Müller Radack Schultz: COVID-19-Gesetz will Mieter schützen und ihnen keine Zahlungspflichten auferlegen!

Der Bundestag hat am vergangenen Mittwoch im Eiltempo ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-  und Strafverfahrensrecht verabschiedet. Dort finden sich auch Regelungen zum Mietrecht. Für alle Mietverhältnisse über Grundstücke oder Räume sowie für Pachtverträge ist geregelt, dass diese nicht allein aus dem Grund gekündigt werden können, dass der Mieter bzw. Pächter im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Mieter hat den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung glaubhaft zu machen. Hierdurch sollen vor allem Wohnraummieter, aber u.a. auch die Mieter von Geschäftsräumen vor Kündigungen und dem Verlust ihrer Existenzgrundlage geschützt werden.

„Entgegen ersten Stellungnahmen zu den neuen Vorschriften hat der Gesetzgeber durch die Regelungen keine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob die Zahlungspflicht des Mieters während der durch die Pandemie bedingten Einschränkungen tatsächlich fortbesteht“, betont Dr. Michael Schultz, Partner der Kanzlei Müller Radack Schultz. Seiner Ansicht nach haben Geschäftsraummieter, die ihr Geschäft infolge von Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nicht mehr betreiben dürfen, gute Chancen auf eine angemessene Anpassung der Miete. Es wird im Einzelfall darauf ankommen, welche Regelungen zum Vertragszweck und zum Verwendungsrisiko getroffen wurden, wobei auch staatliche Hilfen berücksichtigt werden müssten.

Dem stimmt Prof. Dr. Martin Häublein, of counsel bei Müller Radack Schultz und Inhaber eines Lehrstuhls für Wohn- und Immobilienrecht, zu: Der Wortlaut der Norm (Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB) stelle eindeutig auf die Fälligkeit der Miete ab und eine geminderte Miete werde nun einmal nicht fällig. Seiner Ansicht nach ist in den meisten betroffenen Fällen aber die Anpassung der Miete nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) der angemessene Weg.

„Der Gesetzgeber wollte entsprechende Ansprüche der Mieter keinesfalls ausschließen, sondern hat sich zu dieser Frage überhaupt nicht geäußert“, meint Häublein. „Mieter, die nach dem BGB nur eine herabgesetzte Miete zahlen müssen, würden andernfalls durch das COVID-19-Gesetz eklatant schlechter gestellt und müssten die Miete infolge Verzuges auch noch verzinsen.“

Das Ziel des Gesetzgebers, die Mieter zu schützen, würde bei einer solchen Auslegung des Gesetzes geradezu ins Gegenteil verkehrt. Aus diesem Grund enthalte das Gesetz keinesfalls eine abschließende Bewertung der Auswirkungen der Pandemie auf bestehende Mietverhältnisse, erläutert Häublein, der zugleich stellvertretender Präsident des Evangelischen Immobilienverbandes Deutschland (eid) ist.

„Setzt der Mieter die Miete herab, kann das den Vermieter vor allem dann in Probleme bringen, wenn er einen Kredit bedienen muss. Entgegen dem ersten Entwurf ist nunmehr die in Art. 240 § 3 Abs. 1 EGBGB geregelte Stundung von Darlehensraten für die Monate April bis Juni 2020 auf Verbraucherdarlehensverträge beschränkt“, hebt Schultz hervor. „Damit können sich Vermieter, die von ihren Gewerbemietern keine Zahlungen mehr erhalten, in der Regel nicht auf das neue Gesetz berufen. Zwar können kleine und mittlere Unternehmen durch Rechtsverordnung in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen werden. Ob und wann dies geschieht, ist jedoch unklar.“

Schultz sieht jedoch auch hier einen möglichen Ausweg: „Im Einzelfall könnten sich wohl auch Vermieter gegenüber ihrer Bank auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Die Fokussierung des Gesetzgebers auf Verbraucher bedeute nicht, dass vermietende Unternehmer ohne Wenn und Aber zahlen müssen. Es ist aber in jedem Fall ratsam, eine einvernehmliche Regelung mit der Bank zu erzielen.“

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