GEW zum Übergang in den Kita-Regelbetrieb ab dem 06.08.2020

Die GEW kritisiert die Umsetzung der Handlungsempfehlungen im Umgang mit dem Corona-Virus für Kindertageseinrichtungen – Fassung 3 der BASFI vom 23.07.2020.

Anhand folgender ausgewählter Punkte, entsprechend der gewählten Reihenfolge in den Handlungsempfehlungen, zeigen wir auf, dass es nicht ausreicht Papiere zu erstellen um die Beschäftigten vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen und eine funktionierende Kindertagesbetreuung zu gewährleisten.

  1. Der Rahmen-Hygieneplan gemäß § 36 Infektionsgesetz für Kindereinrichtungen legt im ersten Satz im Punkt  Hygienemanagement eindeutig und unmissverständlich klar:

„Der Leiter der Einrichtung trägt die alleinige Verantwortung für die Sicherung der hygienischen Erfordernisse und nimmt seine Verantwortung durch Anleitung und Kontrolle wahr.“

Kritik: Die Leitungen werden im Zweifel dabei allein gelassen, denn sie haben keine Befugnis ihrem Arbeitgeber, dem Kitaträger anzuweisen, z. B. Schutzausrüstungen wie FFP2-Masken und/oder Visiere anzuschaffen.

  1. Im Rahmen des Arbeitsschutzes erstellte Gefährdungsbeurteilungen gemäß der Unfallkasse Nord und der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sind unter Berücksichtigung des einheitlichen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards vom 16.04.2020 zu aktualisieren und zu dokumentieren.

Das Ablaufschema der Unfallkasse-Nord vom 27.04. 20202 sieht die Umsetzung und Einhaltung der Abstandswahrung durch angepasste Gruppengrößen vor, die sich durch die baulichen Begebenheiten bestimmen. Im Schreiben vom 22.04.2020 wird die Notwendigkeit des Maskentragens noch verneint.

Kritik: Der einheitliche SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard vom 16.04.2020 wird durch das Papier der UK-Nord und durch die hier vorliegenden Handlungsempfehlungen in Teilen abweichend zumindest missverständlich umgesetzt, der Beschäftigtenschutz ist innerhalb der Betriebsstätte weitestgehend aufgehoben, weil von den zu betreuenden Kindern angeblich nur vernachlässigbar geringe Gefahren ausgehen.

  1. Beschäftigte, die zur Personengruppe mit höherem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf gehören, klären mit dem Kita-Träger als Arbeitgeber ab, wie dieses Risiko einzuschätzen und zu bewerten ist, um dann ggf. geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.

Kritik: In den meisten Fällen ist der Arbeitgeber medizinisch ungebildet. Ein medizinischer Laie soll einschätzen und bewerten können, welche Schutzmaßnahmen ggf. zu treffen sind.  Zu welcher Erkenntnis soll ein Arbeitgeber kommen, wenn von offizieller Seite, wie z. B. der BASFI oder der  Unfallkasse-Nord gesagt wird, dass nur vernachlässigbare geringe Gefahren bestehen.  Und selbst in dem Falle, dass eine Schutzkleidung als erforderlich angesehen wird, wird kein Geld von der finanzierenden Behörde an die Kita-Träger vergeben, um solche Schutzkleidung anzuschaffen.

Selbst die Vorlage eines Attestes, das aussagt, dass Beschäftigte aufgrund von Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören, veranlasst die Arbeitgeber nicht, die vorbelasteten Arbeitnehmer*innen aus der Kinderbetreuung herauszunehmen. Die Arbeitnehmer*innen werden auf diese Art gezwungen, sich „krankschreiben“ zu lassen und nach Beendigung der Gehaltsfortzahlung Einkommensverluste hinzunehmen – obwohl der Arbeitgeber dafür zuständig ist, die Arbeitnehmer*innen vor Infektionen am Arbeitsplatz zu schützen und die Arbeitnehmer*innen unter Fortzahlung des Gehalts freizustellen hat, wenn er den Schutz nicht auf andere Weise gewährleisten kann.

  1. Testmöglichkeiten für Beschäftigte in den Kitas („Fast-Track“)

Der von der Behörde vorgegebene Ablauf, der zu befolgen ist, damit den Beschäftigten keine Kosten entstehen, wenn sie sich testen lassen wollen, sieht mehrere Hürden vor. 1. Die/der Beschäftigte muss seinen Kitaträger/Arbeitgeber davon überzeugen, dass er getestet werden möchte.

Stimmt der Arbeitgeber diesem Wunsch zu, dann muss der Arbeitgeber einen Anmeldebogen ausfüllen und an die Sozialbehörde senden. Die Sozialbehörde meldet dann die Beschäftigten zur Testung an und informiert den Träger über den Termin der Testung. Der Träger informiert seinen Beschäftigten über den Termin.

Kritik: Ein zu umständliches Verfahren. Dass es anders geht beweist die Schulbehörde, die Schulbeschäftigten dürfen ihren Hausarzt aufsuchen und sich testen lassen.

Im Zweifel wird es im Kita-Bereich kaum zu Testungen kommen. Denn, falls der Träger die Testung nicht in der Arbeitszeit als bezahlte Arbeitszeit durchführen lässt, muss der Beschäftigte entweder auf Teile seines Gehalts verzichten oder aber einen neuen Termin, der hoffentlich zufällig außerhalb seiner Arbeitszeit stattfindet, beantragen. Gleiche Prozedur, wie aufgezeigt.

Zusammenfassung:

Zwar werden Dokumentationspflichten genannt, aber sie werden nicht überprüft. Die BASFI als Behörde, die für die Kindertagesbetreuung zuständig ist, muss ein Prüf- und Strafverfahren ausüben um sicherzustellen, dass ihre „Handlungsempfehlungen“ nicht nur als Empfehlungen gelesen und zur Seite gelegt werden, sondern als eindeutige Weisungen verstanden werden, deren Einhaltung überprüft wird.

Im Falle einer nicht unerheblichen Fallzahl von aus der Kinderbetreuung herauszunehmenden und freizustellenden Beschäftigten, die zu der Risikogruppe gehören, ist die Behörde aufgefordert, den Trägern die Kosten für den zusätzlichen Personalaufwand für Vertretungskräfte zu erstatten.

Insbesondere muss der Schutz der Beschäftigten an erster Stelle stehen. Es müssen barrierefreie Testungen, wie sie für Schulbeschäftigte möglich sind, auch für alle Kita-Beschäftigten ermöglicht werden. – Selbst wenn der politische Wille sich dadurch bestimmt, dass den Kindern der Zugang zu der Bildungsstätte Kita uneingeschränkt zur Verfügung steht, muss der Schutz der Beschäftigten ernsthaft umgesetzt werden. Denn ohne Beschäftigte wird es keinen Kitaregelbetrieb geben.

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