Ob Depression, Burnout, Angststörung oder eine andere psychische Erkrankung: viele Menschen kostet es noch immer Überwindung, sich jemand anderem anzuvertrauen oder sich professionelle Hilfe zu holen. Zwar werden Begriffe wie Depression, Stress und Burnout in der öffentlichen Diskussion teils inflationär verwendet über psychische Erkrankungen, ihre Folgen für Betroffene und deren Umfeld wird aber weiterhin geschwiegen. Insbesondere am Arbeitsplatz ist die eigene seelische Verfassung und psychische Gesundheit oft ein Tabuthema. „Auch heute verstecken viele Betroffene ihre Krankheit noch vor ihrem Umfeld, Freunden und Kollegen. Es wird noch einiges an Aufklärung und Sensibilisierung nötig sein, damit psychische Erkrankungen ihr Stigma verlieren“, mutmaßt Jacqueline Kühne, Vorstand des BKK Landesverbandes Süd.
Und das, obwohl in Deutschland jedes Jahr etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen ist. Zu den häufigsten Krankheitsbildern gehören Angststörungen und Depressionen. Der relative Anteil psychischer Erkrankungen am Arbeitsunfähigkeitsgeschehen erhöhte sich in den vergangenen 40 Jahren von zwei Prozent auf 16,6 Prozent (BKK Gesundheitsreport 2018). Die durch psychische Krankheiten ausgelösten Krankheitstage haben sich in diesem Zeitraum verfünffacht. Heute stellen psychische Erkrankungen die zweithäufigste Diagnosegruppe bei Krankschreibungen bzw. Arbeitsunfähigkeit (BKK Gesundheitsreport 2018).
Nicht nur die aktuelle Corona-Situation fordert die Menschen in besonderem Maße. Die Anforderungen an unser Leben verändern sich seit einigen Jahren gefühlt schneller. Unsere Arbeitswelt befindet sich in einem rasanten Umbruch. Prozesse verdichten sich. Die Digitalisierung erfordert Flexibilität und Lernfähigkeit. Viele Menschen empfinden ihren Alltag als schnelllebiger und komplexer als früher. „Wenn punktueller Stress oder das Gefühl der Belastung über einen längeren Zeitraum anhalten, kann dies zur Überlastung führen und im schlimmsten Fall in einer Erkrankung gipfeln“, erläutert Kühne.
Bei psychischen Erkrankungen gibt es keine “One size fits all”-Lösungen. Schon die Frage, was bei einem Menschen Stress auslöst, ist komplex und wird von jedem unterschiedlich beantwortet. Was den einen stresst, spornt den anderen an. Dementsprechend breit gefächert sind die Lösungsansätze, Methoden und Therapien. Wichtig ist in jedem Fall, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen, auch wenn die Grenzen zwischen punktueller Belastung, chronischer Überlastung und schwerwiegender Krankheit fließend sind.
„Wir wollen den Versicherten in Hessen mit dem KOMPASS-Vertrag die Möglichkeit geben, zusammen mit einem Therapeuten aus verschiedenen Bausteinen, den für sie passenden, auszuwählen. Gleichzeitig ist uns wichtig, dass Betroffene frühzeitig professionelle Hilfe annehmen. Unser Fokus liegt deshalb darauf, unseren Versicherten ein vielfältiges, auf die Schwere der Erkrankung angepasstes, modulares Angebot bereit zu stellen“, betont Roland Rogge, Vorsitzender des Vertragsausschusses der BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft (BKK VAG) Hessen. Der KOMPASS-Vertrag enthält deshalb, neben der klassischen Psychotherapie in Einzel- oder Gruppensitzungen, auch niederschwellige Module, die keinen direkten Kontakt benötigen, wie beispielsweise ein Online-Selbsthilfeprogramm, eine Krisenhotline oder ein Telefoncoaching.
„Ab Januar 2021 erhalten unsere Versicherten in Hessen auch bei schweren psychischen Erkrankungen eine Wahlmöglichkeit“, freut sich Rogge. Da in Abhängigkeit von der Schwere der Ausprägung des Krankheitsverlaufes psychisch Kranke sehr häufig auch in krisenhaften Situationen einer engeren Betreuung oder stationären Behandlung bedürfen, ermöglicht die sogenannte „BKK Psychiatrie-Vereinbarung“ den Versicherten eine engmaschige Betreuung zu Hause durch ein Team aus Facharzt und Bezugstherapeuten − als Alternative zu einem Klinikaufenthalt. Dadurch werden psychisch Kranke, gerade auch in einer Krise, nicht aus ihrer gewohnten häuslichen Umgebung gerissen und in ihrer Genesung zusätzlich unterstützt.
Gemeinsam richten sich Kühne und Rogge an Menschen mit psychischen Erkrankungen: „Sie sind nicht allein mit Ihrer Krankheit. Nehmen Sie professionelle Hilfe und Hilfe aus Ihrem Umfeld an. Bei einer Therapie haben Sie gute Chancen auf Heilung oder Besserung. Insbesondere wenn die Anzeichen frühzeitig erkannt und behandelt werden, kann einer Chronifizierung der Erkrankung vorgebeugt werden.“
Solche Anzeichen könnten körperliche Beschwerden, wie Magenschmerzen, Migräneanfälle oder Schlafstörungen sein, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen. Ebenso kann es auf eine psychische Krankheit hindeuten, wenn Menschen dauerhaft ängstlich oder niedergeschlagen, mutlos, lustlos, reizbar oder ständig müde sind.
Die unterschiedlichen Therapieangebote sind eine Zusatzleistung, welche alle Versicherten von den am Kompass-Vertrag und der − am 01.01.2021 startenden − Psychiatrie-Vereinbarung teilnehmenden Betriebskrankenkassen nutzen können.
Information:
Detaillierte Informationen zum KOMPASS-Vertrag
Die Vorteile des Kompass-Vertrages Hessen auf einen Blick
- Die Teilnahme ist freiwillig und kostenfrei
- Ein speziell geschultes Therapeuten-Team ermittelt gemeinsam mit dem Patienten dessen individuellen Versorgungsbedarf
- Aus den folgenden Bausteinen wird ein optimales Unterstützungsprogramm entwickelt:
– Psychosoziale Beratung (Unterstützung bei sozialen Problemen z.B. durch Selbsthilfegruppen)
– Krisenhotline (In schwierigen Phasen rund um die Uhr Hilfe finden)
– Online-Selbsthilfeprogramm (Professionelle und persönliche Hilfe mit webbasierten Unterstützungsprogrammen)
– Telefoncoaching (Regelmäßige Telefongespräche mit erfahrenen Psychologen)
– Psychoedukation (Erklärung zu Ursachen der Erkrankung und Entwicklung von Bewältigungsstrategien)
– Psychotherapie (Problembewältigung in Einzel- oder Gruppensitzungen: persönlich oder als Videosprechstunden)
Die BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft (BKK VAG) Hessen ist ein Zusammenschluss von 55 Betriebskrankenkassen mit dem Ziel, die Interessen im Selektivvertragsbereich zu bündeln und gemeinsam Verträge abzuschließen. Dadurch sollen möglichst viele BKK-Versicherte die Möglichkeit haben, innovative und die Regelversorgung ergänzende Leistungen in Anspruch nehmen zu können.
Der BKK Landesverband Süd nimmt die Interessen von 24 Betriebskrankenkassen und deren Pflegekassen mit Sitz in Baden-Württemberg und Hessen wahr. Hinter den Betriebskrankenkassen stehen namhafte und traditionsreiche Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen. Betriebskrankenkassen bilden mit die älteste Form der solidarischen Krankenversicherung in der Geschichte Deutschlands. In Baden-Württemberg und Hessen leben 2,3 Mio. Menschen, die bei einer Betriebskrankenkasse versichert sind.
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