„Als Fabrikumzug bezeichnen wir nicht nur den Umzug an einen neuen Standort, sondern auch die Neuanordnung der Maschinen und Arbeitsplätze in einer bestehenden Fabrik. Im Forschungsprojekt konzentrieren wir uns auf die Reorganisation“, erklärt OptiFaU-Projektleiter Andreas Nitsche. Unternehmen stehen dabei vor einer äußerst komplexen Aufgabe, für die es keine Standard-Lösung gibt.
Wie viele Teilschritte sind für den Umzug notwendig? Welcher Teilschritt sollte wann erledigt werden? Wie hängen die Teilschritte voneinander ab? Muss die Produktion unterbrochen werden und wenn ja, wie lange? Kann das Stammpersonal den Umzug erledigen oder ist externe Hilfe notwendig? Diese Fragen muss jedes Unternehmen individuell beantworten. Während es für Firma A günstiger sein kann, den Umzug ganz allmählich über mehrere Wochen mit dem eigenen Personal zu erledigen und die Produktion währenddessen weiterlaufen zu lassen, so kann es für Firma B die bessere Lösung sein, den Betrieb für einige Tage komplett stillzulegen und den Umzug mit externer Hilfe so schnell wie möglich durchzuziehen.
Die optimale Umzugsstrategie zu finden ist auch deshalb so schwierig, weil die einzelnen Teilschritte nicht nur zeitlich voneinander abhängen, sondern auch räumlich. Bevor eine Maschine an ihren neuen Standort umziehen kann, muss jener Arbeitsplatz weichen, der sich bisher dort befindet. Womöglich muss der Boden verstärkt, ein Starkstromanschluss gelegt oder ein Abluftsystem installiert werden, bevor die Maschine den neuen Platz einnehmen kann. Und in bestehenden Fabriken gibt es meist kaum Platz, um Maschinen und Geräte zwischenzulagern. „Deshalb müssen alle Teilschritte perfekt ineinandergreifen, wie beim Tetris“, erklärt Andreas Nitsche. Mit jeder Maschine und jedem Arbeitsplatz, die verlagert werden, entstehen kurzfristig Freiflächen für die folgenden Umzugsschritte. Und der erste Schritt in dieser Abfolge ist oft entscheidend für den gesamten weiteren Verlauf des Umzugs.
Im Forschungsprojekt „OptiFaU“ ermitteln die IPH-Wissenschaftler zunächst alle Einflussfaktoren, von denen die optimale Umzugsstrategie abhängen kann. Anschließend fassen sie diese Einflussfaktoren in einem mathematischen Optimierungsmodell zusammen, dessen Ziel es ist, eine kostenoptimale Lösung zu finden. „Das Modell wird so komplex, dass es nicht möglich sein wird, eine richtige Lösung auszurechnen“, sagt Andreas Nitsche. „Stattdessen entwickeln wir einen optimierenden Algorithmus, mit dem wir möglichst nah an das Optimum herankommen.“ Die IPH-Wissenschaftler wollen ihr Optimierungsmodell anschließend in einem Softwaredemonstrator umsetzen, den sie interessierten Unternehmen zur Verfügung stellen werden.
Produzierende Unternehmen, die einen Fabrikumzug planen oder bereits durchgeführt haben, können sich noch am Forschungsprojekt beteiligen – unabhängig von der Branche. Auch Unternehmen, die professionelle Unterstützung bei Industrie-Umzügen anbieten, sind willkommen. Sie melden sich direkt bei Projektleiter Andreas Nitsche unter der Telefonnummer (0511) 279 76-440 oder per E-Mail an nitsche@iph-hannover.de. Das Kick-off-Treffen zum Projektstart findet voraussichtlich im April 2021 statt. Das Forschungsprojekt läuft bis Dezember 2022 und wird vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert.
Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gemeinnützige GmbH forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Produktionstechnik. Gegründet wurde das Unternehmen 1988 aus der Leibniz Universität Hannover heraus. Das IPH bietet Forschung und Entwicklung, Beratung und Qualifizierung rund um die Themen Prozesstechnik, Produktionsautomatisierung, Logistik und XXL-Produkte. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau, Luft- und Raumfahrt und der Automobil-, Elektro- und Schmiedeindustrie.
Das Unternehmen hat seinen Sitz im Wissenschaftspark Marienwerder im Nordwesten von Hannover und beschäftigt aktuell ca. 70 Mitarbeiter, etwa 30 davon als wissenschaftliches Personal.
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