Kein Ersatz – eine Ergänzung

Nach einer Operation leiden besonders ältere Patienten unter Orientierungslosigkeit oder sind in ihrer Sprache und Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt. Experten sprechen dann vom sogenannten postoperativen Delir. Unruhezustände bei den Patienten, die oft nicht wissen wo sie sich gerade befinden, sind keine Seltenheit. Bettflucht, Aggression und Selbstgefährdung sind häufige Begleiterscheinungen. Am Diak geht Professor Dr. Thorsten Steinfeldt, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie zusammen mit Daniel Zürn, Fachkrankenpfleger für Intensivmedizin und Hyponosecoach , innovative Wege um das postoperative Delir zu überwinden. Mit Hypnose soll dort Patienten geholfen werden. Im Rahmen der Diakademie stellten sie ihre Arbeit vor.

„Hypnose ist ein halbbewusster, dem Schlaf ähnlicher Zustand, eine Art Trance“, sagt Daniel Zürn. Seit rund einem Jahr arbeitet er im Bereich Intensivmedizin mit dem Instrument der Hypnose. „Ein Mensch im Trancezustand ist für äußere Ideen empfänglich, ich kann ihm Suggestionen geben“, sagt er. Für Patienten, die unter einem postoperativen Delir leiden, kann das von Vorteil sein. Professor Steinfeldt weiß: „Patienten, die so unruhig sind, dass sie eine Gefahr für sich selbst darstellen, können durch Hypnosen dahingehend fokussiert werden, dass sie keine Angst mehr haben und sich beruhigen.“

Hypnose hat eine lange Tradition in der Medizin. Schon die alten Griechen und Ägypter nutzten die Möglichkeit der Suggestion durch Trance. Ab dem 18. Jahrhundert wurde Hypnose in der Psychotherapie eingesetzt – bis heute ist das eine bewährte Methode. Für Zürn ist klar: Hypnose ist keine Alternative zur herkömmlichen Schulmedizin, es ist eine Entspannungstherapie, die den Patienten auf dem Weg der Genesung unterstützt.

„Das Delir sorgt für eine komplette Wesensänderung“, sagt Steinfeldt. Besonders betroffen sind ältere Menschen mit Begleiterkrankungen, Depressionen oder Menschen, die im Seniorenheim leben. „Die Umstellung auf einen Krankenhausaufenthalt ist für sie wesentlich belastender, als für junge und gesündere Menschen. Bei Patienten, die durch Hypnosetechniken von Daniel Zürn begleitet worden sind, können wir eine deutlich schnellere Genesung vom postoperativen Delir feststellen, als bei Patienten, die nicht hypnotisiert wurden.“

Dass Hypnose bei Delirpatienten funktioniert, entdeckte der Intensivpfleger zufällig. „Ich hatte die Intensivpflege eines älteren deliranten Patienten übernommen und festgestellt, dass er bettflüchtig ist. Mit einer Atemhypnose ist es mir gelungen, ihn zu beruhigen und die Nacht über im Bett zu halten“, erzählt Zürn. Bei der Atemhypnose lenkt Zürn die ganze Aufmerksamkeit und Konzentration des Patienten auf dessen Atmung, bis dieser sich beruhigt. „In der Regel dauern solche Hypnosen zwischen fünf und zehn Minuten“, sagt er weiter. Nach wenigen Tagen konnte der Patient auf eine Regelstation verlegt werden und das Delir hatte sich zurückgebildet. Ein voller Erfolg für Zürn.

Doch nicht jeder Patient ist geeignet für eine Hypnose. „Der Patient muss mir vollkommen vertrauen und bereit sein, die Anweisungen, die ich ihm gebe, zu befolgen. In 80 Prozent der Fälle klappt das. Bei manchen aber merkt man, dass sie Vertrauensprobleme haben oder sich nicht darauf einlassen können.“ Versuchen will Zürn es dennoch überall dort, wo er das Gefühl hat, dass die Hypnose helfen kann.

Für die Zukunft planen er und Steinfeldt, auch andere Mitarbeitende am Diak Klinikum in Hypnosetechniken zu schulen. „Wir sehen, dass es direkt beim Patienten ankommt und er davon profitiert – durch kürzere Liegezeiten, durch schnellere Genesung und ein schnelleres geistiges Zurückfinden in die Normalität“, sagt Steinfeldt abschließend.

Text: Friederike Wahl

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