Kooperation des Bundesverbandes Alphabetisierung mit dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und dem Spaß am Lesen Verlag

Unter dem Motto „Lesen lernen mit Zeitarbeit“ drückten der Bundesverband Alphabetisierung, der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und der Spaß am Lesen Verlag jetzt auf den Startknopf einer bundesweit einmaligen Kooperation: Gemeinsam wollen Verbände und Verlag Arbeitnehmern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche „Hilfen zur Selbsthilfe“ anbieten. Laut jüngst veröffentlichter Leo-Studie weisen 12,1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung dieses Manko auf. Funktionaler Analphabetismus ist ein gesellschaftliches Problem – und damit auch eins der Zeitarbeitsbranche.

Ralf Häder, Geschäftsführer des Bundesverbandes Alphabetisierung, betonte im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz die Wichtigkeit von Arbeit in Zusammenhang mit der Lese- und Rechtschreibschwäche: „Arbeit ist wichtig, weil sie einem das Gefühl gibt, dazuzugehören“, meinen 87 Prozent der funktionalen Analphabeten. „Wir bieten den diskriminierungsfreien Zugang zu Arbeit. In der Zeitarbeit spielen Vorurteile keine Rolle, hier zählt eben nur die Leistung“, erläuterte Werner Stolz, iGZ-Hauptgeschäftsführer, in diesem Zusammenhang einen wichtigen Vorteil der Zeitarbeitsbranche.

Das Problem sei noch immer stigmatisiert und meist sei es sehr schwer zu erkennen, ob jemand betroffen ist. „In den mittelständischen zumeist familiär geführten iGZ-Mitgliedsunternehmen herrscht im Normalfall ein echtes Vertrauensverhältnis zwischen Personaldisponenten und Zeitarbeitnehmer. Die Hemmschwelle, die Beschäftigen anzusprechen, ist also wesentlich geringer“, nannte der iGZ-Hauptgeschäftsführer eine zusätzliche wichtige Voraussetzung für die Kooperation.

Gemeinsame Intention sei es, um die Schwäche der Betroffenen zu wissen, sie zu erkennen und dann auch zu helfen, erklärte Häder. Geplant seien im ersten Schritt einführende Vorträge und Workshops bei den Kongressen des iGZ. Im Anschluss sollen dazu Einsteiger-Seminare speziell für Personaldisponenten angeboten werden. Thematisiert werde darin unter anderem das Erkennen eines funktionalen Analphabetismus und das Vermitteln von Hilfestellungen.

An erster Stelle stehe dabei das bundesweit bereits bekannte Alfa-Telefon (0800 53 33 44 55), bei dem Betroffene rund um die Uhr Hilfe finden. „Hier“, so Häder, „können aber auch Disponenten anrufen, wenn sie von unseren professionell geschulten Mitarbeitern Unterstützung in ihrer Arbeit brauchen“. Der Spaß am Lesen Verlag wird zudem Broschüren und Infoblätter in einfacher Sprache verfassen, die sich rund ums Thema (Zeit-)Arbeit drehen. „Das so Manfred Wälz, Spaß am Lesen Verlag, „reicht von Tipps und Tricks bei Behördengängen bis hin zur Information, was Zeitarbeit überhaupt ist und wie sie funktioniert.“

Der Verlag habe Testleser, die solche Schriften vor Veröffentlichung auf ihre Tauglichkeit hin prüfen. Komplizierte Inhalte werden laut Wälz vereinfacht dargestellt. Ralf Beekveldt, Geschäftsführer des Spaß am Lesen Verlags ergänzte: Funktionaler Analphabetismus bedeutet nicht, dass jemand überhaupt nicht lesen und schreiben kann, sondern sich damit ungefähr auf dem Niveau der dritten Schulklasse befindet.“

Effekte: Vermittlung in qualifiziertere Jobs bieten, so die Kooperationspartner, den Arbeitgebern mehr Einsatzmöglichkeiten und den Zeitarbeitnehmern höhere Verdienste. Die Kooperation, die auf Initiative von iGZ-Pressesprecher Wolfram Linke und Manfred Wälz hin entstanden ist, soll auf jeden Fall längerfristig angelegt sein, Häder: „Zeitarbeit ist für uns mit Blick auf den hohen Stellenwert der Arbeit ideal, weil der Einstieg hier niedrigschwelliger ist und nicht erst aufwendige Bewerbungen geschrieben werden müssen.“

Das Alfa-Telefon etwa solle regionalisiert werden – denkbar seien beispielsweise gemeinsame Termine mit Bundesverband, Zeitarbeitsfirma und Volkshochschule direkt vor Ort, bei denen man den Betroffenen dann quasi ein Rundum-Sorglos-Paket aus Arbeit und Weiterbildung anbieten könne. „Wir werden die Defizite gemeinsam direkt angehen und Hilfe in jeglicher Form anbieten“, zog Werner Stolz ein erstes Fazit. Für die Kooperation wurde auch eine Internetseite "lesenlernen-az.de" geschaffen, auf der ab sofort alles Wichtige rund ums Thema Lesen lernen mit Zeitarbeit stehen wird.

Zur Info:  

Über 50 Prozent der Zeitarbeitnehmer sind ungelernte Hilfskräfte, 64 Prozent waren zuvor beschäftigungslos und davon 18,7 Prozent langzeitarbeitslos. Hauptproblem vor allem für Personaldisponenten und Buchhaltung: das Fehlen brauchbarer Unterlagen wie etwa ein Lebenslauf, das Ausfüllen diverser amtlicher Formulare, Behördengänge und die Wiedereingliederung über geregelte Tagesabläufe bis hin zum pünktlichen Erscheinen. Auffällig dabei: Den Hilfskräften mangelt es häufig an schulischen und/oder sonstigen Ausbildungsabschlüssen (56,4 Prozent) – damit einher gehen oftmals mangelnde Kenntnisse in Rechtschreibung und Lesen. Nicht zu vergessen ist der hohe Anteil (30 Prozent) an Zeitarbeitnehmern mit Migrationshintergrund.

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