Menschen, die überwiegend im Freien arbeiten, wie beispielsweise in der Landwirtschaft, im Bauwesen, im Straßen- und Tiefbau, im Gartenbau, bei der Straßen- und Fahrzeugreinigung oder als Sicherheitspersonal, setzen ihre Haut über die Jahre einer hohen UV-Strahlenbelastung aus. Von dieser weiß man, dass sie das größte Risiko für die Ausbildung von hellem Hautkrebs ist. Jedes Jahr erkranken in Deutschland nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts 230.000 Menschen neu an nicht-melanozytären Hautkrebsformen, wie heller Hautkrebs auch bezeichnet wird. Der helle Hautkrebs tritt meist in einem höheren Alter auf; Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen.
Seit 2015 sind in Deutschland bestimmte Vorstufen des hellen Hautkrebses, sogenannte aktinische Keratosen, und Plattenepithelkarzinome bei langjährig im Freien Beschäftigten als Berufskrankheit anerkannt. „Inzwischen werden jedes Jahr über 8000 Verdachtsfälle von beruflichem Hautkrebs bei Versicherten der Gesetzlichen Unfallversicherung gemeldet, und ein Großteil wird anerkannt“, sagt Professor Dr. med. Peter Elsner, Direktor der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Jena und Beauftragter für die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Die Anerkennung als Berufskrankheit ist für die Betroffenen wichtig, da damit eine medizinische Versorgung zu Lasten der Unfallversicherung und gegebenenfalls auch eine Rentenzahlung verbunden sind.
Nicht berücksichtigt wurden bisher jedoch sogenannte Basalzellkarzinome, die häufigste Form des hellen Hautkrebses. Drei Viertel der nicht-melanozytären Hautkrebsformen sind Basalzellkarzinome. Dieser Tumor hat sehr unterschiedliche Erscheinungsformen und zeigt sich im Gesicht, auf der Kopfhaut, an Hals und Nase, am Dekolleté, an Armen, Beinen oder Rumpf. Dort bilden sich hautfarbene bis rötliche knotige Tumore, die einen perlschnurartigen Randsaum haben. Geweitete Blutgefäße schimmern rötlich durch die Haut und es können kraterförmige Einsenkungen sichtbar sein. Basalzellkarzinome bilden nur selten Metastasen, also Tochtergeschwülste, aus. Sie sind also selten tödlich. Allerdings kann der Tumor in das umliegende Gewebe einwachsen, dadurch Organe gefährden und die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
Lange schon vermuten Expertinnen und Experten, dass diese Tumoren ebenfalls durch intensive und langjährige Sonnenlichtexposition entstehen. Es fehlten aber bislang belastbare Daten, um eine Anerkennung als Berufskrankheit zu erlangen. Eine Forschergruppe um die Dresdener Dermatologin Professor Dr. med. Andrea Bauer hat nun in einer Multicenterstudie untersucht, in welchem Ausmaß sich eine beruflich bedingte UV-Strahlungsexposition auf das Risiko, an einem Basalzellkarzinom zu erkranken, auswirkt. Professor Bauer, die stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie der DDG ist, wollte zudem herausfinden, ob der Lichtempfindlichkeitstyp, die Stelle des Tumors und der feingewebliche Typ des Hautkrebses eine Rolle für das Risiko spielen.
Acht Studienzentren beteiligten sich. In die Studie eingeschlossen wurden 643 Patienten mit einem Basalzellkarzinom an einer durch den Beruf bedingten sonnenbelichteten Hautstelle und eine gleichgroße Kontrollgruppe. Die Dermatologin, die als Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden arbeitet, erläutert: „Wir wollten exakt ermitteln, wie groß die UV-Strahlungsexposition während des jeweiligen Arbeitslebens war, also eine genaue, retrospektive Expositionserfassung möglichen machen. Dafür brauchten wir eine spezielle Software zur Erhebung der beruflichen Anamnese der Studienteilnehmer“. Diese Anamnesesoftware wurde zusammen mit dem Institut für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) entwickelt. In die von der DGUV geförderten Studie gingen zudem Versicherungsunterlagen ein, aus denen die Dauer der Arbeit im Freien hervorging.
Die Analyse der Daten ergab, dass das Risiko, ein Basalzellkarzinom zu entwickeln, für die „Outdoor Worker“ doppelt so hoch ist, wie für Menschen, die nicht im Freien arbeiten. Und dies unabhängig von der Tumorlokalisation, dem histologischen Subtyp und dem Hauttyp des Patienten. „Damit sind wichtige Voraussetzungen gegeben, um eine Anerkennung als Berufskrankheit auf den Weg zu bringen“, so Bauer. Nach deutschem Berufskrankheitenrecht muss eine Krankheit mindestens doppelt so häufig auftreten wie bei der übrigen Bevölkerung, um als beruflich verursacht eingestuft zu werden. Bauer geht davon aus, dass der entscheidende Punkt, der zu einer Risikoverdoppelung durch berufliche UV-Exposition führt, der Erwerb hoher UV-Dosen in kürzeren Zeitabständen bei beruflicher Außenarbeit (z.B. 6.000 SED in 15 Jahren Außenarbeit, [400 SED/Jahr]), im Vergleich zur kumulativen UV-Exposition während der gesamten Lebenszeit (z.B. 9.100 SED private Exposition bei einem 70-jährigen Menschen [130 SED/Jahr]) ist. Diese Annahme wird durch neue Daten aus dem IFA gestützt, das in Messkampagnen eine hohe berufliche UV-Belastung in vielen Außenberufen gezeigt hat.
„Alle, die unter freiem Himmel arbeiten, sollten ganz besonders auf guten UV-Lichtschutz durch entsprechende Kleidung und Sonnenschutzmittel achten – und das dann natürlich auch bei Freizeitaktivitäten im Freien“, ergänzt Elsner. Auch das alle zwei Jahre von der gesetzlichen Krankenversicherung für über 35-Jährige angebotene Hautkrebsscreening sollten „Outdoor-Worker“ unbedingt wahrnehmen, empfiehlt der Dermatologe.
Quelle:
Bauer A, Haufe E, Heinrich L et al.: Basal cell carcinoma risk and solar UV exposure in occupationally relevant anatomic sites: do histological subtype, tumor localization and Fitzpatrick phototype play a role? A population-based case-control study. Journal of Occupational Medicine and Toxicology (2020). 15:28. doi.org/10.1186/s12995-020-00279-8
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