Von Ruhestand will er nicht sprechen, eher von einem „Schritt zur Seite": Professor Dr. Dr. h.c. Peter P. Nawroth hat zum 1. Februar 2021 nach 20 Jahren sein Amt als Ärztlicher Direktor der Klinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg an seine Nachfolgerin Professor Dr. Julia Szendrödi übergeben. In den kommenden Jahren wird sich der 66-Jährige weiterhin dem erfolgreichen Sonderforschungsbereich zu diabetischen Spätschäden widmen, der von Heidelberg aus koordiniert und derzeit in einer zweiten Förderperiode mit insgesamt 9,3 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. „Peter Nawroth ist es gelungen, die Klinik zu einem international sichtbaren Zentrum für Diabetes und andere Stoffwechselstörungen auszubauen, das Zentrallabor zu einem leistungsstarken Diagnostikzentrum zu entwickeln, wegweisende Forschung voranzutreiben und gleichzeitig über mehrere Jahre Verantwortung im Klinikumsvorstand zu übernehmen. Für diese herausragende Leistung gebührt ihm großer Dank", sagt Prof. Dr. Ingo Autenrieth, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums.
„Prof. Nawroth hat in dieser Zeit den Medizinstandort Heidelberg in verschiedensten Funktionen mitgeprägt, so war er von 2007 bis 2011 stellvertretender und von 2011 bis 2012 kommissarischer Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums. Ich danke ihm im Namen des Aufsichtsrats herzlich für die enge und konstruktive Zusammenarbeit in dieser Übergangszeit", sagt Dr. Simone Schwanitz, Aufsichtsratsvorsitzende des Universitätsklinikums Heidelberg.
„Mit der Einrichtung des Zentrallabors am Universitätsklinikum, die er gleich zu Beginn seiner Amtszeit maßgeblich vorantrieb, schuf Professor Nawroth eine heute unverzichtbare Infrastruktur für das Universitätsklinikum, die auch bei Kooperationspartnern einen hervorragenden Ruf genießt", so die Kaufmännische Direktorin Katrin Erk. Das Zentrallabor versorgt das Universitätsklinikum sowie externe Einsender mit Laborbefunden aus dem Bereich der klinischen Chemie, Hämatologie, Hämostaseologie sowie verschiedenen Bereichen der Spezialanalytik.
Die wissenschaftlichen und medizinischen Schwerpunkte des scheidenden Ärztlichen Direktors waren und sind Stoffwechselerkrankungen, darunter insbesondere Diabetes und seine Spätfolgen sowie Mechanismen des Alterns. Sein Anliegen ist es, Therapien und Verhaltensempfehlungen bei Stoffwechselstörungen konsequent aus Sicht des Patientennutzens zu bewerten und zu hinterfragen: Seit Jahren kritisiert er beispielsweise, dass bislang der Fokus in der Therapie des Diabetes zu einseitig auf der strengen Kontrolle des Blutzuckerspiegels liegt, obwohl dies nicht vor Spätschäden schützt. „Wir wissen leider bis heute nicht, was Diabetes genau ist und was die gravierenden Folgeschäden an Organen und Nerven verursacht. Hier liegt noch viel Forschungsarbeit vor uns", sagt der Experte.
Mit diesem Anspruch habe er den Campus zu einem deutschlandweit führenden Standort der Diabetesforschung gemacht, betont Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich, Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg. „Das zeigt sich unter anderem im Sonderforschungsbereich `Reaktive Metabolite als Ursache diabetischer Folgeschäden´, der ein starker Motor sowohl der Grundlagenforschung als auch der Translation in die klinische Anwendung ist." Dem 2014 eingerichteten SFB wird Prof. Nawroth ab sofort in Vollzeit zur Verfügung stehen: „Die Covid-Pandemie hat die Koordination der verschiedenen Arbeitsgruppen deutlich erschwert. Ich bin daher sehr froh, dass ich nach Beendigung meiner klinischen und lehrenden Tätigkeit die Möglichkeit bekomme, mich nun zu 100 Prozent dieser Aufgabe zu widmen." Der SFB, an dem neben der Medizinischen Fakultät Heidelberg auch die Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum beteiligt sind, konzentriert sich als erster Verbund in Europa auf die diabetischen Spätschäden, die von giftigen Nebenprodukten des Stoffwechsels verursacht werden. Langfristig wollen die Wissenschaftler Therapieansätze entwickeln, mit denen sich diese schädigenden Stoffe reduzieren und Folgeerkrankungen vermeiden lassen.
Auch wenn der Forscher sich darüber freut, sich ab sofort voll auf die Forschung konzentrieren zu können, fällt ihm der Abschied aus der Klinik schwer, die Dreifachfunktion als Arzt, Hochschullehrer und Forscher war ihm stets wichtig: „Das Universitätsklinikum Heidelberg mit seinen vielfältigen Vernetzungen bietet beste Voraussetzungen, sich in allen drei Bereichen zu engagieren. Bis heute bin ich dankbar für die Möglichkeiten, die ich hier wahrnehmen konnte."
Peter Nawroth, 1954 im dänischen Kopenhagen geboren, studierte und promovierte in Hamburg, bevor er 1980 in die Innere Medizin am Universitätsklinikum Tübingen wechselte. 1982 zog es ihn für fünf Jahre in die USA, zunächst an die Columbia University, New York, dann zur Oklahoma Medical Research Foundation. 1987 kehrte er zurück nach Deutschland und startete seine Laufbahn am Universitätsklinikum Heidelberg. Er absolvierte die Facharztausbildung für Innere Medizin sowie Weiterbildungen in Angiologie, Endokrinologie und Diabetologie, wurde 1992 habilitiert und zum Oberarzt ernannt, erhielt für seine Forschung 1993 ein Heisenbergstipendium der DFG, 1996 eine Stiftungsprofessur der Herrmann und Lilly Schilling Stiftung. 1999 folgte er dem Ruf nach Tübingen, kehrte jedoch 2001 als Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin und Klinische Chemie zurück. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Beirat des Deutschen Diabetes Zentrums in Düsseldorf.
Prof. Nawroth ist Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, engagierte sich im Vorstand verschiedener Fachgesellschaften, war von 2005 bis 2017 Chefherausgeber des Journals „Experimental and Clinical Endocrinology & Diabetes" und erhielt eine Ehrendoktorwürde der Universität Riga, Lettland. Er ist Herausgeber und Autor der Bücher „Die Gesundheitsdiktatur" und „Gebt der Medizin ihren Sinn zurück!". Für seine wegweisenden Arbeiten zur Erforschung und Therapie der Folgeschäden von Diabetes wurde Prof. Nawroth 2018 mit dem renommierten Camillo Golgi Preis der Europäischen Gesellschaft für Diabetesforschung (EASD) geehrt.
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich circa 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg rund 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion.
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