Bei der Entwicklung von Diabetes-Spätschäden wie Nervenschädigung (Neuropathie) mit chronischen Schmerzen und diabetischem Fuß spielen sogenannte SUMO-Proteine (engl. Small Ubiquitin-related MOdifier) eine entscheidende Rolle. Dies berichten Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Heidelberg aktuell in der Fachzeitschrift „Neuron" nach Studien im Mausmodell und an Patientenproben. Die Arbeiten profitierten von der Expertise zweier Heidelberger Sonderforschungsbereiche zur Erforschung von Diabetes-Spätschäden.
Bei etwa einem Fünftel aller Diabetes-Patienten kommt es zu Spätfolgen wie diabetischer Neuropathie, bei der Nervenzellen außerhalb von Gehirn und Rückenmark geschädigt werden. Als Ursache gelten Störungen des Nervenzellstoffwechsels, die zur Ablagerung von schädlichen Stoffwechselprodukten und oxidativem Stress im Nervengewebe führen. Nachdem bisher keine ursächliche Therapie zur Verfügung steht, bleibt den Patienten nur die Schmerzbehandlung. Nun zeigte die Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. Rohini Kuner, geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Medizinischen Fakultät Heidelberg, dass die Bindung von SUMO-Proteinen an Stoffwechselenzyme vor diabetischer Neuropathie schützt. Kommt es zur Verringerung der SUMO-Proteine in den Nervenzellen, hat dies Nervenschäden zur Folge. „Unsere Arbeiten liefern wichtige Grundlagen zu den molekularen Mechanismen, die der diabetischen Neuropathie zugrunde liegen", sagt Prof. Dr. Rohini Kuner.
Die Forscher schlossen aus ihren Untersuchungen, dass eine verringerte SUMO-Bindung an Stoffwechselenzymen zur Bildung schädlicher Stoffwechselprodukte und damit zur Schädigung peripherer Nerven führt. Das Projekt zur Schutzwirkung der SUMO-Proteine ist Teil des Heidelberger Sonderforschungsbereichs (SFB) 1118 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Nawroth, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg, geleitet wird.
Darüber hinaus beschäftigt sich die Gruppe um Prof. Dr. Rohini Kuner mit der Frage, wie die Schmerzwahrnehmung bei diabetischer Neuropathie beeinflusst ist. So konnten die Forscher zeigen, dass der Verlust von SUMO-Proteinen die Aktivität wichtiger Ionen-Kanäle (TRPV1) in Nervenzellmembranen verändert und die Verarbeitung von Schmerz- und Hitzereizen verändert. Dies führt beim Fortschreiten der diabetischen Neuropathie zu chronischem Schmerz. Die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe tragen wesentlich zur Erforschung chronischer Schmerzen bei Diabetes bei und stützen den von Frau Prof. Dr. Rohini Kuner geleiteten SFB 1158 „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz".
Mit Blick auf die therapeutische Anwendung
„Ohne die Kooperation zweier Heidelberger Sonderforschungsbereiche, einmal mit der Expertise Schmerz und einmal mit der Expertise Stoffwechsel, wären diese Erkenntnisse nicht möglich gewesen. Hier zeigt sich deutlich, wie durch interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und klinischer Forschung Synergien entstehen können, die letztlich dem Patienten zugutekommen sollen", sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Nawroth
Die Untersuchungen wurden anhand von Mausmodellen und Patientenproben erarbeitet. Die Heidelberger Forscher wollen weitere Arbeiten anschließen, um die Erkenntnisse für eine mögliche therapeutische Anwendung zu entwickeln. Hierzu soll untersucht werden, ob die Veränderung der SUMO-Modifikation vom Blutzuckerspiegel abhängt, und mit welchen Substanzen speziell die Schutzwirkung der SUMO-Proteine wiederhergestellt werden kann, um Spätfolgen der Diabeteserkrankung von der Ursache her entgegen wirken zu können.
Veröffentlichung
Agarwal et al. SUMOylation of metabolic enzymes and ion channels in sensory neurons protects against metabolic dysfunction, neuropathy and sensory loss in diabetes, Neuron, 2020 https://doi.org/10.1016/j.neuron.2020.06.037
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich circa 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg rund 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion.
www.klinikum-heidelberg.de
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Telefon: +49 (6221) 56-0
Telefax: +49 (6221) 56-5999
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de
Geschäftsführende Direktorin
Telefon: +49 (6221) 5416600
E-Mail: rohini.kuner@pharma.uni-heidelberg.de
Leiterin Unternehmenskommunikation
Telefon: +49 (6221) 56-5052
Fax: +49 (6221) 56-4544
E-Mail: doris.ruebsam-brodkorb@med.uni-heidelberg.de
Stellvertretende Pressesprecherin
Telefon: +49 (6221) 56-7071
Fax: +49 (6221) 56-4544
E-Mail: julia.bird@med.uni-heidelberg.de