Zudem muss aus Sicht des BUND der Waldumbau weg von naturfernen, anfälligen Nadelforsten hin zu vielfältigen Laubwäldern endlich vorantrieben werden. Für den Waldumbau sind waldfreundliche Regelungen im neuen Bundesjagdgesetz überfällig, um jungen Laubbäumen das Aufwachsen zu ermöglichen. Andernfalls würden auch Steuergelder für teure Baumpflanzungen verschwendet, da die meisten Setzlinge sofort von Rehen wieder aufgefressen würden.
Mit Blick auf die Klimakrise erklärt Bandt weiter: „Die Klimakrise setzt dem Patienten Wald weiter zu. Schon jetzt im Frühjahr zeichnen sich eine erneute Dürreperiode und damit absterbende Waldbestände bis hin zu drohenden Waldbränden ab.“ Umso wichtiger ist es, alles zu tun, um die Erderhitzung auf 1,5 °C zu begrenzen und den Wald nicht zusätzlich zu stressen. „Wir brauchen einen effektiven Waldschutz durch effektiven Klimaschutz. Wir brauchen Maßnahmen zur absoluten Energieeinsparung, einen schnellen Ausstieg aus fossilen Energien, allen voran der Kohleverstromung und eine schnellstmögliche Umstellung des Energiesystems auf 100 Prozent erneuerbare Energien“, fordert der BUND-Vorsitzende. „Um den Eintrag von Stickoxiden in die Waldböden zu reduzieren, müssen nun schnell fossile Feuerungen in Energiewirtschaft, Industrie und Haushalten dauerhaft reduziert werden.“ So hätte die Bundesregierung durch die Abschaltung von Braunkohlekraftwerken, wie sie die Kohlekommission gefordert hat, einen ersten wichtigen Beitrag leisten können. Diese Maßnahmen sind nicht nur Klimaschutz, sondern entlasten auch die Wälder von den viel zu hohen Stickstofffrachten aus der Energiewirtschaft.
Um die Stickoxide aus dem Verkehr wirksam zu reduzieren, müssen aus Sicht des BUND insbesondere die Stickstoffdioxid Emissionen der Diesel-PKW schnell verringert werden, von denen 67 Prozent der Stickoxide des Verkehrs emittiert werden. Grundsätzlich ist ein genereller Umbau des Mobilitätssektors notwendig. So müssen der Autoverkehr verringert und die bestehenden Regeln zur Abgasreinigung eingehalten und zukünftig verschärft werden. „Der aktuelle Einbruch beim Ölpreis gibt der Bundesregierung die einmalige Möglichkeit, steuerpolitische Fehler in der Verkehrspolitik der vergangenen Jahre zu beheben“, so der BUND-Vorsitzende. „Klimaschädliche Subventionen für die Energiesteuervergünstigung für Dieselkraftstoff und die Energiesteuerbefreiung von Kerosin – mit zusammen jährlich über 14 Milliarden Euro – müssen abgeschafft werden.“
Darüber hinaus hält es der BUND für unvermeidbar, dass es angesichts des schlechten Zustandes des Waldes auch zu einer Agrarwende, mit einem Umbau der Nutztierhaltung und einer Halbierung der Nutztierbestände bis 2050 – vor allem im Schweine- und Geflügelbereich – kommen muss. Bandt: „Die Politik ist aufgerufen, sich intensiv mit den Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung auseinander zu setzen. Wir brauchen schnellstmöglich Verabredungen, wie der Umbau zu einer tiergerechten, umwelt- und klimafreundlichen Tierhaltung gestaltet und finanziert werden kann.“ Zudem muss ergänzend zur kürzlich geänderten Düngeverordnung eine Stickstoffüberschussabgabe eingeführt werden, um den Bäuerinnen und Bauern Anreize zu geben, den Eintrag von Stickstoff aus der Landwirtschaft weiter reduzieren.
Neben Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen ist die Bundesregierung auch im Bereich Forstwirtschaft aufgerufen, zu grundlegenden Änderungen zu kommen. „Die Wälder müssen endlich schonender bewirtschaftet werden“, erklärt der BUND-Vorsitzende. „Hierzu gehört eine ökologisch verträgliche Bewirtschaftung, damit mehr Feuchtigkeit im Wald verbleibt und dieser sich selbst stabilisieren kann.“ Konkret bedeute dies: weniger drastische Eingriffe bei der Holzernte, ein Stopp der Entwässerung von Wäldern und das Vermeiden der Verdichtung von Waldböden durch Befahrung. Für diese und andere Punkte müsse endlich eine gute forstliche Praxis definiert und in allen Waldgesetzen verbindlich verankert werden. Auch der Anteil der Naturwälder ohne forstliche Eingriffe ist deutlich zu erhöhen.
Gerade die in Deutschland großflächig gepflanzten Fichten- und Kiefernforste leiden stark unter der Dürre und sind besonders brandgefährdet. Diese naturfernen Nadelforste sind zudem anfällig für Stürme sowie Massenvermehrungen von Borkenkäfer beziehungsweise Nonnenfalter. Daher ist neben der Wiederbewaldung abgestorbener Waldflächen ein zügiger Waldumbau zwingend erforderlich, weg von den künstlichen Nadelforsten, hin zu stabileren und naturnahen Laubmischwäldern. Der BUND begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung hierfür Gelder zur Verfügung gestellt hat, um Kommunen und private Waldbesitzer zu unterstützen.
Bandt abschließend zum Wildtiermanagement für einen erfolgreichen Waldumbau: „Agrarministerin Julia Klöckner muss ihr Wort halten und bei der Novelle des Bundesjagdgesetzes für eine waldfreundliche Gestaltung der jagdrechtlichen Regelungen Sorge tragen. Der Wald braucht endlich einen Paradigmenwechsel beim Wildtiermanagement. Die Jagd muss so geregelt werden, dass die jungen Laubbäume wachsen können und nicht gleich wieder von Rehen gefressen zu werden, damit der Waldumbau gelingen kann. Nur so hat die natürliche Verjüngung von Laubbäumen eine Chance. Und nur dann werden die Steuergelder für teure Baumpflanzungen kein Fall für den Bundesrechnungshof.“
Hintergrund: Die neun „BUND-Forderungen zu Deutschlands Wäldern in der Klimakrise “ finden Sie unter: www.bund.net/waldkrise-forderungen
Weitere Informationen: www.bund.net/waldkrise
Erläuterung zu Schadstoffen:
Unter den Luftschadstoffen, die dem Wald zusetzen, sind die Emissionen von Stickstoffverbindungen aus Verkehr und Industrie (Kohlekraftwerke und Industriefeuerungen) sowie der Landwirtschaft (Ammoniak durch Ausbringen von Gülle) die bei weitem stärksten Schadstoffgruppen. Beide Stickstoffverbindungen versauern die Waldböden, behindern das Wachstum der Feinwurzeln und schaffen Nährstoffungleichgewichte, die die Wälder nachhaltig schwächen. Hohe Stickstoffeinträge gehören zu den bedeutendsten vom Menschen verursachten Belastungsfaktoren für den Wald. Werden die Feinwurzeln der Bäume in Folge der hohen Stickstoffeinträge über Jahrzehnte in ihrem Wachstum gehemmt, können die Bäume viel schlechter Wasser aufnehmen und geraten leichter in Trockenstress. Sie verdursten in Dürreperioden, denen sie sonst Stand gehalten hätten. Dadurch kommt es inzwischen selbst in weniger anfälligen Laubwäldern wie Buchenmischwäldern zu Schäden, die so auf unbelasteten Waldböden nicht zu verzeichnen wären. Die Folge sind ausgedünnte Baumkronen und damit eine sich verstärkende Anfälligkeit für Hitzestress.
Erläuterung zum Bundesjagdgesetz:
Bei der Novelle des Bundesjagdgesetzes fordert der BUND konkret, die Ausgestaltung der Jagd verbindlich an den Erfolg des Waldumbaus und der Wiederbewaldung mit Laubbäumen zu knüpfen. So soll das neue Jagdgesetz sicherstellen, dass Wildtiermanagement und Jagd so gestaltet werden, dass der Wildbestand natürliche Verjüngung und Wiederbewaldung durch Laubbäume und Tanne ohne Zaun oder andere Schutzmaßnahmen zulässt. Ein ökologisch und klimatisch stabiler Laubmischwald muss dabei als Hegeziel aufgenommen werden (mit Ausnahme der wenigen Standorte in Gebirgen, auf denen bisher von Natur aus ausschließlich Nadelwälder vorkommen). Das neue Jagdgesetz solle zudem die natürliche Wanderung der Baumarten zu neuen klimatisch passenden Standorten unterstützen. Verpflichtende, periodische Vegetationsgutachten sollen revierweise Auskunft über die Zukunftsfähigkeit der nächsten Waldgeneration geben und als objektive Grundlage bei der Festsetzung des Abschusses von Wild herangezogen werden. Das Ergebnis der Gutachten sollen Ampelkarten sein, die der Öffentlichkeit online zugänglich sein müssen.
Erläuterung zur Waldzustandserhebung:
Der aktuelle Waldzustandsbericht zeigt, wie sehr die Wälder in Deutschland unter dem Trockenstress, der Hitze der letzten Jahre und somit unter dem Klimawandel gelitten haben. Hinzu kommen die hohen Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und dem Verkehr, die den Wald über Jahrzehnte hinweg geschwächt haben. Seit Beginn der Erhebungen des Waldzustandes im Jahr 1984 war der durchschnittliche Kronenzustand unserer Waldbäume noch nie so schlecht wie 2019. Vier von fünf Bäumen (78 Prozent) sind bereits geschädigt, bei mehr als einem Drittel (36 Prozent) sind die Kronen sogar deutlich aufgelichtet. Die Zahl abgestorbener Bäume hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verdoppelt.
www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Waelder/_texte/Waldzustandserhebung.html
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