Im finanzierbaren Grenzbereich

In München eskalieren Immobilien- und Mietpreise. Dennoch – oder gerade deshalb – ist die monolithische Bauweise hier gefragter denn je. So auch in der Gemeinde Unterhaching, die der naheliegenden Alpenkette zugewandt direkt an der südlichen Stadtgrenze Münchens liegt. Autofahrern ist der Ort eher als Autobahnausfahrt bekannt, ganz im Gegensatz zum Prominentenviertel Grünwald. Die beiden unterschiedlichen Welten werden fein säuberlich durch den Grünwalder Forst voneinander getrennt. Doch sie haben eins gemeinsam: Grundstückspreise und Mieten bewegen sich seit Jahren in schwindelerregenden Höhen. Ein Ende ist nicht abzusehen. Dass es trotzdem gelang, in Unterhaching einen hochwertigen und bezahlbaren Geschosswohnungsbau zu errichten, ist mehr als bemerkenswert.

Ein Unterhachinger kann sich Unterhaching oft nicht mehr leisten: So ist in der zweitgrößten Gemeinde im Landkreis München die aktuelle Situation auf den Punkt zu bringen. Letzter Rettungsanker ist für viele Wohnungssuchende die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Unterhaching, kurz GWU. In der Gemeinde hat sie derzeit 365 Wohnungen im Bestand. Alle sind belegt. Bereits vor vielen Jahren wurde von der GWU ein Beschluss gefasst, wonach sich nur Personen, die in Unterhaching wohnhaft sind oder dort arbeiten, für eine Wohnung vormerken lassen dürfen. Die Warteliste ist lang. Fast 450 Bewerber hoffen auf einen Wohnraum – mit Wartezeiten bis zu sechs Jahren.

Kompakt ist immer gut

Unnötig zu sagen: Auch die soeben von der GWU an der Biberger Straße fertiggestellte Wohnanlage ist bereits komplett bezogen. Auf einer Grundstücksfläche von rund 6.300 Quadratmetern entstanden 70 hochwertige, aber bezahlbare Wohnungen. Parallel zur Biberger Straße wurden drei je 35 bis knapp 40 Meter lange Gebäuderiegel gesetzt, mit größtenteils nach Ost-West orientierten Wohnungen. In der Regel sind pro Geschossebene drei Wohnungen an das Treppenhaus angebunden. Ein klassischer Dreispänner also, bei dem jedoch nur eine Wohnung durchgesteckt ist, die beiden anderen liegen längs nebeneinander. Das ermöglicht drei annähernd gleichgroße Wohneinheiten, die sich gut organisieren lassen und denen allen ein großer Balkon vorgesetzt ist. Zum besseren Schallschutz und aus städtebaulichen Gründen rückte das Architekturbüro ASA Alexander Schwab Architekten die Bebauung 15 Meter vom Fahrbahnrand ab. Der Kindergarten in der hinteren Zeile ist mit dem bereits bestehenden Kindergarten in der Walter-Paetzmann-Straße über eine zusammenhängende Spielplatzfläche grundstücksübergreifend verbunden. Die großzügige Begrünung der Außenflächen sorgt für eine deutliche Aufwertung der bisherigen Brachfläche. Durch einen oberirdischen Parkplatz an der Walter-Paetzmann-Straße als auch die gemeinschaftliche Tiefgaragenrampe an der Biberger Straße wird der gesamte Planungsbereich frei von jedem motorisierten Verkehr gehalten.

Besonderer Bauherr

Eine Wohnbaugesellschaft als Bauherr ist für jedes Architekturbüro eine spannende Aufgabe. Der Architekt arbeitet mit Bauprofis zusammen, die eine klare Zielsetzung in den Baukosten haben und diese konsequent einhalten (müssen). Hierbei werden in der Qualität am Bau keine Abstriche gemacht: Denn als späterer Betreiber der Wohnanlage sind Folgekosten in Betrieb und Erhaltung fest in der Kalkulation des Gesamtprojektes enthalten. Kosten sparen, ohne Qualität zu verlieren, ist dabei ein ständiges Thema. Ein erster Ansatz ist schon die kompakte Bauform. Ihr günstiges Verhältnis von Außenfläche und Volumen ist energetisch von Vorteil: Für viel Wohnfläche wird weniger Außenfassade benötigt und in der Instandhaltung dieser fallen später weniger Kosten an. So fügt sich Mosaikstein an Mosaikstein, doch die wesentlichen Stellschrauben sitzen woanders. Es kann mittlerweile schon fast als ungeschriebenes Gesetz betrachtet werden, dass Wohnbaugesellschaften oder andere Investoren, die die Immobilie später eigenverantwortlich betreiben, sich durch die Bank nicht für ein WDV-System entscheiden. Neben vielen Eigenheimbesitzern setzt kaum eine Zielgruppe so konsequent auf monolithische Wandsysteme – und hierbei besonders auf den natürlichen Baustoff Mauerziegel. So ist es auch in der Biberger Straße. Für die Außenfassade waren von Anfang an Hochleistungs-Wärmedämmziegel zwingend vorgegeben.

Lassen wir den Specht beiseite

Sicher hat sich hier und da mal ein Specht in eine WDVS-Fassade eingenistet, aber es gibt deutlich bessere Argumente für eine monolithische Außenfassade in Ziegelbauweise. Rund um München sind dies generell die reichhaltigen Lehmvorkommen, die eine Verwendung des Mauerziegels aus ökologischer Sicht nahelegen. Zudem: Obgleich auf dem „Wertstoffhof“ (welch irreführender Begriff) Styropor heute noch als Verpackungsmaterial kostenfrei entsorgt werden kann, werden sich diese Zeiten ändern. Wer vorausdenkend und kostenverantwortlich baut, verweigert sich allein schon deshalb konsequenterweise jedem WDV-System. Den größten Nutzen vom monolithischen Mauerwerk haben jedoch Bewohner selbst und zwar sofort: einen hohen Wohnkomfort durch den natürlichen Baustoff Mauerziegel, gepaart mit hervorragendem Schall- und sommerlichem Wärmeschutz. Diese Erfahrungen machte auch die GWU in Unterhaching.

Her mit dem Ziegel

Mit modernen Mauerziegeln können auch heute noch monolithische Geschossbauten errichtet werden. Für diesen Gebäudetyp bietet die Unipor-Gruppe ein in Statik und Schallschutz perfekt abgestimmtes Mauerziegelprogramm an. An erster Stelle stehen dabei die Hochleistungs-Wärmedämmziegel der Gattung „Coriso“. Aufgrund ihrer Rohstoffoptimierung, Kammer-geometrie sowie Dämmstoff-Füllung verbessern sie konsequent alle Bereiche des Mauerwerkbaus. Für den Dämmstoff wird Basalt unter Zugabe von Wasser bei hoher Hitze aufgeschäumt. „Wasser-Feuer-Lehm“ und „Wasser-Feuer-Basalt“ – beides passt zusammen und steht für „gesundes Bauen“. Statisch und schallschutztechnisch erfüllte bei einer Ziegelwandstärke von 36,5 Zentimeter der „Unipor WS10 Coriso“ alle technischen Vorgaben für dieses Projekt. Mit einem 15 Millimeter dicken Innenwand-Kalkputz sowie 20 Millimeter Kalk-Zement-Faserleichtputz außen erreicht die Gesamtkonstruktion einen U-Wert von 0,26 W/(m2K). Wichtig hierbei ist eine exakt gleichmäßig dünne Lagerfuge, die jedoch mit dem Mörtelschlitten problemlos und gleichzeitig wirtschaftlich aufgetragen werden kann.

Gemäß dem Spruch „Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“ setzte die GWU auch in den Detailpunkten voll auf den Mauerziegel. So schafft der hoch druckfeste „Coriso Sockelziegel“ den erforderlichen Sockelrücksprung für die über das Erdreich erfolgende Abdichtung sowie Perimeterdämmung. An den Deckenauflagern reduzieren speziell für den Geschosswohnungsbau entwickelte, hochwärmedämmende Deckenrandelemente der Unipor-Gruppe den Wärmedurchgang sowie die Schallübertragung zwischen Geschossebenen wirkungsvoll. Die energetischen Problemstellen Sturz und Rollladenkasten entschärfen Ziegel-Wärmedämmstürze beziehungsweise Ziegel-Rollladenelemente. Selbst für den Rollladengurt gibt es eine maßgeschneiderte Lösung: Gurtziegel mit dazugehörigen Einsätzen für den wärmegedämmten Gurtdurchlass. Dies alles sind technisch und energetisch funktionssichere sowie wirtschaftliche Lösungen. Zudem vermeiden sie Mischmauerwerk – eines jeden Putzes Feind.

Den unvermeidlichen Stahlbeton findet man in der Tiefgarage sowie den Kellergeschossen, in wenigen tragenden Wohnungstrennwänden und natürlich in Treppenhäusern sowie Aufzugsschächten. Bei den Innenwänden entschieden sich Bauherr und Architekt für doppelt beplankte Trockenbauwände. Standard ist Gipskarton „GK“, für die gemäßigten Feuchträume wurde die imprägnierte Ausführung „GKI“ verwendet. Bei dieser Konstruktionsentscheidung stand der Wunsch im Vordergrund, Grundrisse jederzeit ohne großen Aufwand an Nutzerbedürfnisse anpassen zu können.

Ein stimmiges Konzept

In Summe wurden in der Biberger Straße alle ehrgeizig gesetzten Ziele erreicht. Trotz hochwertiger Bauausführung liegen die Mieten im „sozialverträglichen Bereich“. Preisgünstiger Wohnraum bedingt aber auch geringe Nebenkosten, seien es die Heiz- oder Stromkosten. Vernünftige Heizkosten ermöglicht der Anschluss an eine Geothermie. Für die Stromgewinnung wurden dem flach geneigten Aluminiumdach leistungsstarke Photovoltaikelemente aufgesetzt. Mit dem Strom ist es ein wenig komplizierter als vermutet: Der Hauseigentümer stellt die Dachflächen für den Bau und Betrieb einer Photovoltaikanlage zur Verfügung. Deren Erbauer und Betreiber der Photovoltaikanlage ist die Genossenschaft Bürger-Energie-Unterhaching (BEU). Diese wiederum verkauft den Strom an eine Münchener Firma, die den Strom zusammen mit zugekauftem Ökostrom Mietern kostengünstig anbietet. Um solch ein Prozedere zu ermöglichen wurde Mitte 2017 von der Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) novelliert.

Das gesamte Bauvorhaben in Unterhaching zeigt, wie einfach es ist, mit Mauerziegeln zu bauen. Die monolithische Bauweise punktet, wenn es gilt, einen hochwertigen und lebenswerten Bau bei moderaten Kosten zu erstellen.

Autor: Dipl.-Ing. Peter Gahr

Bautafel
Objektadresse: Biberger Straße 33 + 33a, 82008 Unterhaching
Bauherr: Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Unterhaching mbH (GWU), Rathausplatz 1, 82008 Unterhaching
Planung: ASA Alexander Schwab Architekten, Unterhaching, Witneystraße 1, 82008 Unterhaching
Mitwirkung bei der Projektsteuerung/ Objektüberwachung/ Ausschreibung/ Vergabe: Catterfeld Welker GmbH, Sonnenstraße 20, 80331 München
Außenwandbaustoff: Unipor WS10 Coriso
Ziegellieferant: Ziegelwerke Leipfinger-Bader, 84172 Vatersdorf, Mitglied der Unipor-Gruppe
Verarbeiter Mauerwerk: Joachim Göhr Bauunternehmung GmbH, Münchner Straße 78, 82008 Unterhaching
Grundstücksfläche: 6.313 Quadratmeter
Wohnfläche gesamt: 4.807 Quadratmeter
Wärmeversorgung: Geothermie
Errechneter Jahresheizwärmebedarf in kWh/(m²/Jahr):
Haus 1: 57,87
Haus 2: 44,18
Haus 3: 40,62
Geschätzter Jahresenergiebedarf: 257.400 kWh
Dämmwert Außenwand (U-Wert): 0,26 W/(m2K)
Bauzeit: Juni 2017 bis März 2019
Baukosten: circa 12,15 Millionen Euro brutto (Kostengruppe 300 – 500), circa 2.527 Euro pro Quadratmeter

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