Exit-Strategie: Masterplan statt Länder-Chaos gefordert

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich mit den Ministerpräsidenten über Lockerungen der Corona-Beschränkungen beraten und geeinigt. Unklar ist noch, ob die Länder eine gemeinsame Linie finden. „Nachdem sich Unternehmen bereits durch einen Vorgaben-Dschungel bei Schließungen kämpfen mussten, droht nun ein Flickenteppich auch bei Lockerungen. Das gilt es dringend zu verhindern. Einzelne Branchen dürfen hierbei keineswegs ausgeschlossen oder benachteiligt werden.“, appelliert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES. 

Veltmann befürchtet: „Wenn jedes Bundesland bis hin zu jedem Landkreis und jeder Kommune ihr eigenes Süppchen kochen, stehen wir vor einem Chaos voller Widersprüche. Einheitliche Termine für die Wiedereröffnung in einzelnen Branchen verhindern nicht nur Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Unternehmen mit überlappenden Sortimenten oder den Unternehmen in verschiedenen Bundesländern. Einheitliche Termine sind auch erforderlich, um einen unnötigen Reiseverkehr der Verbraucher und einen möglicherweise schwer zu handhabenden Andrang auf die zuerst geöffneten Geschäfte zu verhindern. 

Gegenwärtig lassen sich die Effekte eines regulatorischen Flickenteppichs in den von den Schließungen ausgenommenen Verkaufsstellen exemplarisch beobachten. Die Vorgaben in den Bundesländern unterscheiden sich hinsichtlich der einzuhaltenden Abstände zwischen Personen, der maximalen Zahl von Personen auf der Fläche, der Zugangsbeschränkungen, eventueller Reinigungspflichten für Griffflächen, der Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten, der zum Verkauf freigegebenen Sortimente etc. Zudem stiftet eine unterschiedliche Auslegung der Vorgaben sowohl bei den Bürgern als auch bei den kommunalen Ordnungsbehörden erhebliche Verunsicherungen. Unklare Regelungen bieten zu viel Interpretationsspielraum. Unternehmen und ihre Kunden benötigen klare Leitlinien. 

„Fragestellungen, wie die abstrakten Vorgaben konkret umgesetzt werden sollen, blieben zu häufig unbeantwortet. Diese Verunsicherung muss bei einer Wiedereröffnung verhindert werden.“, appelliert Veltmann. Zudem könnten nur einheitliche Vorgaben konsequent und wirksam an den Verbraucher kommuniziert und auch von diesem eher akzeptiert und deshalb eingehalten werden. Ein einheitliches Vorgehen erleichtere damit auch die Arbeit des öffentlichen Gesundheitsschutzes und seiner Behörden. Hierfür brauche es aber einen transparenten und klaren Masterplan für alle Branchen, so Veltmann weiter. 

Nur mit einer frühzeitigen, unmissverständlichen und transparenten Kommunikation können Unternehmen die nötigen Vorkehrungen für die Wiedereröffnung treffen. Und nur so können sie ihren Kunden höchsten Standard für den Gesundheitsschutz bundesweit gewährleisten. „Denn auch unser Ziel ist eine Wiederaufnahme des Kundenbetriebs mit hohen Standards für den Gesundheitsschutz.“, betont Veltmann. „Wir sind uns der weiterhin bestehenden Ansteckungsgefahr und der damit verbundenen Risiken selbstverständlich bewusst. Deshalb akzeptieren wir die Lockerungen unter Beachtung angemessener Auflagen des Gesundheitsschutzes, so Veltmann weiter.

Länderübergreifende Einheitlichkeit des Vorgehens ist gerade für die Vielzahl des kooperierenden Mittelstandes aus Handel, Handwerk und Dienstleistungsbranchen besonders wichtig. Denn: Die Kooperationszentralen könnten dann umso mehr ihren Mitgliedern Hilfestellungen bieten – vom Ladenbau, bis hin zum Management von Abständen oder den Unterweisungen der Beschäftigten. 

KfW Schnellkredit: 3,1 Millionen Unternehmen nicht antragsberechtigt

So sinnvoll und effektiv die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren Verbreitung des Coronavirus auch sind, so katastrophal wirken sich ihre wirtschaftlichen Folgen auf längere Sicht aus. Teil des Masterplanes muss es also ebenso sein, die Liquidität in der Breite des Mittelstandes zu erhalten. Noch klafft allerdings eine Lücke, da das Hilfsprogramm der Bundesregierung für 3,1 Millionen Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten nicht zugänglich ist. 

Kleinere Unternehmen kommen zwar in den Genuss der Direkthilfeprogramme der Länder, die der Bund für Soloselbständige mit 9.000 Euro und für Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten mit 15.000 Euro fördert, allerdings reichen die bereitgestellten Mittel für die meisten dieser Betriebe nicht aus, um die in der Krisenzeit bestehenden Verpflichtungen und laufenden Ausgaben zu decken. Noch dazu sind die Soforthilfen je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet. Deshalb sollte die Untergrenze des KFW-Schnellkreditprogramms aufgehoben werden. 

„Im Falle der von uns vertretenen 230.000 Unternehmen müssen wir feststellen, dass rund 2/3 dieser Unternehmen nicht mehr als 10 Mitarbeiter haben. Gerade Unternehmen mit hoher Wertschöpfung haben aber einen Liquiditätsbedarf, der weit über die Soforthilfe der Bundesländer hinausgeht und der hervorragend durch den KfW Schnellkredit gedeckt werden könnte. Aber Soforthilfe-Empfänger ganz von dem KfW Schnellkredit auszuschließen, ist ein handwerklicher Fehler im ansonsten ausgezeichneten Programm. Die aktuelle Situation erscheint wie bei einem Eisberg, bei dem sich der größte Teil unter der Wasseroberfläche befindet und daher nicht gesehen wird.“, so das Fazit von Dr. Ludwig Veltmann.

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