Forscher: Propionat zügelt den Appetit und schützt vor „Heißhunger-Attacken“

Forscher vermuten, dass sich durch ein erhöhtes Propionat-Niveau im Körper sogar eine längerfristige Gewichtszunahme verhindern lässt.

Gerade jetzt im Frühjahr stellen sich wieder viele die Frage: Abnehmen -aber wie? Eines haben die meisten bekannten Mittel und Diäten zur Gewichtsreduzierung gemeinsam: Viele wirken nicht wirklich oder nur kurzzeitig. Englische Forscher haben ein Nahrungsergänzungsmittel entdeckt, das ohne Nebenwirkungen auch über lange Zeit eingenommen werden kann: Propionat. Diese als gesundheitlich unbedenklich eingestufte kurzkettige Fettsäure reduziert nach neuesten Untersuchungen den Appetit, unterdrückt die Lust auf ungesundes Essen und lässt schneller ein Sättigungsgefühl eintreten.

Die Propionsäure und ihre Salze, die Propionate, dienen nach dem aktuellen Stand der Forschung besonders denjenigen Darmbakterien als Nahrung, die zahlreiche Vorgänge im menschlichen Körper positiv beeinflussen. Und eine dieser Wirkungen, die die englischen Forscher um Gary Frost vom Imperial College in London nachgewiesen haben, ist besonders für Abnehmwillige eine gute Nachricht: "Diese Fettsäuren regen die Freisetzung der Darmhormone PYY und GLP-1 an, die wiederum den Appetit unterdrücken", schreiben die Wissenschaftler. "Und Propionat scheint das wirksamste Mittel zur Stimulierung der PYY- und GLP-1-Freisetzung zu sein", heißt es dort weiter. Durch die Ausschüttung dieser Darmhormone helfen die kurzkettigen Fettsäuren auch, ein Sättigungsgefühl entstehen zu lassen und die Magenentleerung zu verlangsamen.

Zahlreiche Erhebungen legen nahe, dass Erwachsene im mittleren Alter jedes Jahr etwa ein halbes bis ein Kilo an Gewicht zunehmen, indem sie täglich 50 bis 100 zusätzliche Kalorien zu sich nehmen, schreiben die englischen Wissenschaftler. "Die Ergebnisse unserer Studie liefern den ersten direkten Beweis dafür, dass eine Erhöhung des Propionat-Niveaus im Darm die Energiezufuhr reduzieren und eine längerfristige Gewichtszunahme verhindern kann", so die Forscher. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin "Gut".

Weniger Lust auf Nudeln, Pizza und Schokolade

Der große Einfluss des Mikrobioms im Darm auf das Gehirn ist inzwischen vielfach nachgewiesen ("Darm-Hirn-Achse"). Weitere Effekte im Körper: In der Leber wird, letztlich gesteuert über die Bakterienaktivitäten im Darm, die Produktion von Fetten verringert. Gleichzeitig wird die Magenentleerung verlangsamt, wodurch man länger satt ist. Kurzkettige Fettsäuren beeinflussen zudem Cholesterinspiegel und Blutzuckerstoffwechsel positiv.

Im Rahmen der britischen Studie erhielt eine Testgruppe täglich 10 Gramm Propionat, die andere nicht. Sechs Stunden nach Einnahme analysierten die Wissenschaftler auch die Aktivität spezieller Hirnregionen. Während dieser Hirn-Scans wurden den Probanden Bilder von Lebensmitteln mit hohem oder geringem Kaloriengehalt gezeigt. Bei den Teilnehmern mit künstlich erhöhtem Propionat-Spiegel zeigte das Belohnungszentrum des Gehirns – mit ein Auslöser von Heißhunger – beim Anblick von Junk Food, Schokolade oder Pizza weit weniger Aktivitäten als bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe. Im Praxistest erhielt dann noch jeder Teilnehmer eine große Schüssel Nudeln mit Tomatensoße. Die Propionat-Gruppe aß im Durchschnitt zehn Prozent weniger Nudeln als die Kontrollgruppe.

Ungünstige Ernährung lässt den Darm "verarmen"

Propionat kann der menschliche Körper selbst herstellen. Voraussetzung dafür ist die Aufnahme großer Mengen ballaststoffreicher Lebensmittel wie Vollkornbrot, Hülsenfrüchte oder faserhaltige Obst- und Gemüsesorten. Darmbakterien bauen die Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren um. Das Mikrobiom eines gesunden Menschen produziert bei ballaststoffreicher Kost etwa vier bis fünf Gramm Propionsäure/Propionat am Tag.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, täglich wenigstens 30 Gramm Ballaststoffe aufzunehmen. Die meisten Deutschen schaffen das aber nicht: Drei Viertel aller Frauen und mehr als zwei Drittel aller Männer liegen nach den Erhebungen der "Nationalen Verzehrstudie" der Bundesregierung unter diesem Richtwert.

Nahrungsergänzung kann Mangel ausgleichen 

Die ballaststoffarme Ernährungsweise führt bei vielen Mitteleuropäern dazu, dass die wichtigen schützenden Darmbakterien nicht in ausreichender Zahl vorkommen und nicht genug kurzkettige Fettsäuren von der Darmflora produziert werden. Denn den Bakterien wird durch die zu geringe Verfügbarkeit von Pflanzenfasern und Ballaststoffen die Nahrungsgrundlage entzogen. Die kurzkettigen Fettsäuren, die dem Organismus sonst fehlen, lassen sich in Form von Propionaten als Nahrungsergänzung – etwa als Propicum in Kapselform – gezielt zuführen, sagen Wissenschaftler.

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