Wahnsinn mit Methode

Eigentlich sollte es nur eine kleine, einmal gespielte Posse zur Eröffnung der Faschingszeit 1890 in Mainz werden. Doch die „Pension Schöller“ wurde ein so großer Erfolg, dass der Schwank nach Berlin transferiert und auch dort gespielt wurde und schließlich von da aus seinen Siegeszug über die Bühnen des Landes hielt. Bis heute lachen Generationen über diesen Komödienklassiker, in dem die Autoren Carl Laufs und Wilhelm Jacoby eine feingeölte Slapstickmaschinerie mit überbordend anarchischem Humor in Gang setzen. Dieser Wahnsinn mit Methode, die schräge Überzeichnung der Charaktere bietet Schauspielerfutter vom Feinsten. Nicht zuletzt deshalb steht das Stück auch heute auf vielen Bühnen auf dem Spielplan. In Heilbronn hat die „Pension Schöller“ am 24. November 2018 Premiere im Großen Haus. Regie führt Alexander Marusch, der zum ersten Mal in Heilbronn arbeitet. Zusammen mit seinem Ausstatter Gregor Sturm baut er ein altes Berliner Caféhaus auf die Bühne, die „Pension Schöller“.

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Philipp Klapproth, wohlhabender Gutshofbesitzer aus Kyritz an der Knatter, möchte sein Geld sinnvoll investieren und ein Nervensanatorium gründen. „Das ist eine Sache mit Zukunft. Da steckt Geld drin. Bald wird es nur noch Verrückte und Alte geben.“ Jetzt ist er in Berlin, um solche Häuser zu sehen. Er hat von Soireen in derartigen Etablissements gehört, die sagenhaft lustig gewesen sein sollen. Sein Neffe Alfred soll ihm zu so einer Gesellschaft Zutritt verschaffen – gegen eine dringend benötigte Finanzspritze. Aber Alfred ist ratlos. Wie kommt man in ein Irrenhaus hinein? Und wenn man erst einmal drin ist, wie wieder heraus? Die gewitzte Kellnerin aus dem Café in der Pension Schöller weiß Rat. Just an diesem Abend werde hier ein Gesellschaftsabend gegeben, an dem erfahrungsgemäß eine Menge verschrobener Leute teilnehmen werden. Soll Alfred seinem Onkel die Pension Schöller doch als privates Nervenheilsanatorium vorstellen.

Der Onkel ist begeistert. So verrückte Leute zu treffen, hätte er nie zu hoffen gewagt. Den angeblichen Major von Mühlen zum Beispiel, der äußerst leicht erregbar ist und jeden gleich zum Duell fordert. Oder den vermeintlichen Professor Bernhardy, der behauptet schon mit Löwen gekämpft zu haben. Ganz zu schweigen von der durchgeknallten Dame, die jedem erzählt, sie sei eine Schriftstellerin. Aber der Beste ist Eugen, der Neffe des „Anstaltsdirektors“ Schöller, den es trotz eines massiven Sprachfehlers, er kann kein l sprechen, zur Bühne zieht und der unablässig „Othenno“, „Hamnet“ oder „König Near“ zitiert. Diese Pension Schöller ist einfach herrlich, findet Philipp Klapproth. Seine Freunde vom Stammtisch werden platzen vor Neid, wenn er ihnen das erzählt. Doch als eines Tages die ganzen „Verrückten“ bei ihm in der Provinz eintreffen, bekommt er es mit der Angst zu tun. Wer, um alles in der Welt, hat die nur rausgelassen?

Wie in jeder guten Komödie werfen wir auch mit der „Pension Schöller“ einen Blick in den Spiegel. Denn wie heißt es so schön: „Und wie schwer ist es doch schon meistens im gewöhnlichen Leben, zu unterscheiden, wer verrückt ist und wer nicht.“ R

egisseur Alexander Marusch spielt mit der Situationskomik und den Klischees über das vermeintlich „Normale“ und „Verrückte“. Er freut sich darauf, mit den Schauspielern eine „saftige, sehr körperliche“ Spielweise zu erarbeiten. Die schrägen Figuren möchte er aus der Zeit des preußischen Kaiserreichs näher an ein heutiges großstädtisches Milieu heranholen und den Charakteren einen moderneren Anstrich geben. „Die Drehscheibe der Pension Schöller wird im Dauereinsatz sein, um das Rauschhafte der Situation zu versinnbildlichen“, erklärt er. „Und für Kyritz an der Knatter haben wir uns etwas ganz anderes einfallen lassen.“

Alexander Marusch, 1977 geboren, studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und assistierte am Schauspiel Leipzig u.a. bei Volker Lösch, Wolfgang Engel, Robert Schuster und Markus Dietz. Seit 2008 arbeitet er als freier Regisseur unter anderem am Theater Augsburg, an den Bühnen Wuppertal, am Staatstheater Oldenburg, sowie an den Theatern in Magdeburg, Tübingen, Koblenz, Neuss, Konstanz, Rostock und Osnabrück.

Gregor Sturm studierte Architektur in Berlin, Milano und München. Dieses Studium schloss er 2001 mit einem Diplom ab. Er ist Mitglied der Bayerischen Architektenkammer. Darauf folgte ab 2003 das Masterstudium Bühnen- und Kostümbild an der TU Berlin und jüngst die Weiterbildung Theater- und Musikmanagement an der LMU München. Noch während des Masterstudiums begann er als freier Bühnen- und Kostümbildner zu arbeiten, wie er seit über 20 Jahren in der Architektur und seit fast 30 Jahren als Weinhändler und Berater tätig ist. Als freischaffender Bühnen- und Kostümbildner erarbeitete er über 100 Inszenierungen an mehr als 30 Stadt- und Staatstheatern in deutschsprachigen Raum und Opernhäusern in Europa.

Premiere am 24. November, 19.30 Uhr, Großes Haus
Pension Schöller
Komödie von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby

Regie: Alexander Marusch
Ausstattung: Gregor Sturm
Musik: Johannes Mittl
Dramaturgie: Andreas Frane

Philipp Klapproth: Tobias D. Weber
Ida Klapproth, seine Schwester: Sabine Unger
Alfred Klapproth, sein Neffe: Sven-Marcel Voss
Schöller, Inhaber der Pension Schöller: Nils Brück
Franziska Schöller, seine Tochter: Malin Kemper
Eugen, sein Neffe, ein angehender Schauspieler: Oliver Firit
Von Mühlen, ein Major a.D.: Frank Lienert-Mondanelli
Josephine Zillertal, eine Schriftstellerin: Judith Lilly Raab
Professor Bernhardy, ein Weltreisender und Raubtierjäger: Stefan Eichberg

die nächsten Vorstellungen: 27.11. 2018; 07.12.2018; 09.12.2018; 12.12.2018; 13.12.2018; 20.12.2018; 29.12.2018; – jeweils um 19.30 Uhr;  31.12. 2018 (18 Uhr)
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