Bis das Kind zerrieben ist – VAfK-Auswertung zur Umfrage „Verfahrensdauer bei Sorge- und Umgangsrecht“

Verfahren im Sorge- und Umgangsrecht dauern häufig dreimal solange, wie vor der Reform 2008. Häufig so lange, bis das Kind zerrieben ist. So lautet auch der Titel unserer Auswertung der Umfrage zur Verfahrensdauer von Sorge- und Umgangsverfahren. Dabei fragten wir nicht nur nach der reinen Dauer, sondern auch, ob und wann Verfahrensbeistände bestellt wurden, wie lange Gutachten dauern oder wieviele Termine es im Verfahren gegeben hat. Es stellt eine der qualitativ umfangreichsten Auswertungen kindschaftsrechtlicher Verfahren dar, die bisher in Deutschland erstellt wurden.

Einige der Ergebnisse in Kurzform:

  • Der erste Termin, der nach dem Gesetz innerhalb eines Monats stattfinden soll, findet durchschnittlich erst nach rund einem halben Jahr (178 Tage) statt
  • An Oberlandesgerichten wird die gesetzliche Monatsfrist überhaupt nicht beachtet
  • Rund 40% der Verfahren können im ersten Termin zum Abschluss gebracht werden
  • Verfahrensdauern von einem Jahr und mehr sind sowohl an Amts- als auch an Oberlandesgerichten die Regel, zwei und mehr Jahre (je Instanz) nicht ungewöhnlich (max. 14 Jahre)
  • Der Verfahrensbeistand („Anwalt des Kindes“) ist mittlerweile fester Bestandteil in Kindschaftsverfahren
  • Ein Gutachten in Sorge- und Umgangsverfahren dauert im Schnitt 8 – 10 Monate, bis es fertiggestellt ist. Es können aber auch über drei Jahre sein
  • Mit Verfahrensbeistand verlängert sich ein Verfahren um 50%, mit einem Gutachter dauert es mindestens dreimal so lange
  • In rund 80% der Fälle wird der erste Antrag bei Gericht durch den Vater eingereicht
  • In 37% der Fälle kam es zu einem Kontaktabbruch
  • Das Bundesverfassungsgericht wird seiner Wächteraufgabe nicht gerecht, da über Verfassungsbeschwerden nicht (zu selten) entschieden wird
  • Familienrechtliche Reformen der letzten Jahrzehnte haben immer zu einer deutlichen Verschärfung des Streits und in der Folge der gerichtlichen Verfahren geführt

Doch auch die Betroffenen kommen an vielen Stellen zu Wort. Wie haben sie die Verfahren empfunden, welche Erfahrungen haben sie gemacht. Wie kann es sein, dass fast 2/3 der Befragten von negativen Auswirkungen berichten und weitere 18% der Ansicht sind, die Verfahren hätten überhaupt keine Wirkung gezeigt? Und auch sehr persönliche Schilderungen und Einsichten finden ihren Platz in der Auswertung

Die 64-seitige Zusammenfassung der Ergebnisse sowie deren Analyse steht auf der Homepage des Väteraufbruch für Kinder zum kostenfreien Download zur Verfügung. Die Ergebnisse sollen Anregung und Aufforderung zu einer gesellschaftlichen, rechtlichen und vor allem auch politischen Diskussion geben. Der Gesetzgeber hat seinen ihm auch vom europäischen Gesetzgeber vorgesehenen Auftrag, Kindschaftsverfahren zu beschleunigen, ins Gegenteil verkehrt. Daher bedarf es dringender Maßnahmen, hier gegenzusteuern.

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