kostenlose Bargeldabhebungen, die Möglichkeit eines Dispokredits sowie einen durchgehend digitalen Antragsprozess bis zur Nutzung des Kontos. Die komplette Studie steht hier zum Download bereit: www.cofinpro.de/medien/studie/kontoeroeffnung-2021
Cofinpro unterstützt Deutschlands führende Finanzdienstleister bei der Verbesserung von Geschäftsprozessen. Zu den Kunden zählen große Privatbanken, Landesbanken und der genossenschaftliche Sektor sowie die führenden Kapitalverwaltungsgesellschaften. Gegründet 2007 als mitarbeitergetragene Aktiengesellschaft beschäftigt die Unternehmensberatung inzwischen rund 200 Bank- und Technologieexperten. Das Haus hat 2020 zum zehnten Mal in Folge vom Great Place to Work® Institut die Auszeichnung als einer der besten Arbeitgeber Deutschlands erhalten.
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