Corona-Maßnahmen in Afrika: „Wer zu Hause bleibt, verhungert!“

In den Armenvierteln Afrikas drohen die Maßnahmen gegen das Coronavirus zur tödlichen Falle zu werden. Nach Angaben der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer sind vor allem die Ausgangssperren, die zum Teil mit massiver Gewalt umgesetzt werden, lebensbedrohlich für den ärmsten Teil der Bevölkerung. Allein in den Ländern südlich der Sahara leben 413 Millionen Menschen in extremer Armut – mehr als die Hälfte aller Armen weltweit. „Die allermeisten leben von der Hand in den Mund. Wenn sie nicht verhungern wollen, müssen sie rausgehen, um Geld zu verdienen. Ihnen bleibt nur die Wahl: am Corona-Virus oder am Hunger zu sterben“, sagt Salimane Issifou, Leiter der SOS-Kinderdörfer in Benin.

Zwar würden die meisten Regierungen versuchen, die Armen zu unterstützen, aber das seien Tropfen auf den heißen Stein. In Nigeria zum Beispiel will die Regierung einer Million notleidenden Menschen mit finanziellen Zuschüssen helfen und insgesamt 70.000 Tonnen Getreide verteilen. „Aber in einem Land mit 200 Millionen Einwohnern ist das völlig unzureichend. Wirtschaftliche Not und Hunger werden massiv ansteigen. Das wird auch zur Folge haben, dass Familien zerbrechen und Kinder alleine zurückbleiben“, sagt Ezeigwe Chinweuba, der Sprecher der SOS-Kinderdörfer in Nigeria. Ähnlich katastrophale Folgen könnten die Ausgangsperren in Südafrika haben: Die Regierung plane, Bedürftige zu unterstützen, indem sie Straßenverkäufern erlaube, ihre Geschäfte wiederaufzunehmen. „Aber den zahllosen Menschen, die sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, ist damit nicht geholfen. Für sie gibt es keine Chance”, sagt Patrick Kulati, Leiter der SOS-Kinderdörfer in Südafrika.

Gleichzeitig steige auf dem Kontinent die Sorge, dass sich das Virus deutlich stärker ausbreiten könnte als anderswo – und Millionen Menschen das Leben kosten könnte. Denn neben den Ausgangssperren, sei auch die Umsetzung der anderen Maßnahmen völlig unrealistisch:

Händewaschen und Hygiene

Allein in Afrika südlich der Sahara haben 565 Millionen Menschen keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen, 330 Millionen kein sauberes Wasser. Walter Odhiambo, Leiter der SOS-Kinderdörfer in Kenia, sagt: „Die Leute in den Slums sind sich einig: “Wenn ich mich zwischen Brot oder Seife entscheiden muss, nehme ich sicher das Brot!“

Kontaktverbote

Soziale Isolierung sei nicht möglich, wenn die Menschen in überfüllten Slums leben, wie zum Beispiel in Kibala in Kenia, wo 500.000 Menschen wohnen, oder in den Townships von Südafrika. „Überall hier ist es eng und voll. Große Familien teilen sich ein Zimmer. Die Menschen sind frustriert und aufgewühlt, weil sie sich nicht schützen können“, sagt Kulati.

Um eine humanitäre Katastrophe noch abwenden zu können, appellieren die SOS-Kinderdörfer an die internationale Solidarität: „Nur, wenn wir alle gemeinsam Afrika finanziell und materiell unterstützen, können wir das Schlimmste verhindern! Und nur dann werden wir das Virus dauerhaft besiegen!“

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