„Selbstverständlich sind sich die Wissenschaftler und die Universität bewusst, dass in den Lebenswissenschaften bei dem Einsatz von Tierversuchen besondere ethische Konflikte entstehen, weil der zu erwartende Erkenntnisgewinn in der Forschung gegen mögliche Schmerzen, Leiden und Schäden der Versuchstiere abgewogen werden muss. Diese ethischen Konflikte müssen in einem kontinuierlichen Diskurs nicht nur zwischen den Wissenschaftlern, sondern auch in der Gesellschaft immer wieder aufs Neue gelöst werden“, sagt Professor Michael Menger, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes. Tierversuche werden in der Forschung nur dort durchgeführt, wo sie nicht durch andere Methoden ersetzt werden können. Sie unterliegen äußerst strengen Auflagen. „Die meisten Medikamente, mit denen wir heute eine Vielzahl von Krankheiten heilen können, gäbe es ohne Tierversuche nicht“, betont Menger.
Eine wesentliche Aufgabe der Forschung in den Lebenswissenschaften ist, die äußerst komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Organsystemen in lebenden Organismen zu verstehen. „Durch den Einsatz von Zellkulturen und Computersimulationen ist es bereits möglich, einzelne Funktionen der Organsysteme auch ohne Tierversuche zu erforschen. Zellkulturen sind jedoch vereinfachte, künstliche Systeme, die das komplizierte Zusammenspiel zwischen den Organen im intakten, lebenden Organismus nicht abbilden können“, betont Professor Menger. Die wahre Natur einer Erkrankung wie zum Beispiel Krebs, Alzheimer oder Diabetes werde erst sichtbar, wenn dieses komplizierte Zusammenspiel im Gesamtorganismus, also im Tierexperiment, erforscht werden könne.
Das von dem Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ kritisierte Tiermodell wird weltweit von verschiedenen Wissenschaftlern in Forschungsarbeiten zu Krebserkrankungen, Diabetes, der Wundheilung etwa nach schweren Brandverletzungen und in der Regenerativen Medizin eingesetzt. Als Richtlinie gilt dabei das ethische Prinzip der „3R“: Replace (Vermeiden), Reduce (Verringern) und Refine (Verbessern). In diesem Sinne wurde das Modell im Laufe der Jahre kontinuierlich modifiziert, um die Versuchstiere so wenig wie möglich zu belasten. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben wurde auch die vom Verein „Ärzten gegen Tierversuche“ kritisierte Studie bei der zuständigen Landesbehörde beantragt und genehmigt. Dies schließt eine Beratung und Stellungnahme durch die Tierschutzbeauftragte sowie ein Votum der Tierschutzkommission ein, die zu Teilen auch aus Tierschützern besteht. „Die Antragstellung beinhaltet für den Versuchsleiter verpflichtend eine ausführliche wissenschaftlich begründete Darlegung, dass die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf die zu erwartenden Erkenntnisse ethisch vertretbar sind“, betont Medizin-Professor Menger. Die durchgeführten Versuche seien wichtig für das Verständnis von Gefäßwachstum bei Lungenerkrankungen wie beispielsweise der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), dem Lungenkrebs oder bei Patienten nach einer Lungentransplantation.
Sehr wohl sei sich die Universität ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst. „Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen jederzeit bereit, die auch in der Gesellschaft erforderliche Diskussion zum Thema Tierversuche zu begleiten“, sagt der Homburger Mediziner.
Weitere Informationen zum Thema Tierversuche in der Wissenschaft: www.tierversuche-verstehen.de
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