Durch die Eigenkapitelrichtlinie IV werden multinationale Finanzunternehmen, die in der EU entweder ihren Hauptsitz oder zumindest eine Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte haben, verpflichtet, bestimmte Daten in einem CbCR-Bericht zu veröffentlichen. Dieser Bericht soll den Steuerbehörden und der Öffentlichkeit Angaben zur Gesamtaktivität mitteilen, etwa zu Tochtergesellschaften, Mitarbeitern, Gewinnen oder Steuerzahlungen. Dadurch will die EU eine höhere Steuertransparenz gewährleisten und aggressive Steuerplanung eindämmen.
Inhalte der CbCR-Berichte oft undurchsichtig
Die Studie zeigt nun erstmals, wie heterogen und (in-)transparent Finanzunternehmen in ihren CbCRs für die Geschäftsjahre 2014 bis 2016 berichten. Dafür untersuchten die Wissenschaftler/innen den Inhalt der CbCRs, etwa die Art und Weise der Berechnung der berichtspflichtigen Positionen und die Bereitstellung zusätzlicher Informationen. Bezüglich des Inhalts der CbCR-Berichte schneiden britische (41,35 Punkte von maximal 100 Punkten) sowie deutsche (38,91 Punkte) Unternehmen am besten und österreichische (23,04 Punkte) am schlechtesten ab. Hinsichtlich der Lesbarkeit des Datenmaterials liegen Konzerne mit einem Standort in Deutschland (72,45 Punkte) oder den Niederlanden (67,86 Punkte) auf den vorderen Plätzen. Italienische Bankkonzerne belegen den letzten Rang (60,52 Punkte).
Während es bei der Lesbarkeit der CbCR-Berichte kaum Unterschiede zwischen den Ländern gibt, bietet das inhaltliche Berichtsverhalten der Finanzunternehmen noch deutliches Verbesserungspotenzial: 80 Prozent der Unternehmen geben keine Informationen zum Konsolidierungskreis. In über zwei Dritteln aller Berichte fehlen Angaben zur zugrunde liegenden Datenquelle oder zur Behandlung konzerninterner Transaktionen im Zuge der Berechnung des Gewinns vor Steuern und des Umsatzes. Rund 70 Prozent der Unternehmen machen keine Angaben inwiefern CbCR und Konzernabschluss konsistent sind. „Das Fehlen klarer und einheitlicher Richtlinien führt zum heterogenen Meldeverhalten zwischen verschiedenen Bankgruppen und Ländern. Das erschwert die Vergleichbarkeit der Berichte und erhöht das Risiko von Fehlinterpretationen“, sagt Prof. Dr. Christoph Spengel, Forschungsprofessor am ZEW Mannheim.
Britische und deutsche CbCRs am transparentesten
Den höchsten Transparenzwert in der Gesamtwertung der CbCR-Berichte erreichen Unternehmen mit Sitz in Großbritannien (44,75 Punkte) und Deutschland (44,43 Punkte). Die niedrigste Bewertung erhalten niederländische (32,42 Punkte) und österreichische (29,95 Punkte) Unternehmen. „Wir beobachten, dass große Bankgruppen und Bankgruppen, die stärker in Steueroasen engagiert sind, ihre Aktivitäten in einem vergleichsweise transparenten CbCR offenlegen. Da diese Bankgruppen vermutlich mehr öffentliches Interesse auf sich ziehen als kleinere Bankgruppen, könnte die transparente Art der Berichterstattung durch den Wunsch getrieben sein, falschen Anschuldigungen im Hinblick auf Steuervermeidung vorzubeugen.“, erläutert ZEW-Wissenschaftlerin Verena Dutt aus dem Forschungsbereich „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“.
Bevor die Europäische Kommission Vorschläge vorantreibt, die öffentliche CbCR-Pflicht auf alle in der EU tätigen multinationalen Unternehmen auszuweiten, sollten die in der Studie festgestellten regulatorischen Schlupflöcher geschlossen werden. „Im Allgemeinen schließen die nationalen Gesetze der Mitgliedstaaten diese Regelungslücken nicht und bieten den berichtenden Firmen Spielraum“, kritisiert Spengel. Die Wissenschaftler/innen empfehlen daher, die zugrunde liegende Datenquelle und den anzuwendenden Konsolidierungskreis eines CbCR-Berichts zu spezifizieren und einheitliche Definitionen der berichtspflichtigen Positionen festzulegen, die für alle Finanzunternehmen gelten sollen. „Das wäre wichtig für eine konsistente Interpretation der Berichte über verschiedene Bankgruppen und Länder hinweg und um den Informationsgehalt des CbCR zu erhöhen. Eine standardisierte Vorlage liefert etwa die Mustervorlage der OECD“, sagt Verena Dutt.
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.
Forschungsfelder des ZEW
Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Makrtdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.
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