Die Gedenkstättenstiftung und das Internationale Sachsenhausen Komitee üben Kritik am Beschluss über Straßennamen

Ungeachtet der massiven Kritik des Internationalen Sachsenhausen Komitees, von Angehörigen von KZ-Häftlingen, des internationalen Beirats der Gedenkstättenstiftung, des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Gedenkstätte und von über 1.000 Unterzeichnern einer Online-Petition haben die Stadtverordneten von Oranienburg gestern beschlossen, die Straßen in einem Neubaugebiet auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenkommandos „Zeppelin“ nach Frauen aus ganz unterschiedlichen historischen Kontexten zu benennen. Nur eine von acht Straßen soll nach einem Opfer des Konzentrationslagers Sachsenhausen benannt werden. In heftiger Kritik stand dabei der Vorschlag, eine Straße nach einer Speziallagerinhaftierten zu benennen. Ihre Einbeziehung, so der Kontext zahlreicher Eingaben und Zuschriften, kommt einer Gleichsetzung unterschiedlicher historischer Kontexte und Leiderfahrungen der Opfer gleich.

Zu der gestrigen Entscheidung erklärt Stiftungsdirektor Axel Drecoll: „Der Beschluss der Oranienburger Stadtverordneten, die Straßen auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenkommandos nicht nach KZ-Häftlingen zu benennen, hat uns tief enttäuscht. Dass es über Wochen und Monate und trotz der zahlreichen Einlassungen, Bitten und Proteste aus dem In- und Ausland nicht möglich war, die Vorschlagsliste zu verändern, ist mir absolut unverständlich. Die jetzt entschiedene Benennungspraxis nimmt auf die Anliegen der Opfer des Konzentrationslagers und deren Angehörige keinerlei Rücksicht, ein deutlicher Affront ausgerechnet gegenüber den Menschen, für die die Stadt Oranienburg eine besondere Verantwortung übernehmen müsste“, so Drecoll.

Andreas Meyer, Vizepräsident des Internationalen Sachsenhausen Komitees, ergänzt: „Wir sind zutiefst betroffen, dass die große Mehrheit der Stadtverordneten die vielen eindringlichen Appelle aus ganz Europa gegen eine Verschleierung der KZ-Geschichte des Ortes und gegen eine Gleichsetzung von Konzentrationslager und Speziallager ignoriert hat. Damit fügen sie den Überlebenden und ihren Angehörigen tiefe Verletzungen zu, die lange nachwirken werden und das Verhältnis zur Stadt Oranienburg nachhaltig beschädigen können. Hier ist ein Flurschaden entstanden, der mit etwas gutem Willen und Gesprächsbereitschaft hätte vermieden werden können. Dass dies nicht möglich war, gibt auch für die Zukunft Anlass zu großer Sorge“, sagte Meyer.

Am 1. Oktober 1942 nahm ein Zweigwerk der Luftschiffbau Zeppelin GmbH Friedrichshafen, das sich in unmittelbarer Nähe des KZ Sachsenhausen auf dem Gelände zwischen Aderluch und den Bahngleisen befand, seinen Betrieb auf. Zunächst ca. 150 und später bis zu 700 Häftlinge des KZ Sachsenhausen mussten hier, beaufsichtigt von rund 120 Zivilarbeitern, Fesselballons fertigen und reparieren, mit denen der Anflug feindlicher Flugzeuge behindert werden sollte. Auf dem Gelände entsteht derzeit ein Wohngebiet mit acht neuen Straßen, um deren Benennung seit Monaten gestritten wird.

Information: www.sachsenhausen-sbg.de

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