In über sechs Jahren, von Mai 2014 bis Dezember 2020, wurden in der Staatsgalerie die Sammlungsbestände digital erschlossen. Dazu wurde eigens ein Team mit vier Mitarbeitenden beschäftigt, die im Laufe der Jahre – gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – 229.989 Datensätze erarbeiteten. Darunter konnten über 500 Werke der Graphischen Sammlung, die in den letzten Jahrzehnten als Kriegsverluste international gesucht wurden, vor Ort nachgewiesen werden. Mit diesen wiedergefundenen Werken kann die Staatsgalerie nun ihre Fehlermeldungen beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg aktualisieren und damit die Qualität der Lost Art-Datenbank verbessern. Auch können mit dem jetzt erstmals umfassenden und strukturierten Datenpool Fragestellungen zum Sammlungsbestand präziser als je zuvor beantwortet werden.
Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie sagt: »Nach dem Verlust der Inventarbücher im Jahr 1944 wurde das Wissen um die Werke der Sammlung an die jeweils nächste Generation auf verschiedenen Wegen weitergegeben, dabei wurde oft improvisiert. Auch muss man sagen, dass die Archivierung von Sammlungen früher nicht so präzise ist, wie man es heute erwartet. Daher sind wir sehr dankbar, dass wir die Möglichkeit zu dieser großen Inventur hatten. Jetzt haben wir eine wissenschaftliche Datenbank zu unserem gesamten Bestand, die uns ganz neue Möglichkeiten zu spannenden Forschungsthemen in den kommenden Jahren bietet.«
Anlass für die Generalinventur ist der Landtagsbeschluss zur Vermögensrechnung des Jahres 2012 gewesen. Dirk Rieker, Kaufmännischer Geschäftsführer der Staatsgalerie sagt: »Jährlich veröffentlicht das Land Baden-Württemberg seine Vermögenswerte. Dank des Beschlusses des Landtages 2012, auch die Landesmuseen zu bewerten, ergab sich für uns die einmalige Chance eine Generalinventur der Sammlung. Unser Dank gilt dem Land für die Unterstützung des Projektes.«
Ihren Ursprung hat die Sammlung der Staatsgalerie im 1806 gegründeten königlichen Kupferstichkabinett. 1852 kauft König Wilhelm I. aus Venedig die Sammlung Barbini-Breganze mit 250 Werken italienischer Malerei für das von ihm 1843 eröffnete Museum der Bildenden Künste. 1906 gründet sich der Stuttgarter Galerievereins, dessen erster Ankauf Claude Monets Meisterwerk Felder im Frühling ist. Zwischen 1922 bis 1927 wird die Sammlung um Werke der deutschen Expressionisten erweitert. In der Zeit des Nationalsozialismus sind die Ankäufe und Schenkungen der NS-Kunst nicht von großem Wert für die Sammlung. Allerdings trägt die Staatsgalerie seither die Verantwortung für alle Erwerbungen, die vor 1945 entstanden und nach 1933 erworben wurden und muss deren rechtmäßigen Erwerb beweisen oder bei unrechtmäßigem Erwerb restituieren. Von Weltrang ist der Bestand zur Klassischen Moderne, der aber erst Ende der 1950er-Jahre in die Sammlung gelangt. Dank großzügiger Vermächtnisse und Zuwendungen entstand die Sammlung mit ihrem heutigen Profil.
Das Interview mit Dr. Elke Allgaier, der Leiterin des Projekts, finden Sie auf unserer Website.
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